Von BiTEs und Mini-Inhibitoren

EULAR 2024 Dr. Sonja Kempinski

Für RA-Patient:innen könnte die BiTEs-Therapie eine interessante Alternative darstellen. Für RA-Patient:innen könnte die BiTEs-Therapie eine interessante Alternative darstellen. © Paulista - stock.adobe.com

Ein neues Aufgabenfeld für JAK-Inhibitoren, ein besonders kleiner, aber effektiver IL-17A-Inhibitor gegen die Psoriasisarthritis und zwei starke Optionen zur B-Zell-Depletion: vier therapeutische Highlights vom europäischen Rheumatologenkongress. 

JAK-Inhibitoren (JAKi) sind schon bei einigen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen erfolgreich im Einsatz. Mit Spannung erwartet wurden deshalb die Daten einer an der Uniklinik Löwen durchgeführten Phase-3-Studie, die den Effekt von Upadacitinib auf die Riesenzellarteriitis untersuchte, sagte Prof. Dr. Bimba Hoyer, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel. 428 Patienten mit neu diagnostizierter oder rezidivierender RZA waren in SELECT-GCA auf Placebo, 7,5 mg oder 15  mg Upadacitinib täglich randomisiert worden. Sie alle hatten vorher hoch dosiert Glukokortikoide erhalten. Zu Studienbeginn lag die GC-Dosierung noch bei mindestens 20 mg Prednisolonäquivalent täglich. Das im Studienprotokoll vorgeschriebene Tapering der GC lief unter Placebo 52 Wochen, unter Verum 26. 

Primärer Endpunkt war eine anhaltende Remission von Woche 12 bis Woche 52 – wobei das vordefinierte GC-Tapering beibehalten werden musste, wie Prof. Hoyer betonte. Den Endpunkt erreichten 37 % der Patienten unter 15 mg Upadacitinib und 16 % unter Placebo. Die kumulative GC-Dosis über 52 Wochen war unter der höheren JAKi-Dosierung signifikant geringer als unter Placebo (median 1.615 vs. 2.882 mg Prednisolonäquivalent). Zudem wurde unter 15 mg Upadacitinib die Fatigue signifikant besser gelindert als unter Placebo, gemessen am FACIT-Fatigue.

Die Sicherheitsdaten fielen wenig überraschend aus. Unter dem JAKi traten häufiger Herpes zoster und Anämien auf. Das Risiko für VTE und nicht-melanotischen Hautkrebs war im Vergleich zu Placebo marginal erhöht, allerdings so geringfügig, dass es Prof. Hoyer nach eigenen Angaben nicht davon abhalten würde, die Substanz einzusetzen. „Wir können uns darauf freuen, dass diese Medikamente wahrscheinlich in das Portfolio der GCA-Therapien aufgenommen werden“, fasste Prof. Hoyer zusammen. 

Mit dem IL-17A-Inhibitor Izokibep steht auch für die Psoriasisarthritis (PsA) ein aussichtsreicher Kandidat vor der Tür. Vorteil dieses Moleküls: Es hat mir 18,6 kDa nur etwa ein Zehntel der Größe eines monoklonalen Antikörpers, weshalb es einen besseren Zugang zu schwierig zu erreichenden Bereichen bzw. Geweben haben könnte. Das ist vor allem für die Enthesien wichtig, sagte Prof. Hoyer. 

In einer amerikanischen Phase-2b/3-Studie mit 343 PsA-Patienten wurden zwei Dosierungen gegen Placebo getestet: 160 mg wöchentlich sowie alle zwei Wochen. Den primären Endpunkt (ACR50-Response nach 16 Wochen) erreichten die Patienten unter beiden Dosierungen signifikant häufiger als diejenigen unter Placebo (40 % bzw. 43 % vs. 15 %). Das galt ebenso für andere Endpunkte wie den PASI 100 und die Major Disease Control, mit der verschiedene Domänen abgedeckt werden (u.a. geschwollene Gelenke, Schmerzen, HAQ und PASI). Die häufig bei PsA problematischen Enthesitiden besserten sich unter Verum vor allem bei Patienten mit hoher Krankheitslast (LEI 5–6) deutlich. Neue Sicherheitssignale traten nicht auf, die Mehrheit der unerwünschten Wirkungen waren milde bis moderate Reaktionen an der Injektionsstelle. Insgesamt, so Prof. Hoyer, ist Izokibep ein vielversprechender Wirkstoff zur Behandlung der PsA.

