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So lassen sich Organschäden vermeiden

Medikamentös induzierte Leberschäden gelten als häufigste Ursache eines Leberversagens in der westlichen Welt. „Wir Gastroenterologen nennen das drug-induced liver injury, kurz DILI“ erklärte Prof. Dr. Christoph Sarrazin, Chefarzt am St. Josefs Hospital in Wiesbaden. Als mögliche Auslöser kommen verschiedene Wirkstoffe infrage. Ob NSAR, DMARD oder Glukokortikoide –alle in der Rheumatologie eingesetzten Medikamente können Nebenwirkungen in der Leber hervorrufen, betonte der Experte.
Hepatologen unterscheiden bei den DILI zwei Klassen. Intrinsische DILI sind dosisassoziiert, d.h., hoch genug dosiert zwingt man mit dem Medikament jede Leber in die Knie. Klassisches Beispiel ist Paracetamol: „Gibt man davon 6 g, macht man die Leber kaputt“, verdeutlichte Prof. Sarrazin die Situation. Neben Paracetamol gehören aus dem Bereich der Schmerz- und Rheumatherapie auch Methotrexat und Ciclosporin zu den Wirkstoffen, bei denen eine intrinsische Leberschädigung droht. Oder, positiv formuliert, bei denen der Leberschaden durch eine adäquate Dosierung vermieden werden kann.
Medikamentöse Leberschädlinge (Auswahl) | |
---|---|
Intrinsische Schädigung durch: | Idiosynkratische Schädigung durch: |
Paracetamol, Methotrexat, Cyclosporin | Diclofenac, Allopurinol, Leflunomid |
Viel häufiger als intrinsische sind jedoch idiosynkratische Leberschäden. Bei ihnen lässt sich nicht vorhersagen, bei welchem Patienten eine Substanz der Leber zusetzt und ab welcher Dosis, bzw. zu welchem Zeitpunkt. Theoretisch wäre laut Prof. Sarrazin eine gewisse Vorhersage möglich, da es einige assoziierte Polymorphismen im HLA-Bereich gibt. Aber diese korrelieren nicht zu 100 %, außerdem stehen entsprechende Tools für die Praxis nicht zur Verfügung.
Zu den Auslösern idiosynkratischer Leberschäden gehören u.a. die in der Rheumatologie eingesetzten Wirkstoffe Diclofenac, Leflunomid sowie das Urikostatikum Allopurinol. Des Weiteren gehen etwa 15 % der Leberschäden auf Kräuter und Nahrungsergänzungsmittel zurück. Typisches Beispiel für Letztere sind die häufig von jungen Männern konsumierten Muskelaufbaupulver.
Ob sich eine idiosynkratische Leberschädigung manifestiert, hängt von verschiedenen Voraussetzungen ab. Dazu gehören neben genetischen Komponenten wie HLA-Polymorphismen auch das weibliche Geschlecht, ein höheres Alter, Alkoholkonsum, begleitende Erkrankungen wie Fettleber oder Diabetes sowie immunmodulierende Faktoren. Auch die Dosierung ist von Bedeutung. Prof. Sarrazin weist diesbezüglich auf eine goldene Regel hin: „Wenn man – egal von welchem Medikament – weniger als 100 mg pro Tag verordnet, ist eine idiosynkratische Leberschädigung sehr unwahrscheinlich“.
Bei einer medikamenteninduzierten Lebertoxizität hilft nur eins: Den auslösenden Wirkstoff sofort absetzen. Allein dadurch bessern sich die Werte nach Tagen – manchmal allerdings auch erst nach Wochen oder Monaten.
Keine Leberpanik unter Methotrexat
Bei Hepatologen besonders gefürchtet ist Methotrexat (MTX), berichtete Prof. Sarrazin. Noch 1998 wurde empfohlen, ab einer kumulativen Dosis von 1 g zur Überprüfung die Leber zu punktieren und dies jeweils bei Erreichen von 3 g und 4 g zu wiederholen. Lagen zusätzliche Risikofaktoren vor, sollten MTX-Behandelte schon in den ersten Monaten der Therapie ein erstes Mal biopsiert werden. „Ich glaube, wir sind uns einig, dass man ein solches Vorgehen heutzutage keinem Patienten mehr beibringen kann“, sagte Prof. Sarrazin.
Dass dies zudem unnötig ist, belegt ein aktuelles Review zur Lebertoxizität von MTX. Die Auswertung umfasst Daten von mehr als 1.626 Patienten mit RA, Psoriasisarthritis oder M. Crohn, die bis zu 20 Jahre lang MTX eingenommen hatten. Leichte Leberwerterhöhungen waren sehr häufig und wurden sogar als Compliance-Parameter genutzt, berichtete Prof. Sarrazin. Bei etwa 20 % der Nutzer stiegen die Leberwerte auf das Doppelte der Norm und mehr an. Abgebrochen haben die MTX-Therapie aufgrund erhöhter Leberwerte allerdings nur 4 % der Patienten.
Wichtiger als die Leberwerte sind jedoch etwaige MTX-bedingte strukturelle Auswirkungen auf das Organ. Die Analyse ergab, dass MTX zwar das Fibroserisiko um 13–34 % erhöhte. Eine Zirrhose zeigte sich aber nur in bis zu 6 % der Fälle. Kumulative Dosis und Dauer der MTX-Therapie waren keine Risikofaktoren für die Entwicklung einer Leberzirrhose. Stattdessen schlugen bekannte Faktoren wie Alkoholkonsum, Adipositas und Fettleber zu Buche. MTX ist also vor allem in Kombination mit anderen Risikofaktoren gefährlich, meinte Prof. Sarrazin. Dies sorge zwar nicht für Entwarnung, eine Leberpanik sei unter MTX aber auch nicht nötig. Sinnvoll ist in jedem Fall, bei Patienten unter einer MTX-Dauertherapie die Leber mittels Fibroscan im Auge zu behalten.
Cholestyramin und Steroide in spezifischen Fällen
Für einige Fälle gibt es zudem spezifische Therapien. Zirkulieren Substanzen im enterohepatischen Kreislauf (z.B. Leflunomid), beschleunigt Cholestyramin die Entgiftung. Auf diese Weise wird das toxische Agens nicht immer wieder durch die Leber geschleust. Bei Paracetamol ist N-Acetylcystein der klassische Antagonist. Bei immunvermittelten DILI (z.B. durch Checkpoint-Inhibitoren) helfen Steroide, und liegt ein cholestatisches Bild vor, gibt man Ursodeoxycholsäure.
Kongressbericht: 18. Rheumatologie-Update-Seminar
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