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Pulver fürs Klima

Klimabewusste Verordnung von Inhalativa heißt die S2k-Leitlinie, die unter Federführung von DGP und DEGAM erstellt wurde. Sie wartet mit beeindruckenden Daten und Zahlen auf:
- 5,2 % der CO2-Emissionen sind hierzulande dem Gesundheitswesen geschuldet.
- In Großbritannien gehen 3,5 % der Treibhausgasemissionen des gesamten Gesundheitswesens zu Lasten von Dosieraerosolen.
- Die in den heutigen Dosieraerosolen enthaltenen Flurane gelten als starke Treibhausgase. Setzt man das Schädigungspotenzial von CO2 in Bezug auf die globale Erwärmung gleich 1, liegt das von Norfluran bei 1.530 und das von Apafluran bei 3.600. Die Leitlinienautoren raten daher vom Einsatz apafluranhaltiger Dosieraerosole ab.
- In Deutschland verordnete die Ärzteschaft 2022 mehr als 360 Millionen definierte Tagesdosen von kurzwirksamen Betamimetika (SABA) und SABA-Kombinationen. Fast ausschließlich handelte es sich um Dosieraerosole. Dazu kamen knapp 630 Millionen definierte Tagesdosen von langwirksamen Betamimetika (LABA), inhalativen Kortikosteroiden (ICS) und ICS-LABA-Fixkombinationen. Auch sie wurden teilweise in Form von Dosieraerosolen rezeptiert.
Ziel muss es nach Auffassung der Leitlinienexperten sein, den Gebrauch von Dosieraerosolen zu begrenzen und wann immer möglich auf die klimafreundlicheren Pulverinhalatoren umzusteigen. Sie stehen für alle relevanten, inhalativ anwendbaren Wirkstoffgruppen und -kombinationen zur Verfügung. Gemäß der Post-hoc-Analyse einer randomisierten und kontrollierten Studie kommt es durch den Wechsel zu „einer substanziellen Verringerung des Treibhausgasausstoßes ohne Nachteile in Bezug auf die Asthmakontrolle.“ Klinisch relevante Unterschiede im Hinblick auf die Effektivität von Dosieraerosolen und anderen Inhalationsformen gibt es systematischen Reviews zufolge nicht.
Inhalatoren für Kinder und in Notfällen nicht geeignet
Cave: Für geriatrische Patienten, Kinder unter fünf Jahren und in der Notfallsituation (akute Exazerbation) sind Pulverinhalatoren ungeeignet, da sie forcierte Inspirationsmanöver, d.h. ein kräftiges gleichmäßiges Einatmen über 2–3 Sekunden und ein adäquates Handling erfordern. Kommt man am Dosieraerosol nicht vorbei, sollte man gemäß der Leitlinie möglichst ein Präparat mit Zählwerk verordnen. Es erlaubt dem Patienten nachzuvollziehen, wie viel Einzeldosen sein Spray noch enthält. Einem vorzeitigen Entsorgen wird so vorgebeugt.
Alternativ zu Pulverinhalatoren kommen Sprühvernebler (Respimat-System) in Betracht. Ihre Funktion ist auch bei geringen Atemflüssen gewährleistet. Allerdings stehen sie nur für wenige Wirkstoffe zur Verfügung. Im Vergleich zu Dosieraerosolen liegt der CO2-Fußabdruck der Sprühvernebler etwa 20-mal niedriger.
Der Verbrauch klimaschädlicher Inhalativa lässt sich auch über eine leitliniengerechte Therapie vermindern. Denn ist ein Patient gut eingestellt, benötigt er nur noch sehr selten ein SABA als Bedarfsmedikation. Zu bedenken ist dabei, dass Non-Adhärenz und insuffiziente Handhabung der Devices den Therapieerfolg torpedieren. Daher sollte man die Patienten in der richtigen Anwendung schulen und Inhalationstechnik und -koordination immer mal überprüfen.
Ein wichtiger Faktor bei der Auswahl bzw. beim Wechseln eines Devices ist der Patient selbst. Ihm sollten die verschiedenen Optionen mit ihren Vor- und Nachteilen vorgestellt und die Relevanz für den CO2-Fußabdruck vor Augen geführt werden, fordern die Leitlinienautoren. So lassen sich z.B. in der ICS-Monotherapie durch den Wechsel vom Dosieraerosol auf einen Pulverinhalator jährlich mehr als 100 kg CO2 einsparen, in der Kombinationsbehandlung sind es über 450 kg. Zum Vergleich: Der Verzicht auf einen Flug von 1.000 km spart etwas mehr als 200 kg CO2 ein.
Quelle: S2k-Leitlinie „Klimabewusste Verordnung von Inhalativa“, AWMF-Register-Nr. 053-059, www.awmf.org
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