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Rheumatherapie nach Zeitplan

Hinter der Morgensteifigkeit und dem Gelenkschmerz bei rheumatoider Arthritis (RA) steckt der morgendliche Anstieg des Zytokins Interleukin-6. Der kommt vor allem durch den nächtlichen Abfall des Cortisolspiegels zustande. Die Gabe von Glukokortikoiden um 2 Uhr in der Nacht fängt den IL-6-Peak ab. In der Folge sind die Gelenke morgens weniger steif und schmerzen weniger.
Die Einnahme des Glukokortikoids zu nachtschlafender Zeit ist aber schwer umzusetzen und würde den Körper zusätzlich stressen. Umgehen lässt sich das mithilfe einer neuartigen Formulierung des Prednisons, durch die der Wirkstoff verzögert freigesetzt wird, berichtete Dr. Peer Aries vom Immunologikum Hamburg. Nach Einnahme der Tabletten um 22 Uhr sanken die IL-6-Spiegel und dadurch die morgendlichen Schmerzen zuverlässig, wie die Studien CAPRA-1 und CAPRA-2 zeigen. In puncto Morgensteifigkeit war das sogenannte Modified-Release-Prednison signifikant effektiver als das Standard-Prednison.
Eine an die innere Uhr angepasste Therapie ist bei Glukokortikoiden demnach möglich, meinte Dr. Aries. Zugelassen ist das Modified-Release-Prednison für die Behandlung bei rheumatoider Arthritis. In den S3-Leitlinien zur frühen rheumatoiden Arthritis wird die Formulierung für Patienten empfohlen, bei denen die Morgensteifigkeit im Vordergrund steht. Dort hat sie auch ihre Berechtigung, meinte der Referent.
Das Ziel, neben der besseren Wirksamkeit auch die Prednisondosis und damit die Nebenwirkungsrate zu reduzieren, hat sich aber mit der neuartigen Formulierung nicht erreichen lassen. Und auch ein weiterer Nachteil bleibt bestehen: Es handelt sich bei dem Präparat immer noch um ein Glukokortikoid. Heute werden in der Rheumatologie jedoch glukokortikoidarme Therapien bevorzugt, wichtiges Behandlungsziel ist sogar die komplette Steroidfreiheit, machte Dr. Aries deutlich. Über die Relevanz einer zeitgesteuerten Prednisontherapie lasse sich daher trefflich streiten.
Für andere in der Rheumatologie verwendete Wirkstoffe liegen kaum Daten zur Chronotherapie vor. Kleinere Studien von eher schlechter Qualität geben gewisse Hinweise darauf, dass die abendliche Gabe von Methotrexat günstiger sein könnte als die morgendliche oder mittägliche. Im Mausversuch war Baricitinib am besten wirksam, wenn es mit dem ersten Licht am Tag gegeben wurde, Tacrolimus hingegen war zwei Stunden nach Einschalten der Beleuchtung am effektivsten.
Insgesamt hat die Chronomedizin für Dr. Aries in der Rheumatologie keinen hohen Stellenwert. Er hält Zeitintervalle ganz anderer Art für weitaus wichtiger – etwa das sogenannte window of opportunity, das es für die effektive medikamentöse Therapie bei RA zu nutzen gilt. Konkret heißt das, dass die Behandlung innerhalb von zwölf Wochen nach Symptombeginn starten muss.
Auch bei der Glukokortikoidgabe darf man konkrete Zeitvorgaben nicht aus dem Auge verlieren, mahnte Dr. Aries. Nach zwölf Wochen sollte das Kortison auf ≤ 7,5 mg/d reduziert, nach spätestens 24 Wochen komplett abgesetzt sein. Klappt das nicht, muss man an der Basistherapie schrauben.
Auch bei den DMARD gibt es ein wichtiges Zeitfenster: Tritt nach sechs bis zwölf Wochen Therapie keine Wirkung ein (maximal darf man 24 Wochen warten), muss die Medikation umgestellt werden. Für die Deeskalation, also die Dosisreduktion der DMARD, gibt es ebenfalls einen Zeitrahmen: Sie kann nach sechs Monaten steroidfreier Remission erfolgen.
Quelle: Kongressbericht 129. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin
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