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Sicher betäuben – so gehts

Medikamente für die Lokal- und Regionalanästhesie gelten im Allgemeinen als sicher. Doch kann es – abgesehen von lokal unerwünschten Wirkungen auf Gewebe – gelegentlich zu örtlichen oder sogar systemischen Reaktionen kommen.
Anaphylaxie
Anaphylaktische Reaktionen treten bei den in der Praxis überwiegend verwendeten Amid-Lokalanästhetika (z.B. Lidocain, Prilocain) nur äußerst selten auf. Deutlich häufiger kommt es zu allergischen Reaktionen auf zugesetzte Konservierungsmittel. Sind diese ausgeprägt, sollte im Nachhinein eine allergologische Abklärung erfolgen, empfehlen PD Dr. Thomas Wiesmann vom Diakoneo Diak Klinikum Schwäbisch Hall und Kollegin.
Systemische Intoxikation
Eine potenziell lebensbedrohliche systemische Intoxikation mit Lokalanästhetika (LAST) tritt bei etwa 0,1 bis 0,2 % aller Regionalanästhesien auf. Von Bedeutung sind v.a. zerebrale und kardiale Manifestationen. Sie werden überwiegend durch Interaktionen der Lokalanästhetika (LA) mit spannungsabhängigen zellulären Natriumkanälen in ZNS- und Herzgewebe verursacht. Je lipophiler die Substanz, desto weniger genügt, um eine toxische Reaktion auszulösen. Bei Anwendung in Körperregionen mit hoher systemischer Resorption kann die zusätzliche Gabe von Epinephrin sinnvoll sein.
Bei einem LAST-Ereignis kommt es im ZNS zur Blockade von inhibitorischen, später auch exzitatorischen Regelkreisen. Entsprechend treten zunächst exzitatorische Symptome wie Schwindel, Hör- und Sehstörungen, Nuscheln und Verwirrung auf. Tremor und Myoklonien kündigen einen Krampfanfall an, im Verlauf drohen Koma, Atemdepression und Kreislaufdysregulation. Die kardialen Symptome umfassen u.a. Asystolie, Brady- oder Tachykardie bis hin zu Kammerflimmern und arterieller Hypotonie.
Im Ernstfall muss die Gabe des LA sofort gestoppt werden. Notfallmaßnahmen orientieren sich an den allgemeingültigen Leitlinien. Wichtig: die Sicherstellung einer ausreichenden Oxygenierung. Bei Krampfanfällen kommen z.B. Benzodiazepine oder Propofol infrage, bei ventrikulären Arrhythmien vorzugsweise Amiodaron. Eine erforderliche Reanimation muss substanzbedingt prolongiert fortgesetzt werden. In jedem Fall brauchen die Patienten hinterher eine mehrstündige Nachbeobachtung.
Im Fall einer schweren systemischen Intoxikation ist die intravenöse Gabe einer Lipidlösung indiziert. Sie führt nach aktuellem Kenntnisstand zu einer Umverteilung der LA aus kardialen und zerebralen in periphere Gewebe und hat darüber hinaus positive Effekte auf das Herz.
Lokale Gewebetoxizität
Nach prolongierten intraartikulären LA-Infusionen können Knorpelschäden auftreten. Hierbei scheint es sich um ein dosis- und substanzabhängiges Phänomen zu handeln, bei dem möglicherweise auch Faktoren wie das Patientenalter und eine Vorschädigung des Knorpels eine Rolle spielen. Intraartikuläre Einzelinjektionen scheinen dagegen unproblematisch zu sein.
Methämoglobinämie
Insbesondere bei (unsachgemäßer) Anwendung von Prilocain besteht das Risiko für eine Methämoglobinämie. Deshalb sind bei seiner Verwendung (auch topisch) die Dosierungsvorgaben unbedingt zu beachten.
Grundsätzlich sollten immer Equipment und Know-how für die Beherrschung von Zwischenfällen verfügbar sein. Während einer peripheren oder neuraxialen Regionalanästhesie ist ein Basismonitoring (EKG, RR, Sauerstoffsättigung) angeraten. Die Injektion erfolgt am besten fraktioniert unter Ultraschallkontrolle.
Quelle: Wiesmann T, Schubert A-K. internistische praxis 2022; 66: 145-153
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