Rheumatoide Arthritis entpuppte sich als spezielle Dermatomyositis

Stephanie Käufl, Dr. Anne Benckendorff

Im Gesicht zeigten sich Teleangiektasien, an den Fingergelenken rötlich-livide Verfärbungen und an den Händen insgesamt eine dünne, wachsartige Haut. (Agenturfoto) Im Gesicht zeigten sich Teleangiektasien, an den Fingergelenken rötlich-livide Verfärbungen und an den Händen insgesamt eine dünne, wachsartige Haut. (Agenturfoto) © eyetronic – stock.adobe.com

Zwecks Therapieoptimierung wurde eine 78-jährige Patientin mit rheumatoider Arthritis in die Uniklinik eingewiesen. Dort erkannten die Kollegen, dass die vermeintliche Therapieresistenz einer falschen Diagnose geschuldet war.

Begonnen hatten die Beschwerden der Frau ein Jahr zuvor nach einer Karpaltunnel-OP. Erst an einer, dann an beiden Händen kam es zu Schmerzen, Schwellungen, dystrophen Hautveränderungen und Kontrakturen. Es wurde die Diagnose einer seronegativen, ACPA-negativen rheumatoiden Arthritis (RA) gestellt und mit einer Prednisolonstoßtherapie begonnen. In der Folge entwickelte die Patientin zusätzlich proximale Myalgien, Fatigue und eine deutliche Sicca-Symptomatik. 

Antikörper ließen an Sjögren denken

Laborchemisch fanden sich ANA-Antikörper mit einem Titer von 1:1.280 und granulärem Fluoreszenzmuster sowie positive SS-A/Ro-Antikörper in der ENA-Differenzierung. Daraufhin vermuteten die Kollegen ein sekundäres Sjögren-Syndrom. Die nachfolgenden Behandlungsversuche mit Hydroxy­chloroquin, Methotrexat, Leflunomid, Baricitinib und Abatacept waren nicht erfolgreich, d.h., die Glukokortikoide konnten nicht reduziert werden. Im Verlauf der weiterlaufenden hoch dosierten Prednisolontherapie entwickelte die Patienten eine tiefe Beinvenenthrombose samt Lungenembolie mit Infarktpneumonie, die konservativ behandelt wurden.

Bei der Aufnahme in die Uniklinik litt die Frau unter symmetrischen, geschwollenen und schmerzenden MCPs, PIPs und DIPs, berichten Dr. Tatjana Marinoska vom Rheumazentrum Rheinland-Pfalz und Kollegen. Finger- und Handgelenke waren deutlich in ihrer Funktion eingeschränkt. Im Gesicht zeigten sich Teleangiektasien, an den Fingergelenken rötlich-livide Verfärbungen und an den Händen insgesamt eine dünne, wachsartige Haut. In allen Extremitäten fand sich eine deutliche Kraftminderung. 

Wie die Laboruntersuchung er­gab, betrug der ANA-Titer 1:5.120 bei nukleärem Fluoreszenzmuster, die ENA waren unauffällig. Allerdings wurde ein hoher Anti-Mi-2-Antikörpertiter im Myositis-Blot nachgewiesen. Die Entzündungswerte unter der bestehenden Prednisolontherapie von 2,5 mg/Tag waren normwertig, es lag jedoch eine Hypergammaglobulinämie vor.

Kein Hinweis auf aktive Myositis in der MRT

In der Kapillarmikroskopie waren Kapillarverluste und Ektasien zu erkennen, röntgenologisch zeigte sich eine stark deformierende erosive Arthritis an Händen und Füßen. Das MRT lieferte keine Hinweise auf eine aktive Myositis, die Speicheldrüsenbiopsie keine Anzeichen für eine Sial­adenitis. Die Befunde der Lungenfunktionsprüfung waren unauffällig. Im Röntgen-Thorax und in der Abdomen-CT waren keine Hinweise auf Tumoren zu erkennen.

Angesichts der über Monate fortschreitenden proximalen symmetrischen Muskelschwäche zusammen mit den dermatologischen Befunden vermuteten die Autoren im Einklang mit den Klassifikationskriterien der Dermatomyositis nach Bohan und Peter von 1975 eine Dermatomyositis. Dies wurde durch die typische Autoimmunserologie unterstützt. Der Phänotyp der Mi-2-positiven Dermatomyositis ohne aktive Myositis wird als amyositische Dermatomyositis bezeichnet. 

Diese Untergruppe der Dermatomyositiden spricht den Autoren zufolge gut auf Steroide und Rituximab an und hat insgesamt eine gute Prognose. Nur selten kommt es zu schweren Verläufen, bei denen interstitielle Lungenerkrankungen oder Malignome auftreten können. 

Prednisolonstöße und Rituximab erfolgreich

Zu Beginn erhielt die 78-Jährige Prednisolonstöße von 100 mg/d über vier Tage. Danach wurde die Dosis aufgrund der Risikofaktoren und möglicher Nebenwirkungen rasch auf 1 mg/d reduziert. Zudem bekam sie Rituximab (2 x 1 g im Abstand von zwei Wochen). Darunter gingen die Beschwerden zurück, und die Verträglichkeit war gut. Ein zweiter Zyklus Rituximab wurde ein halbes Jahr später durchgeführt. Die Therapie mit Abatacept beendeten die Kollegen, und auf die Gabe von IVIG verzichteten sie aufgrund der Hypergammaglobulin­ämie.

Wie die Autoren erinnern, ist ein rasch progredienter Verlauf mit extraartikulären Manifestationen für eine sero- und ACPA-negative RA ungewöhnlich. Die Kombination der Gelenk- mit den Hautmanifestationen, proximalen Myalgien, Schmerzen und myositisspezifischen Antikörpern ließ sie vielmehr an eine Dermatomyositis denken. Etwa 20 % der Betroffenen weisen –
so wie diese Patientin – keine aktive Myositis auf. Die ausgeprägte Muskelschwäche könnte allerdings für eine stattgehabte Myositis sprechen. 

Patienten mit amyositischer Dermatomyositis haben das gleiche Risiko für interstitielle Lungenerkrankungen oder Malignome wie Betroffene mit myositischer Dermatomyositis. Deshalb sollten die Betroffenen auch bei zunächst fehlender Lungenbeteiligung bzw. fehlenden Anzeichen für ein Malignom regelmäßig engmaschig auf eventuelle Komplikationen hin gescreent werden. 

Quelle: Marinoska T, Lauf C, Schorn C, Schwarting A. , Dtsch Med Wochenschr 2022; 147: 1153-1157; doi: 10.1055/a-1887-3463 

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