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So funktionieren medikamentöse Vorbeugung und Notfallselbstbehandlung

Für den Aufenthalt in Malariagebieten mit hohem Übertragungsrisiko wird generell zur medikamentösen Prophylaxe geraten. Die Wahl des Medikaments hängt unter anderem von Ziel und Dauer der Reise ab sowie von der Jahreszeit.
Bei Reisen in Gebiete mit geringer Malariagefahr wird keine Chemoprophylaxe empfohlen. Ist ein Aufenthalt in eher abgelegenen Regionen geplant, kann dann aber eine notfallmäßige Selbstbehandlung verordnet werden. Sinnvoll ist dies bei Zielen, die mehr als 48 Stunden von der nächsten medizinischen Einrichtung mit der Möglichkeit zur Malariadiagnostik und -therapie entfernt liegen.
Zur Notfallselbstbehandlung reicht die dreitägige Einnahme von Atovaquon/Proguanil oder Artemether/Lumefantrin aus. Die Reisenden müssen nachdrücklich angewiesen werden, bei Fieber umgehend einen Arzt aufzusuchen. Dies gilt unabhängig vom lokalen Malariarisiko und ungeachtet der etwaigen Einnahme einer Prophylaxe, schreiben Dr. Camilla Rothe und Kollegen vom Ständigen Ausschuss für Reisemedizin (StAR) der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit (DTG).
Malaria tertiana radikal eradizieren
Malaria tertiana, hervorgerufen von Plasmodium vivax oder P. ovale, verläuft zwar weniger schwer als Infektionen mit P. falciparum, aber die Erreger können als Hypnozoiten in der Leber persistieren und noch Wochen bis Jahre später Rezidive auslösen. Im Gegensatz zu Atovaquon/Proguanil, Doxycyclin und Mefloquin beseitigen Primaquin und Tafenoquin die Erreger auch in diesem Ruhestadium. Beide Substanzen sind in Deutschland nicht zugelassen. Wegen der Hämolysegefahr ist vorab ein Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel auszuschließen.
Atovaquon/Proguanil
Die Fixkombination von Atovaquon und Proguanil eignet sich zur Prophylaxe und Therapie gleichermaßen, ebenso zur notfallmäßigen Selbstmedikation bei unkomplizierten Infektionen mit Plasmodium falciparum. Bei den anderen Malariaformen kann das Kombipräparat zur Akutbehandlung eingesetzt werden. Die Nebenwirkungen beschränken sich in der Regel auf leichte Übelkeit, Verdauungsstörungen und Kopfschmerzen.
Die Einnahme beginnt ein bis zwei Tage vor der Ankunft im Malariagebiet und endet sieben Tage nach Verlassen der Region. Die Prophylaxe mit Atovaquon/Proguanil ist somit besonders für Last-Minute- und Kurzreisen geeignet. Verschiedene Arzneistoffe wie Tetrazykline, Rifampicin, Rifabutin oder Metoclopramid können die Plasmaspiegel von Atovaquon senken, Proguanil kann die Wirkung von Cumarinderivaten steigern. Es ist daher sinnvoll, mit der Einnahme einige Tage früher als unbedingt erforderlich zu starten und vor Abreise die INR zu kontrollieren.
Wohldosiert auf Reisen gehen
Zur Malariachemoprophylaxe sind folgende Medikamente geeignet:
- Atovaquon/Proguanil: 1 Tablette pro Tag (250/100 mg) 1–2 Tage vor Reiseantritt bis 7 Tage nach Aufenthalt in einer Malariaregion, ab 40 kgKG
- Doxycyclin-Monohydrat: 100 mg/d 1–2 Tage vor bis 4 Wochen nach Aufenthalt im Malariagebiet
- Mefloquin: 1 Tablette pro Woche (250 mg), ab 90 kgKG 375 mg, ab 120 kgKG 500 mg, 1–3 Wochen vor bis 4 Wochen nach Aufenthalt im Malariagebiet
Mefloquin
Für Gebiete mit hohem Malariarisiko kann Mefloquin eingesetzt werden. Die Substanz ist in Deutschland nicht mehr auf dem Markt, nach wie vor aber zugelassen. Die wöchentliche Einnahme ist insbesondere für Kinder und Langzeitreisende von Vorteil. Mefloquin ist als einziger Wirkstoff zur Malariaprophylaxe bei Schwangeren freigegeben. Bei psychischen Nebenwirkungen wie akuten Angstzuständen, Verwirrtheit oder Depressionen muss das Medikament sofort abgesetzt werden.
Unerwünschte Effekte treten meist in den ersten zwei Wochen auf, weshalb sich zur Verträglichkeitskontrolle die erstmalige Anwendung drei Wochen vor Reiseantritt empfiehlt. Mefloquin ist bei sämtlichen psychiatrischen und vielen neurologischen Erkrankungen kontraindiziert.
Im Notfall selbst behandeln
Bei Reisen in entlegene Gebiete mit geringem Malariarisiko kann eine Notfallselbstbehandlung verordnet werden:
- Atovaquon/Proguanil: je 4 Tabletten als Einzeldosis (1000/400 mg) pro Tag, an drei aufeinander folgenden Tagen, ab 40 kgKG
- Artemether/Lumefantrin: 4 Tabletten initial (80/480 mg), dann jeweils 4 Tabletten nach 8, 24, 36, 48 und 60 Stunden, ab 35 kgKG
Doxycyclin
Als Alternative zu Atovaquon/Proguanil oder Mefloquin kommt Doxycyclin in Betracht. Formal ist es in Deutschland nicht zur Malariaprophylaxe zugelassen, wird aber wegen guter Wirksamkeit und Verträglichkeit von der WHO, zahlreichen Ländern und auch von den Experten der DTG empfohlen.
Nicht verordnet werden darf das Tetrazyklin Kindern unter acht Jahren, schwangeren und stillenden Frauen. Aufgrund der Phototoxizität ist es nicht Mittel der Wahl für Strand- und Badeurlaube. Wegen der geringeren gastrointestinalen Nebenwirkungen sollte Doxycyclin-Monohydrat gegenüber dem Doxycyclin-Hyclat bevorzugt werden. Übelkeit und Ösophagusreizung lassen sich durch die Einnahme mit reichlich Flüssigkeit vorzugsweise nach einer Mahlzeit (ohne Milchprodukte!) vermeiden. Doxycyclin kann die Wirkung von Insulin, Sulfonylharnstoffen und Cumarinderivaten verstärken, was eine Kontrolluntersuchung und möglicherweise eine Therapieanpassung vor Reiseantritt erforderlich macht.
Artemether/Lumefantrin
Die Fixkombination aus Artemether und Lumefantrin ist lediglich zur Malariatherapie und zur Notfallselbstbehandlung geeignet, nicht zur Prophylaxe. Kontraindikationen sind plötzlicher Herztod in der Familienanamnese oder eine Verlängerung des QTc-Intervalls, gleich ob angeboren oder arzneimittelinduziert. Kinder dürfen Artemether/Lumefantrin ab einem Körpergewicht von 5 kg erhalten.
Quelle: Rothe C et al. Flug u Reisemed 2022; 29: 144-182, DOI: 10.1055/a-1919-2660
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