SCORE-Tabelle: Nutzloser Risikoscore fürs Herz

Dr. Barbara Kreutzkamp

Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie empfiehlt für die Risikostratifizierung kardiovaskulärer Erkrankungen die SCORE-Tabelle. Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie empfiehlt für die Risikostratifizierung kardiovaskulärer Erkrankungen die SCORE-Tabelle. © Pixabay

Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie empfiehlt für die Risikostratifizierung kardiovaskulärer Erkrankungen die SCORE-Tabelle. Demnach müsste fast die Hälfte der 50- bis 59-Jährigen medikamentös behandelt werden. „Unpraktikabel“, bemängeln Wissenschaftler.

Ein eta­bliertes Instrument zur Abschätzung des kardialen Zehnjahresrisikos ist die SCORE*-Tabelle. Anhand von Komorbiditäten, Blutdruck, Urin- und Blutwerten sowie Lebensstil werden Patienten in niedrig, mittel, hoch und sehr hohe Risikogruppen unterteilt. Mithilfe dieses von der ESC** entwickelten Risikorechners sollen Ärzte Personen identifizieren, die von einer Primärprävention in Form von Lebensstiländerungen und/oder Medikamenten profitieren.

Lebensstilintervention kam praktisch für alle infrage

Dänische Präventivmediziner um den Epidemiologen Johan­ L. Vinther­ machten den Praxis­test und berechneten anhand der SCORE-Kriterien das kardiovaskuläre Risiko von 978 zufällig ausgewählten Männern und Frauen zwischen 40 und 65 Jahren. Einbezogen in die Auswertungen wurden Angaben zu bestehenden kardiovaskulären Erkrankungen, Diabetes und Rauchen sowie die ermittelten Werte von Gesamtcholesterol, LDL, Urinalbumin und Blutdruck.

Das Ergebnis lässt an der Praxis­tauglichkeit der Risikotabelle stark zweifeln, fassen die Autoren zusammen. Danach sollte allen untersuchten Personen mindestens zu einer Lebensstiländerung geraten werden. Außerdem kamen die meisten über 60 Jahre (79 %) sowie fast die Hälfte (44,9 %) der Teilnehmer zwischen 50 bis 59 Jahren für eine medikamentöse Behandlung infrage – bei den über 60-Jährigen häufig allein aufgrund ihres Alters, kritisieren die Forscher.

Insgesamt erfüllten 12,5 % die Kriterien für eine sofortige Medikation, weitere 30,4 % sollten sie erhalten, falls Lebensstiländerungen alleine nicht ausreichen würden. In die Gruppen mit hohem bzw. sehr hohem SCORE-Risiko fielen 3,4 % bzw. 11,1 %.

Die Daten dürften für Dänemark repräsentativ sein, diskutieren die Wissenschaftler. Und zweifeln stark daran, dass die SCORE-Tabelle tatsächlich für den Praxisalltag taugt. Regelmäßige Gesundheitsberatung für praktisch alle über 40-Jährigen und (potenzielle) medikamentöse Therapie bei über 40 % seien allein schon aus ökonomischen Gründen kaum durchführbar. Auch die Nebenwirkungen der medikamentösen Interventionen müsste man gegen einen möglichen Nutzen abwiegen. Sinnvoller als eine individuelle Intervention seien Projekte, die auf die „Gesundheitserziehung“ der Bevölkerung zielen.

* Systematic Coronary Risk Evaluation
** European Society of Cardiology

Quelle: Vinther JL et al. Eur J Prev Cardiol 2018; 25: 157–163

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