So klappt die Ödemtherapie

Dr. Judith Lorenz

Ödeme am Knöchel sind besonders ausgeprägt, da die Bindegewebsschicht an dieser Stelle dünn ist. Gleiches gilt für das Schienbein. Ödeme am Knöchel sind besonders ausgeprägt, da die Bindegewebsschicht an dieser Stelle dünn ist. Gleiches gilt für das Schienbein. © Science Photo Library/Marazzi, Dr. P.

Bei Ödemen ist nach entsprechender Differenzialdiagnostik und Behandlung der eventuellen Grund­erkrankung in vielen Fällen eine Diuretikatherapie angezeigt. Doch die ist nicht immer von sofortigem Erfolg gekrönt. Ein Experte erklärt, wie man am besten nachjustiert.

Ödeme entstehen, wenn mehr Flüssigkeit in den interstitiellen Raum filtriert als abtransportiert wird und es dort zur Ansammlung kommt, erläutert Professor Dr. Mark Alscher vom Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart. Klinisch treten Ödeme ab einer Einlagerung von drei bis sechs Litern in Erscheinung. Die starken Schwellungen gehen häufig mit einem hohen Leidensdruck der Patienten einher.

Meist liegt eine gestörte Volumenhomöostase vor

Die Therapie orientiert sich an der Pathophysiologie der Problematik. Folgende Ursachen sind zu unterscheiden:

  • erhöhter hydrostatischer Druck mit vergrößertem Volumen aufgrund renaler Kochsalzretention (unter anderem durch Herzinsuffizienz oder Nieren­erkrankungen) oder venöser Obstruktion bzw. Insuffizienz (z.B. venöse Thrombose, postthrombotisches Syndrom) oder Vasodilatation der Arteriolen (z.B. Medikamente, idiopathisch)
  • Hypalbuminämie (z.B. Proteinverlust, reduzierte Albuminsynthese)
  • erhöhte Kapillarpermeabilität (z.B. Verbrennungen, Sepsis, Angioödeme)
  • lymphatische Obstruktion oder erhöhter interstitieller onkotischer Druck (z.B. Lymphaden­ektomie, Hypothyreose)
  • Medikamente mit unklarer Pathophysiologie (z.B. Antikonvulsiva, Zytostatika, Parkinsonmedikamente)

In der internistischen Praxis dominieren Krankheitsbilder mit erhöhtem hydrostatischem Druck bei Herzinsuffizienz und Nierenerkrankungen. In beiden Fällen ist die Volumenhomöostase gestört, der physiologische Regelmechanismus also außer Kraft gesetzt, erläutert Prof. Alscher. Dieser sieht normalerweise vor, dass bei vermehrter renaler Kochsalzresorption und dadurch bedingter Zunahme des extrazellulären Volumens entsprechende Rezeptoren aktiviert werden, die die renale Kochsalzausscheidung stimulieren. Auf diese Weise wird die Euvolämie wiederhergestellt. Im Krankheitsfall können Diuretika diese Funktion übernehmen: Sie steigern die renale Kochsalzausscheidung und werden daher auch „Saluretika“ genannt.

Ödeme bei Herzerkrankungen entstehen durch eine Beeinträchtigung der kardialen Pumpfunktion. Dabei muss man zwei Formen unterscheiden: Beim Vorwärtsversagen mit reduzierter Auswurffraktion kommt es zur Minderperfusion der Niere, mehr Kochsalz und Flüssigkeit werden resorbiert. Dies führt wiederum über die Ausdehnung des Interstitiums zur Ödembildung. Beim Rückwärtsversagen – insbesondere bei Rechtsherzinsuffizienz – steigt hingegen der zentralvenöse Druck und es kommt zu einer Volumenexpansion sowie zur Änderung der Hämodynamik an der glomerulären Filtrationsmembran. 

Maximal 3–5 g Kochsalz am Tag aufnehmen

Ödemen, die bei Nierenerkrankungen auftreten, können zwei verschiedene Mechanismen zugrunde liegen: eine Volumenexpansion bei Rückgang der glomerulären Filtrationsrate oder eine Hypalbuminämie (nephrotisches Syndrom).

In der Therapie von Ödemem gilt es, zunächst die Grunderkrankung zu behandeln und z.B. eine Verbesserung der kardialen Pumpfunktion zu erreichen. Alle Patienten mit kardialen und renalen Erkrankungen müssen zudem die Kochsalzzufuhr über die Nahrung reduzieren­ – eine der wesentlichen Maßnahmen zur Ödemmobilisation, so Prof. Alscher­. Er empfiehlt eine Aufnahme von maximal 3–5 g täglich. Ohne diese Kochsalzrestriktion können Diuretika ihre Wirkung nicht entfalten.

Diuretika stellen lediglich eine symptomatische Therapie dar und unterscheiden sich je nach Wirkort im Tubulussystem der Niere. Schleifen- und Thiaziddiuretika müssen zunächst glomerulär filtriert werden, um dann tubulär in der Niere wirken zu können. Aldosteronant­agonisten bzw. kaliumsparende Diuretika beeinflussen dagegen im spätdistalen Tubulus und in den proximalen Abschnitten der Sammelrohre die Natriumkanäle. Sie müssen nicht glomerulär filtriert werden.

Bei der Behandlung mit Diuretika geht es primär darum, eine effektive Dosierung zu finden. Stellt sich der gewünschte Therapieerfolg nicht vollständig ein, kann eine wirksame Einzeldosis auch mehrfach gegeben werden, so Prof. Alscher. In jeder Situation mit unzureichender Kochsalzausscheidung sei zudem eine sequenzielle Nephronblockade, also die gleichzeitige Gabe von zwei Diuretika mit verschiedenen Wirkorten, möglich. 

Die Kombination aller drei Diuretikagruppen sollte allerdings nur unter engster Überwachung von Volumen und Elektrolythaushalt erfolgen – nach Möglichkeit unter stationären Bedingungen. Als Ultima Ratio bei unzureichender Diurese könne die intravenöse Diuretika­gabe (ebenfalls nur stationär), die Behandlung mit Albumin sowie die Ultrafiltration (Dialyse) erwogen werden.

Quelle: Alscher MD. Internistische Praxis 2021; 64: 231-242

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Ödeme am Knöchel sind besonders ausgeprägt, da die Bindegewebsschicht an dieser Stelle dünn ist. Gleiches gilt für das Schienbein. Ödeme am Knöchel sind besonders ausgeprägt, da die Bindegewebsschicht an dieser Stelle dünn ist. Gleiches gilt für das Schienbein. © Science Photo Library/Marazzi, Dr. P.