Morbus Parkinson: Dopamin nutzt in der Endphase motorisch kaum noch etwas

Dr. Dorothea Ranft

In der palliativen Phase nehmen die Symptome oft ab. In der palliativen Phase nehmen die Symptome oft ab. © fotolia/Astrid Gast

Demenz, Psychose, Stürze und Dysphagie kennzeichnen das letzte Stadium des M. Parkinson. Um die quälenden Symptome zu lindern und die Lebensqualität möglichst lange zu erhalten, empfiehlt sich eine neuro­palliative Betreuung.

Bei über 50-jährigen Patienten ist das idiopathische Parkinson-Syndrom nach der Alzheimer-Demenz die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Sie verläuft chronisch progredient und es gibt nach wie vor keine Heilung. Von der Diagnose bis zum Tod vergehen im Mittel etwa 13 Jahre, schreiben Dr. Christiane Weck und Professor Dr. Stefan Lorenzl vom Krankenhaus Agatharied in Hausham.

Die vergangenen Jahrzehnte brachten viele Fortschritte hinsichtlich Pharmakotherapie und invasiver Symptomkontrolle (z.B. tiefe Hirnstimulation). Sie erlauben es den Patienten, sich lange selbstständig zu versorgen. In den späten Stadien nehmen allerdings sowohl motorische Symptome, z.B. zunehmender Rigor und Hypokinese, als auch nicht-motorische wie Wesensänderung, Demenz oder orthostatische Dysregulation überhand. Durch den fortschreitenden Untergang dopaminerger Zellen und die verlangsamte Magen-Darm-Motilität sinkt zudem das Ansprechen auf L-Dopa.

Als typisch für die „Endphase“ des M. Parkinson gelten die drei Symptome Demenz, Psychose und Sturzneigung. Ein weiteres Kennzeichen ist das deutlich verschlechterte Schluckvermögen. Die mittlere Lebenserwartung liegt dann unter fünf Jahren. Dopamin zeigt in diesem Stadium kaum noch einen Einfluss auf die motorischen Störungen.

Die palliative Versorgung sollte möglichst früh im Krankheitsverlauf einsetzen und mit zunehmender Progression in den Vordergrund rücken, empfehlen die Autoren. Zunächst geht es darum, die motorischen Fluktuationen und Komplikationen in den Griff zu bekommen. Später dominiert die Therapie der nicht-motorischen Symptome.

Schmerz kann allererstes Parkinsonsymptom sein

Beispielsweise leiden rund 80 % der Patienten an Schmerzen, die man gezielt erfragen sollte, weil sie oft nicht von selbst erwähnt werden. Schulter-, Arm- und Nackenschmerzen sind sogar häufig das erste Symptom der Erkrankung. Die Ursache ließ sich noch nicht genau klären, auf jeden Fall treten die Beschwerden nicht nur im Zusammenhang mit On-/Off-Phasen oder in dystonen Körperteilen auf. Die Therapie richtet sich nach der Art des Schmerzes, wobei fünf Kategorien unterschieden werden (s. Kasten). Zur Wirksamkeit von tiefer Hirnstimulation und Apomorphin gibt es keine einheitlichen Daten.

Gezielte Schmerztherapie

  • Muskuloskelettaler Schmerz: Physikalische Therapie, Nicht-Opioid-Analgetika (WHO-Stufe 1), Amantadin, NSAR, Antidepressiva/Antikonvulsiva
  • Radikulärer/neuropathischer Schmerz: NSAR, Antidepressiva/Antikonvulsiva, Opiate (niedrige Dosis), Amantadin
  • Dystonie-assoziierter Schmerz: Botulinumtoxin (off label), Dopaminergika (kontinuierlich), Amantadin, Anticholinergika
  • Zentraler/primärer Schmerz: Dopaminergika, Antidepressiva/Antikonvulsiva, Opiate (niedrige Dosis), Amantadin, atypische Neuroleptika

Aspirationspneumonie durch Dysphagie

Ein weiteres quälendes Symptom: die Schluckstörung. Auch sie kann sich in jedem Stadium der Erkrankung manifestieren, aber mit dem Parkinson-Schweregrad nimmt im Allgemeinen auch die Dysphagie zu. Das klinische Bild reicht von Kauproblemen und Hypersalivation bis zum reduzierten Schluckreflex oder inkompletten Glottis-Schluss. Man muss bei den Betroffenen mit Mangelernährung und Dehydrierung sowie einer erschwerten Tabletteneinnahme rechnen, als gefährlichste Komplikation droht die Aspirationspneumonie. Die Schluckstörung lässt sich medikamentös kaum beeinflussen. In frühen Phasen helfen eventuell L-Dopa, Apomorphin und Rotigotin-Pflaster. Auch eine schluckfreundliche Modifikation von Speise- und Getränkekonsistenz kann sinnvoll sein. Ob Parkinson-Patienten mit progredienter Schluckstörung von einer PEG-Sonde profitieren, ist nach wie vor umstritten. In einer retrospektiven Studie war die PEG-Anlage in fast 90 % der Fälle mit Komplikationen verbunden. 8 % der Patienten verstarben in den ersten 30 Tagen nach der Anlage des perkutan angelegten Stomas  – vor allem an Aspirationspneumonien. Ein weiteres Gegenargument: Viele Patienten behalten eine Restschluckfähigkeit bis zum Tod. Außerdem verlieren sie wegen der fehlenden Bewegung nur recht langsam an Gewicht. Wenn die Erkrankung von der fortgeschrittenen in die palliative Phase übergeht, verringert sich die Symptomlast nicht selten, so die Erfahrung der Autoren. Viele Patienten fühlen sich trotz verminderter Beweglichkeit zufrieden. Dabei scheint es keinen Unterschied zu machen, ob die Pflege im Altenheim oder zu Hause erfolgt. Allerdings darf man die hohe psychische und physische Belastung der Angehörigen, die einen Patienten im Stadium 3 oder 4 pflegen, nicht vergessen.

Zumeist sterben die Patienten friedlich

Was die medikamentöse Therapie betrifft, genügt im palliativen Stadium meist eine geringe L-Dopa-Dosis. Im Gegensatz zu anderen Erkrankungen versterben Pakinsonpatienten meist friedlich – sofern es nicht zu einem hyperaktiven Delir kommt. Deshalb sollten rasche medikamentöse Änderungen in der Spätphase vermieden werden. 

Quelle: Weck C, Lorenzl S. Schmerzmedizin 2018, 34: 26-30

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In der palliativen Phase nehmen die Symptome oft ab. In der palliativen Phase nehmen die Symptome oft ab. © fotolia/Astrid Gast