
Räumkommando befreit verstopfte Lungenarterien

Nach heutigem Verständnis spielen bei der chronisch thromboembolischen pulmonalen Hypertonie (CTEPH) zwei pathophysiologische Vorgänge zusammen: eine zunehmende fibrotische Obstruktion der großen, proximalen, elastischen Lungenarterien sowie eine sekundäre Mikrovaskulopathie von kleinen Lungengefäßen mit einem Durchmesser unter 500 µm. Beides zusammen führt zu einem erhöhten Widerstand der Lungenarterien und schließlich zu einer fortschreitenden Rechtsherzinsuffizienz. Dabei weist der rechte Ventrikel meist weniger umfangreiche Adaptationen auf als bei einer idiopathischen pulmonalen Hypertonie, schreibt ein Expertenteam der European Respiratory Society unter Federführung von Professor Dr. Marion Delcroix vom Pulmonary Hypertension Center der Universitätsklinik Löwen und Kollegen.
Neben der Bezeichnung CTEPH, die insb. für Patienten verwendet wird, die eine pulmonale Hypertonie (PH) in Ruhe aufweisen, kann der allgemeinere Begriff CTEPD (chronisch thromboembolische pulmonale Erkrankung) sowohl auf Patienten mit als auch ohne PH angewendet werden. Die Häufigkeit der CTEPH liegt verschiedenen Schätzungen zufolge zwischen 3,2 und 50 Fällen pro Million.
Keine Entwarnung bei unauffälliger CT-Angio
Bei Patienten mit pulmonaler Hypertonie besteht der Verdacht auf eine CTEPH, wenn ein Mismatch zwischen Perfusion und Ventilation vorliegt. Er lässt sich mittels Rechtsherzkatheteruntersuchung und Gefäßbildgebung bestätigen. Nach Ansicht der Experten bleibt die Ventilations-/Perfusions-Szintigraphie das effektivste Screeningtool für eine CTEPD, wobei dreidimensionale Aufnahmen in SPECT-Technik planaren Aufnahmen vorzuziehen sind. Cave: Ein auffälliger Befund in einer CT-Pulmonalisangiographie kann eine proximale CTEPH zuverlässig diagnostizieren, aber ein unauffälliger Befund schließt sie nicht aus, da eine distale Kleingefäßerkrankung möglicherweise nicht erfasst wird.
Eine CTEPH möglichst früh zu diagnostizieren (und zu behandeln), bessert vermutlich die Prognose. Damit dies gelingt, sollten bereits die CT-Angio-Bilder, die für die Diagnose einer Lungenembolie angefertigt werden, genau ausgewertet werden. Sie liefern häufig bereits Hinweise auf eine CTEPH. Ein systolischer pulmonal-arterieller Druck von mehr als 60 mmHg deutet auf eine CTEPH hin. Außerdem sollte an sie gedacht werden, wenn Dyspnoe und funktionelle Einschränkungen nach einer akuten Lungenembolie persistieren.
Optimalerweise erfolgt die Betreuung der Betroffenen im multidisziplinären Team. Therapeutisch kommen eine pulmonale Endarterektomie (PEA), eine Ballonangioplastie oder eine medikamentöse Behandlung infrage. Die PEA ist die Therapie der Wahl für Patienten, bei denen eine Operation in Betracht kommt, da sie die einzige potenziell kurative Behandlung ist, stellen die ERS-Experten klar. Hierbei wird das Narbengewebe aus den Gefäßwänden der Pulmonalarterien geschält. Insbesondere eignet sich das Verfahren für Patienten mit segmentaler und subsegmentaler Erkrankung.
Eine PEA sollte immer in einem spezialisierten Zentrum mit einer Mindestfallzahl von 50/Jahr durchgeführt werden. Die 3-Jahres-Überlebensrate liegt bei über 90 %, verbunden mit einer Verbesserung des Schweregrads der Erkrankung und der Lebensqualität. Die Letalität im Krankenhaus wird mit weniger als 5 % angegeben. Allerdings weist rund die Hälfte der Patienten nach dem Eingriff weiterhin eine residuelle PH auf. Bei ihnen kann man eine medikamentöse Therapie oder eine Ballonangioplastie erwägen.
Von letzterer können inoperable Kranken profitieren. Ziel dieser Intervention ist es, netz- und bandartige Okklusionen durch das Aufblasen des Ballons zu zerstören und so den Blutfluss zu verbessern. Damit lassen sich pulmonale Hämodynamik, 6-Minuten-Gehstrecke, Schweregrad der Erkrankung sowie Lebensqualität erhöhen. Mittlerweile liegen Daten über einen Zeitraum von bis zu acht Jahren nach dem Eingriff mit dieser noch vergleichsweise neuen Methode vor. Schwere Komplikationen wie zu Beginn relativ häufig konnten deutlich reduziert werden. Doch auch für dieses Verfahren gilt, dass es nur an spezialisierten Zentren von darin ausgebildeten Ärzten durchgeführt werden sollte.
Alle Patienten mit CTEPH benötigen lebenslang eine Antikoagulation. Während traditionell Vitamin-K-Agonisten verwendet wurden, kommen inzwischen zunehmend NOAK zum Einsatz. Für die gezielte Therapie der PH sind aktuell Riociguat, ein Stimulator der löslichen Guanylatcyclase, und das Prostacyclin-Analog Treprostinil zugelassen für Patienten, die für eine Operation nicht infrage kommen oder eine rezidivierende/persistierende pulmonale Hypertonie aufweisen. Weitere PH-Medikamente werden off label verwendet, oft in Kombination.
Vorsichtiges Training ist effektiv und sicher
Ob, wie und für wen sich die genannten Therapien in Form einer multimodalen Therapie sequenziell oder parallel eignen, ist Gegenstand aktueller Untersuchungen. Eine Rehabilitation im Sinne eines vorsichtigen körperlichen Trainings sehen die Autoren auch bei Patienten mit CTEPH als effektiv und sicher an.
Quelle: Delcroix M et al. Eur Respir J 2021; 57: 2002828; DOI: 10.1183/13993003.02828-2020
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