
Restless-Legs-Syndrom Schritt für Schritt bändigen

Das Restless-Legs-Syndrom (RLS) gehört mit einer Prävalenz von 5 – 10 % zu den häufigsten neurologischen Krankheiten in den westlichen Ländern. Es ist charakterisiert durch einen imperativen Bewegungsdrang der Beine, seltener auch der Arme, Genital- oder Rektalregionen, schreiben Dr. Christina Dirks und PD Dr. Cornelius Bachmann, Schlaflabor Somnodiagnostics in Osnabrück. Laut Leitlinie müssen folgende fünf Kriterien erfüllt sein, um RLS zu diagnostizieren:
- Missempfindungen in den Beinen, die sich in Ruhe bemerkbar machen
- Besserung bei Bewegung
- zumindest bei Beginn der Erkrankung zirkadiane Rhythmik der Beschwerden mit einer Steigerung gegen Abend
- imperativer Bewegungsdrang, wenn die Beschwerden auftreten
- keine anderen Ursachen der Symptome wie Myalgien, venöse Stauung oder Beinkrämpfe
Besonders schwierig ist die Abgrenzung des RLS von einer Polyneuropathie, bei der typischerweise oberflächliche Sensationen auftreten, die sich auch nicht durch Bewegung bessern. Betreffen die Symptome nur einen umschriebenen Bereich, weist dies eher auf Muskelkrämpfe oder ein Nervenkompressionssyndrom hin.
Achtung, Spielsucht!
Vor der Behandlung mit Non-Ergot-Dopaminagonisten müssen die Erkrankten zwingend über Nebenwirkungen wie Impulskontrollstörungen aufgeklärt werden. Dazu gehören z. B. Libidosteigerung, Kauf-, Spiel- und Esssucht.
Belastungsabhängige Schmerzen sprechen für eine Claudicatio oder Arthrose. Überwiegen motorische Phänomene wie Zuckungen, sind Krämpfe oder Myoklonien als Ursache wahrscheinlicher als ein Restless-Legs-Syndrom.
Das RLS tritt bei einigen Erkrankungen als Komorbidität gehäuft auf. Dazu gehören u. a. Eisenmangel, chronische Nieren- und Lebererkrankungen, Parkinson-Syndrom, Multiple Sklerose, COPD, atopische Dermatitis und Reizdarmsyndrom. Die Diagnose eines Restless-Legs-Syndroms wird aus der Anamnese gestellt, eventuell unterstützt durch einen Screeningfragebogen. Der Schweregrad lässt sich etwa anhand der International RLS Severity Scale (IRLS) erfassen.
Pathophysiologisch spielen wahrscheinlich mehrere Mechanismen eine Rolle. Dabei liegt der Fokus auf Veränderungen der dopaminergen Neurotransmission. In MRT-Studien fiel auch ein verringerter Eisengehalt insbesondere in der Substantia nigra auf. Post-mortem-Studien weisen darauf hin, dass ein primärer Eisenmangel die Dopamin-2-Rezeptordichte im Putamen verringern kann. Offenbar korreliert auch der Schweregrad mit dem Ausmaß der Abnahme von D2-Rezeptoren.
Verzicht auf Kaffee und Alkohol zahlt sich aus
Erster Schritt in der Therapie des RLS ist eine Eisensubstitution. Die Transferrinsättigung sollte mindestens 20 % betragen oder das Serumferritin mindestens 75 µg/l. Wenn dies nicht der Fall ist, sollte bevorzugt Eisen-II-Sulfat in einer Dosis von 80 – 100 mg zweimal täglich oral zugeführt werden, kombiniert mit 100 mg Vitamin C.
Gleichzeitig kommen nicht-medikamentöse Maßnahmen zum Einsatz. Menschen mit RLS wird geraten, weitgehend auf Kaffee und Alkohol zu verzichten und auf eine gute Schlafhygiene zu achten. Linderung bringen auch kalte Fußbäder am Abend, Massagen und ein Bewegungstraining. Letzteres sollte aber nicht in die Nachmittags- oder Abendstunden gelegt werden, weil sich die Symptome dadurch verschlechtern könnten.
Empfohlen wird auch eine transkutane spinale Gleichstromstimulation, welche nachweislich die spinale Erregbarkeit vermindert. Auch Infrarotlicht hat sich in einigen Studien als wirksam erwiesen.
Erste Wahl unter den medikamentösen Behandlungsoptionen sind Non-Ergot-Dopaminagonisten in Monotherapie. Zugelassen sind Ropinirol, Pramipexol und Rotigotin. Die Dosis sollte langsam auftitriert werden. Dabei darf eine Höchstdosis nicht überschritten werden. Ropinirol z. B. wird initial in einer Dosis von 0,25 mg eingesetzt, die Maximaldosis beträgt 4 mg. Die Anfangsdosis von Pramipexol sollte bei 0,18 mg liegen. Die Maximaldosis beträgt 0,52 mg, um eine Augmentation der Beschwerden zu vermeiden. Rotigotin steht als Pflaster mit einer Dosis von 1 – 3 mg/24h zur Verfügung. Das Augmentationsrisiko scheint bei Rotigotin relativ gering zu sein.
Gabapentinoide helfen, sind aber nicht zugelassen
Levodopa dagegen wird aufgrund des hohen Augmentationsrisikos nur noch intermittierend bis maximal 100 mg/d eingesetzt. Gabapentinoide sind in Dosen von 800 – 1.800 mg (Gabapentin) bzw. 150 – 450 mg (Pregabalin) wirksam, aber in Deutschland nicht für diese Indikation zugelassen. Bei nächtlichen Atemstörungen sind Gabapentinoide kontraindiziert, da sie diese verstärken können. Wenn die Medikamente der Erstlinie versagen, können beim mittelschweren bis schweren RLS Opioide eingesetzt werden. Zugelassen ist Oxycodon/Naloxon (2 x 2,5/5 mg bis 2 x 30/15 mg).
Kommt es zu einer Augmentation (zeitliche Vorverlagerung der Beschwerden, Ausbreitung der Symptome, Zunahme der Intensität), muss zunächst der Eisenstatus geprüft und eventuell optimiert werden. Auch eine Umstellung auf eine Substanz mit geringerem Augmentationsrisiko wie Rotigotin oder ein Gabapentinoid kann helfen.
Quelle: Dirks C, Bachmann CG. internistische praxis 2024; 68: 109-122
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).