CAR-T-Zellen sind aus der Entwicklung neuer Therapien für muskuloskelettale Erkrankungen nicht mehr wegzudenken. Sie zeigen bei immer mehr Entitäten Erfolge. Besonders erfreulich sind die Ergebnisse bei Systemischer Sklerose, sagte die Expertin, denn für diese werden dringend effektive Therapien gesucht. Kollegen in Erlangen hatten sieben Patienten mit CAR-T-Zellen behandelt. Nach Lymphodepletion mit Fludarabin/Cyclophosphamid und der Zell-Infusion besserten sich nahezu alle Parameter.

Serologisch sanken die ANA, z.T. um bis das Zehnfache. Anti-RNAP-Antikörper verschwanden kurz nach der Infusion und waren auch später nicht mehr nachweisbar. Die Anti-SCL70-Antikörper wurden ebenfalls reduziert, blieben aber weiter vorhanden – ein Zeichen dafür, dass nicht alle Plasmazellen zerstört worden waren. Der mRSS (modifizierter Rodnan-Hautscore) wurde innerhalb der ersten drei bis vier Monate um etwa 30–45 % reduziert und blieb stabil oder nahm im Verlauf eines Jahres sogar um bis zu 60 % weiter ab. Das Raynaudsyndrom verbesserte sich und digitale Ulzerationen traten seltener bis gar nicht mehr auf. Bei den Betroffenen mit ILD blieb die Lungenfunktion während des einjährigen Nachbeobachtungszeitraums stabil. 

Auch in Tübingen wurden CAR-T-Zellen zur Behandlung von SSc-Patienten eingesetzt. Die Ergebnisse dort bestätigen die positiven Effekte auf Haut und Lunge. Zusätzlich nahmen die Patienten an Gewicht zu. Solche Daten werden für diese schwer zu behandelnde Erkrankung dringend benötigt, sagte die Expertin. Natürlich sei die Therapie nicht die erste Wahl, aber vielversprechend für schwerkranke Patienten, die auf andere Immunsuppressiva keine Wirkung zeigen.

Eine weniger aufwendige, ebenfalls deutliche B-Zell-Depletion lässt sich mit sogenannten Bi-specific T-cell engagers (BiTEs) erreichen, berichtete Prof. Hoyer. Dabei handelt es sich um Fusionsproteine mit Fragmenten verschiedener Antikörper. Blinatumomab bindet z.B. an CD3- und an CD19-Zellen, wodurch eine T-Zell-vermittelte Zytotoxizität ausgelöst und die B-Zelle zerstört wird.

In Erlangen bekamen sechs Patienten mit therapierefraktärer rheumatoider Arthritis und einem DAS über 3,2 in jeweils zwei fünftägigen Zyklen Blinatumomab (9 mg/d). Während der ersten Infusion stiegen Körpertemperatur und Akute-Phase-Proteine kurz an, aber ohne Anzeichen eines klinisch relevanten Zytokinfreisetzungssyndroms. Ansonsten traten kaum unerwünschte Wirkungen auf. 

Die Behandlung zeigte eine beeindruckende Effektivität: Die B-Zellen wurden erheblich reduziert und die aktiven Gedächtniszellen durch naive B-Zellen ersetzt. Der Mittelwert des DAS28-CRP sank von 4,72 auf 2,28. Auch die Anzahl der schmerzhaften und geschwollenen Gelenke verringerte sich deutlich, ebenso die Patient Global Disease Activity. Für Patienten mit therapierefraktärer RA sind BiTEs offenbar eine sehr gute Option, meinte Prof. Hoyer. Sie ist überzeugt davon, dass auch andere entzündlich-rheumatische Erkrankungen auf die neue Strategie ansprechen. Auf jeden Fall ermögliche die Substanz eine deutlich effizientere B-Zell-Depletion als die bisher dafür verfügbaren Antikörper.

Quelle: Kongressbericht European Congress of Rheumatology 2024

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