Rezidivierender Zystitis zuerst ohne Antibiotika vorbeugen

Dr. Dorothea Ranft

Zu viel zu trinken ist kontraproduktiv. Ideal sind 1,5 l am Tag. Zu viel zu trinken ist kontraproduktiv. Ideal sind 1,5 l am Tag. © fotolia/absolutimages

Drei Blasenentzündungen in einem halben Jahr, damit will sich keine Frau abfinden. Aber dauerhaft Antibiotika einnehmen möchten viele auch nicht. Eine gerade aktualisierte Leitlinie erläutert, welche Präventionsmöglichkeiten es noch gibt.

Eine Harnwegsinfektion (HWI) gilt als „rezidivierend“, wenn innerhalb eines halben Jahres mindestens zwei symptomatische Episoden auftreten – oder mindes­tens drei innerhalb eines Jahres. Vor einer Langzeitprophylaxe mit Antibiotika sollte man Betroffene über andere Möglichkeiten der Prävention aufklären, heißt es in der S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Urologie*. An erster Stelle stehen einfache Verhaltensempfehlungen.

So sollte die Trinkmenge weder zu hoch noch zu niedrig liegen, als optimal gelten ca. 1,5 l täglich, damit antibakterielle Substanzen in der Blase nicht zu sehr verdünnt werden. Auch ein regelmäßiger Konsum von Fruchtsäften (v.a. aus Beeren) senkt die HWI-Rate. Das Gleiche gilt für Milchprodukte, die mit probiotischen Bakterien fermentiert wurden. Eine Gewichtsreduktion kann sich ebenfalls lohnen, denn Adipositas steigert die HWI-Anfälligkeit.

Ein wichtiger Risikofaktor für wiederholte Blasenentzündungen ist – unabhängig vom Alter der Patientin – der Geschlechtsverkehr. Der Gebrauch von Vaginal-Ovula, spermizid-beschichteten Diaphragmen, Kondomen und Intrauterinpessaren erhöht das Risiko für eine HWI. Ob die empfohlene Blasenentleerung nach dem Koitus Frauen tatsächlich vor einer Zystitis bewahrt, ließ sich noch nicht klären.

Nach der Menopause erst mal Hormoncreme probieren

Postmenopausalen Frauen raten die Urologen vor einer antibiotischen Langzeitprävention zu einer vaginalen Estriol-Substitution (0,5 mg/Tag). Die lokale Hormontherapie verringert die Scheidenbesiedlung mit Uropathogenen und senkt den pH-Wert. Sie erhöht zwar Studien zufolge nicht das Risiko für ein Mammakarzinom, dennoch wird Patientinnen mit entsprechenden Tumoren eine gynäkologische Abklärung empfohlen.

Placebokontrollierte Studien zur vaginalen Estriol-Therapie bei prämenopausalen Frauen fehlen bisher. In einer Fallserie blieben 24 von 30 Patientinnen elf Monate lang rezidivfrei. Oral zugeführte Hormone haben dagegen keinen protektiven Effekt, gelten sogar eher als Risikofaktor.

Orale Immunprophylaxe für drei Monate empfohlen

Doch es gibt noch andere Präventionsmöglichkeiten – die Immunprophylaxe beispielsweise. Vor der Entscheidung für eine dauerhafte Einnahme von Antibiotika raten die Leitlinienautoren zu einer dreimonatigen Therapie mit einem oralen Immunprophylaktikum, das Zellwandbestandteile uropathogener E.-coli-Stämme enthält. In Studien ging die Rezidivrate im Vergleich zu Placebo um durchschnittlich 39 % zurück. Die Prävention kann man bereits während der Akuttherapie beginnen und sie sollte bei Durchbruchinfektionen nicht unterbrochen werden. Bei Bedarf kann eine Boosterung im 7. bis 9. Monat für jeweils zehn Tage oder wiederholt nach therapiefreien dreimonatigen Intervallen erfolgen.

Eine Alternative bietet ein parenterales Immunprophylaktikum, das inaktivierte Erreger verschiedener Spezies enthält. Es wird dem Patienten in die Oberarmmuskulatur gespritzt (drei Injektionen im Abstand von ein bis zwei Wochen), eventuell gefolgt von einer Auffrischung nach einem Jahr. Die Impfung eignet sich auch für Schwangere und während der Akuttherapie. Daten existieren bislang noch wenige, in Studien sank die HWI-Rate im Vergleich zu Placebo um 26–93 %.

Mannose statt Cranberryprodukten

Keine Empfehlung gibt die Leitlinie für Cranberry- und Moosbeeren-Produkte. Sie sollen die bakterielle Adhäsion an der Blasenwand hemmen und so rezidivierenden HWI vorbeugen. Doch die Evidenzlage fällt widersprüchlich aus, in einer Cochrane-Metaanalyse ergaben kleinere Studien einen präventiven Effekt, den größere Arbeiten aber nicht bestätigten. Statt der Beeren setzen die Experten auf Mannose.

Der natürliche Zucker zeigte sich in einer Studie zur Langzeitprävention Nitrofurantoin ebenbürtig. Alternativ kommen pflanzliche Harnwegs-Desinfizienzien wie Bärentraubenblätter (maximal ein Monat), Kapuzinerkressekraut und Meerrettichwurzel infrage. Wenn Allgemeinmaßnahmen und medikamentöse Optionen versagen, kann bei hohem Leidensdruck eine kontinuierliche Antibiotika-Prophylaxe über drei bis sechs Monate erfolgen (s. Tabelle). Durch Geschlechtsverkehr getriggerte HWI werden mittels postkoitaler Einmalprävention behandelt. Als dritte Option nennt die Leitlinie für geeignete Patientinnen die antibiotische Kurzzeittherapie nach selbst gestellter Diagnose. Mit diesen Maßnahmen lässt sich die HWI-Rate um bis zu 95 % senken.

Wenn alles andere nicht hilft
LangzeitpräventionEinmaltherapie
  • Cotrimoxazol 40/200 mg 1 x täglich oder 3 x/Woche
  • Trimethoprim 100 mg 1 x täglich
  • Nitrofurantoin 50 mg 1 x täglich
  • Fosfomycin-Trometamol 3 g alle 10 Tage
  • Cotrimoxazol 40/200 mg bzw. 80/400 mg
  • Nitrofurantoin 50 mg

Mehr Therapieabbrüche mit Nitrofurantoin

Die Wahl des Antibiotikums richtet sich nach der isolierten Bakterienspezies und Empfindlichkeit sowie Allergien und potenziellen Kollateralschäden (v.a. Resistenz­gefahr). In einer aktuellen Metaanalyse fand sich kein Wirkunterschied zwischen Nitrofurantoin, Norfloxacin, Trimethoprim, Cotrimoxazol und Cefaclor.

Allerdings traten unter Nitrofurantoin mehr Nebenwirkungen auf mit entsprechend erhöhter Abbruchrate. Orales Fosfomycin-Trometamol (3 g alle 10 Tage) taugt einer neueren Studie zufolge ebenfalls für die Langzeitprophylaxe, zu Nitroxolin fehlen noch Daten.

*AWMF Register-Nr. 043/44

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