
Risiko einer phototoxischen Reaktion eingrenzen

Als Dermato(onko)loge verschreibt man durchaus verschiedene photosensibilisierende Medikamente. Beispiele für solche Substanzen sind laut Prof. Dr. Jörg Prinz von der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der Universität München:
- Retinoide (Isotretinoin, Alitretinoin, Acitretin): Sie verdünnen das Stratum corneum und reduzieren dadurch die UV-Toleranz.
- Tetrazykline, die die Absorption von UVA, aber auch UVB und sichtbarem Licht verstärken.
- BRAF-Inhibitoren (Vemuarfenib, Dabrafenib, Vandetanib, Encorafenib): Sie verstärken vor allem die UVA-Absorption.
Bei ihrer Verordnung muss man über eine mögliche Phototoxizität aufklären und über entsprechende Verhaltensmaßnahmen informieren, betonte Prof Prinz. Für die Patienten heißt das: sich nicht der Sonne aussetzen, Sonnenschutzmittel benutzen und UV-protektive Kleidung tragen.
Im Umkehrschluss muss auch vor Einleiten einer UVB-Phototherapie die Einnahme photosensibilisierender Medikamente ausgeschlossen werden. Die UVB-abhängige Phototoxizität ist laut Prof. Prinz noch höher als die UVA-abhängige Phototoxizität.
Knapp 400 sensibilisierende Substanzen dokumentiert
Je nach Alter und Begleiterkrankungen – z.B. Psoriasis – kommt unter Umständen eine lange Liste von Medikamenten zusammen: Photosensibilisierende Eigenschaften sind fachübergreifend für 393 Substanzen dokumentiert.1
Potenziell photosensibilisierende oder phototoxische Medikamente* (Auswahl) | |
---|---|
Medikamentengruppe | Wirkstoffe (Auswahl) |
Diuretika | Furosemid, Hydrochlorothiazid |
Lipidsenker | Fenofibrat, Clofibrat |
Nicht-steroidale Antirheumatika | Naproxen, Ketoprofen, Piroxicam |
Neuroleptika | Phenothiazine (u.a. Chlorpromazin) |
Phytopharmaka | Johanniskraut |
Antiarrhythmika | Amiodaron |
Antibiotika | Fluorchinolone (Lomefloxacin, Enoxacin, Ciprofloxacin), Tetrazykline (Tetracyclin, Doxycyclin, Demeclocyclin) |
Zytostatika | Methotrexat |
* nach Hoffmann GA et al. 2021 und J. Prinz |
Soll eine Phototherapie unter sensibilisierender Medikation stattfinden, sollte man die minimale Erythemdosis (MED) bestimmen. Die Intensität der therapeutischen UVB-Bestrahlung richtet sich nach diesem Wert und beträgt 70 % der Erythemschwelle. Es gibt auch den etwas pragmatischeren Ansatz, die Patienten über das Risiko einer Phototoxizität aufzuklären, die Behandlung mit einer niedrigen Dosis zu beginnen (0,05 J/cm²) und diese dann kontrolliert zu steigern, meinte Prof. Prinz.
Der Verdacht auf eine Photodermatose ergibt sich oft auf den ersten Blick, denn in der Regel sind die Reaktionen an den dem Sonnenlicht ausgesetzten Körperregionen lokalisiert. Ein atypisches Verteilungsmuster liefert mitunter Hinweise auf die exogene Ursache der Beschwerden. So kann eine phototoxische Kontaktdermatitis rund um das Kniegelenk bei intensiver Anwendung eines NSAR-haltigen Schmerzgels wegen einer Gonarthrose entstehen. In der Epidermis bildet sich dann ein regelrechtes NSAR-Depot, wie Prof. Prinz berichtete.
Wie wichtig die richtige Diagnose ist, zeigt ein kürzlich berichteter Fall.2 Bei diesem Patienten war die initiale phototoxische Reaktion rund um das Knie zunächst für eine Zellulitis gehalten und mit Dicloxacillin behandelt worden. Das führte zu einer starken ekzematösen Reaktion. Die Abheilung gelang mit Clobetasolpropionat und oralen, nicht-sedierenden Antihistaminika, es blieb aber eine postinflammatorische Hypopigmentierung zurück.
Quellen:
1. Hofmann GA et al. J Dtsch Dermatol Ges 2021; 19: 19–30; DOI: 10.1111/ddg.14314_g
2. Drivenes JL et al. Clin Case Rep 2022; 10: e05251; DOI: 10.1002/ccr3.5251
28. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie
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