Raynaud-Symptomatik sorgte für Pseudohypoglykämie

Dr. Anne Benckendorff

Eine gestörte Mikrozirkulation in den Fingern kann zu abnormen Blutzuckerwerten führen. Eine gestörte Mikrozirkulation in den Fingern kann zu abnormen Blutzuckerwerten führen. © Science Photo Library/PHANIE/VOISIN

Stark erniedrigte Blutzuckerwerte im Kapillarblut, aber keine entsprechenden klinischen Symptome: Die Ärzte eines 68-Jährigen gingen der Sache genauer nach.
 

Mit akral betonter Zyanose sowie Ulzerationen an Fingern und Zehen stellt sich ein Mann im Kantonsspital St. Gallen vor. Die Kliniker erkennen ein Raynaud-Syndrom und eine Sklerodaktylie mit Nekrosen. Aufgrund des klinischen Bildes, des (hochtitrigen) Nachweises antinukleärer sowie weiterer Antikörper und der typischen sklerodermiformen Befunde in der Kapillarmikroskopie stellten sie die Diagnose systemische Sklerose. Ein Blutzuckerwert von 114 mg/dl und ein HbA1c von 6,7 % wecken zudem den Verdacht auf einen Diabetes mellitus. Der Patient erhält infolgedessen zunächst eine Ernährungsberatung.

34 mg/dl Glukose, aber keine Hypoglykämiesymptome

Während des stationären Aufenthalts ergibt die kapilläre Glukosemessung aus der Fingerbeere plötzlich einen Wert von 34 mg/dl, ohne dass der Patient Hypoglykämiesymptome zeigt. Auch mit Schokolade, Saft und einer 20%igen Glukoselösung i.v. gelingt es nicht, den Wert anzuheben. Als man den Blutzucker daraufhin mit demselben Messgerät am Ohrläppchen sowie zusätzlich im venösen Blut bestimmt, ergeben sich Werte von 222 mg/dl und 259 mg/dl.

Als Ursache der niedrigen BZ-Werte bei Messung aus der Fingerbeere vermuten die Ärzte die schlechte Durchblutung. Tatsächlich zeigen einige Finger in der Oszillografie fast normale, andere teilweise oder vollständig abgeflachte Pulswellen. Unter einer vasodilatatorischen Therapie mit Iloprost und Nifedipin bleiben einige Tage später relevante Abweichungen zwischen den Blutzuckermessungen aus.

Pseudohypoglykämien sind bei Erkrankungen mit eingeschränkter Mikrozirkulation beschrieben. Sie stellen keine Fehlmessungen dar, sondern den realen Wert am Messpunkt. Dieser entspricht jedoch nicht der Glukosekonzentration im normal zirkulierenden Blut und im Gehirn.

Quelle: Broder S et al. Swiss Med Forum 2023; 23: 1254-1256; DOI: 10.4414/smf.2023.09286

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Eine gestörte Mikrozirkulation in den Fingern kann zu abnormen Blutzuckerwerten führen. Eine gestörte Mikrozirkulation in den Fingern kann zu abnormen Blutzuckerwerten führen. © Science Photo Library/PHANIE/VOISIN