Raus mit dem Eiter bei septischer Arthritis!

Dr. Alexandra Bischoff/Dr. Anja Braunwarth

Ein geschwollenes, warmes Knie ist Symptom einer septischen Arthritis, danach folgen Anzeichen an Hüfte und Schulter. Ein geschwollenes, warmes Knie ist Symptom einer septischen Arthritis, danach folgen Anzeichen an Hüfte und Schulter. © thinkstock

Die meist bakteriell bedingte septische Arthritis ist eine tickende Zeitbombe. Nur durch rasches Handeln lässt sich die Destruktion des Gelenkes aufhalten. Erste Maßname: den Infektionsherd entfernen.

Die akute Arthritis tritt rasch auf und kann das Gelenk sehr schnell zerstören. Bei der septischen Variante dominieren bakterielle Infekte und zu den Risikofaktoren gehören wie bei anderen Bazillenangriffen auch hohes Alter, Diabetes mellitus und Immunsuppression (Kortikosteroide!). Aber auch exogene Faktoren (offenes Trauma, Gelenkchirurgie, Injektionen) können verantwortlich sein und Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis haben – verglichen mit der Allgemeinbevölkerung – ein etwa zehnfach erhöhtes Risiko für eine septische Arthritis.

Toxine befeuern Knorpelzerstörung zusätzlich

Meist führt eine hämatogene Streuung aus einem benachbarten Fokus (Osteomyelitis, Weichteilinfektion) zu einem Befall der großen Gelenke. Im Rahmen einer Bakteriämie kommt es zu einer starken Entzündungsreaktion in der Synovia bzw. an der Synovialmembran. Damit die Bakterien vor Ort persistieren können, heften sie sich anhand von Adhäsionen an wirtseigene Proteine oder bilden einen Biofilm in der Synovialflüssigkeit. Somit steigt die Anzahl der Erreger im Gelenk binnen kürzester Zeit rasant an. Toxin- und enzymproduzierende Bakterien wie beispielsweise Staphyloccocus (S.) aureus und beta-hämolysierende Streptokokken befeuern die Knorpelzerstörung noch zusätzlich.

Behandlung schon während der Diagnostik beginnen

Die Interaktion zwischen Erreger und Immunsystem stellt einen Circulus vitiosus dar, erklären Privatdozent Dr. Parham Sendi von der Klinik für Infektiologie & Spitalhygiene am Universitätsspiatl Basel und Kollege. Diesen Teufelskreis gilt es, schnellstmöglich zu unterbrechen.

Am häufigsten kommt es zu einem Befall des Kniegelenks als Monoarthritis (27–50 %), gefolgt von Hüfte und Schulter. Schmerzen, Rötung, Überwärmung und Schwellung oder Bewegungseinschränkung kennzeichnen das klinische Bild. Zudem klagen die Patienten oftmals über Fieber und Schüttelfrost. Nur in etwa 10–20 % der Fälle liegt eine Oligo- oder Polyarthritis vor. Zur Sicherung der Diagnose dienen folgende Schritte:

  • Blutbild und Blutkulturen; wobei Leukozyten, CRP, Linksverschiebung und Procalcitonin-Wert weder spezifisch noch sensitiv sind
  • Gelenkpunktion zum Erregernachweis in der Synovia und Untersuchung der Gelenkflüssigkeit auf Zellzahl, Anteil der neutrophilen Granulozyten, Erreger und Kristalle (DD: akuter Gicht- oder Pseudogichtanfall!)
  • Mikrobiologischer Nachweis des Erregers aus der gewonnen Blutkultur
  • histopathologische Untersuchung der Gewebebiopsie (Gächter-Stadium III + IV, s. Kasten, oder kultur-negative septische Arthritis)
  • Sonographie, CT oder MRT nur bei dickerem Weichteilmantel oder bei Beteiligung der Umgebung nötig; Echokardiographie nur bei außerhalb der Klinik erworbener S.-aureus-Bakteriämie
  • Arthroskopie: dient der Stadien­einteilung und meist auch der Therapie

Die Prognose korreliert eng mit dem Start der Behandlung, weshalb sehr zügig – u.U. sogar parallel zur Diagnostik – mit ihr begonnen werden sollte. Als therapeutische Erstmaßnahme erfolgt die Gelenkspülung, vorzugsweise arthroskopisch, um den Infektionsherd auszuräumen. Die Granulozytenzahl im infizierten Gelenk reduziert sich und die Schädigung des Knorpels wird gestoppt. Dies reicht in den Gächter-Stadien I und II therapeutisch völlig aus. Besteht jedoch nach 7–14 Tagen der Infektionsherd weiterhin, muss die Spülung wiederholt und sogar eine offene Synovektomie erwogen werden.

Arthroskopische Stadieneinteilung der septischen Arthritis nach Gächter und Stutz

  • Stadium I: Synovitis, trübe Flüssigkeit, Rötung der Synovialmembran, petechiale Blutungen
  • Stadium II: stark entzündliche Synovitis, Fibrinablagerungen, Eiter
  • Stadium III: verdickte Synovialmem­bran, Adhäsionen mit Pouchbildung
  • Stadium IV: Pannusbildung, Infiltration in Knorpel und Knochen

Antibiotikatherapie mitunter vier Wochen fortsetzen

Parallel dazu empfehlen die Autoren bis zum Nachweis des Erregers und möglicher Resistenzen die intravenöse Gabe von Amoxicillin/Clavulansäure (3–4 x 2,2 g/d) oder Cefazolin (3 x 2 g/d). Frühestens drei bis fünf Tage nach der Gelenkspülung kann man auf eine orale Antibiose umstellen. Diese setzt einen zufriedenstellenden klinischen Verlauf voraus. Über die individuelle Dauer der oralen Therapie wird interdisziplinär entschieden. Sie hängt von folgenden drei Faktoren ab:
  • Stadium der septischen Arthritis bei der ersten Intervention
  • nachgewiesener Erreger
  • Komorbiditäten des Patienten
Je nach individueller Konstellation liegt die Therapiedauer dann zwischen zehn Tagen und vier Wochen. Bei der allgemeinen Prognose spielen vor allem die Art der Erreger und mögliche Begleiterkrankungen eine Rolle. So geht z.B. eine Infektion mit S. aureus vermehrt mit einem Therapieversagen einher. Die Mortalität der septischen Arthritis liegt bei 7–15 % und ist vor allem bei Diabetes und chronischer Niereninsuffizienz erhöht.

Sendi P et al. Swiss Medical Forum 2017; 17:368-377

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