Standardtherapien reichen bei bestimmten Melanom-Subtypen nicht

EADO 2023 Dr. Daniela Erhard

Bei kutanen Melanomen haben Patient:innen mittlerweile eine deutlich bessere Prognose als noch vor einigen Jahren. Bei anderen Subtypen zeichnet sich dieser Fortschritt jedoch nicht ab. Bei kutanen Melanomen haben Patient:innen mittlerweile eine deutlich bessere Prognose als noch vor einigen Jahren. Bei anderen Subtypen zeichnet sich dieser Fortschritt jedoch nicht ab. © magele-picture – stock.adobe.com

Bei Melanomen denken viele zuerst an kutane Tumoren. Dass sie auch im Auge oder an nicht sonnenexponierten Stellen vorkommen können, wird selbst in Studien oft vernachlässigt. Wirksame Medikamente gibt es bei uvealen, mukosalen oder akrolentiginösen Melanomen bislang kaum.

Patientinnen und Patienten mit Melanomen haben mittlerweile eine deutlich bessere Prognose als noch vor einigen Jahren – zumindest, wenn es sich um kutane Melanome handelt. Bei anderen Subtypen, wie Aderhautmelanomen oder Melanomen an den Akren bzw. Schleimhäuten, zeichnet sich dieser Fortschritt nicht ab, wie Expertinnen und Experten auf dem EADO 2023 in Rom deutlich machten. Die Ansprechraten unter Chemotherapie, Kinase-Inhibitoren oder Checkpoint-Blockade hätten bislang enttäuscht, so ihre übereinstimmende Bewertung.

Die Gründe dafür sind unbekannt. Bei uvealen Melanomen könnte, wie Prof. Dr. ­Carola Berking­ von der Hautklinik des Uniklinikums Erlangen erklärte, das Immunprivileg des Auges eine Rolle spielen. Zudem exprimierten diese Tumoren oft weniger PD-L1 als kutane Melanome und wiesen deutlich geringere Mutationsraten auf. Eigenschaften, die – nach Aussage von Prof. Dr. ­Lidija ­Kandolf – ebenfalls auf die akrolentiginösen und mukosalen Melanome zutreffen. Auch die Dermatologin von der Militärmedizinischen Akademie in Belgrad vermutete hier einen Zusammenhang mit den schlechten Ansprechraten und der kürzeren Überlebensdauer und machte deutlich: „Wir brauchen etwas, das über die Standardtherapien hinausgeht.“

Tripel-Kombi mit hoher Ansprechrate

Basierend auf vorläufigen Ergebnissen sah sie für die Melanome an Akren und Mukosa Kombinationen aus Checkpoint-Inhibitoren plus Tyrosinkinase-Inhibitoren oder Zytostatika als Schlüssel zum Erfolg. So habe man mit einer Tripel-Kombi aus Camrelizumab, Apatinib und Temozolomid eine objektive Ansprechrate von 66,7 % und eine Krankheitskontrollrate von fast 92 % erreicht – bei einem medianen progressionsfreien Überleben von 18,4 Monaten und einem Einjahres-Überleben von knapp 92 %. Im adjuvanten und neoadjuvanten Setting beschrieb Prof. Kandolf den Effekt von Ipilimumab plus Nivolumab sowie Toripalimab plus Axitinib als ermutigend.

Vielversprechend beim uvealen Melanom ist der Wirkstoff Tebentafusp. Das Molekül verbindet T-Zellen mit Tumorzellen, allerdings nur, wenn die Betroffenen das HLA-A*02:01-Allel besitzen. Tebentafusp habe daher bei etwa der Hälfte der Patient:innen eine Chance zu wirken, sagte Prof. Dr. ­Paul ­Nathan, Mediziner und Immunologe am Mount Vernon Cancer Centre, North­wood. In den Studien mit der Substanz erkannten er und seine Kolleg:innen frühe Signale für ein dauerhaftes Ansprechen. Die Zweijahres-Überlebenswahrscheinlichkeit liege bei 35–40 %. Interessant: „Wir sahen keine große Zytoreduktion“, erklärte der Wissenschaftler. Dafür beobachteten sie einen Zusammenhang zwischen der Abnahme von zirkulierender Tumor-DNA und dem Gesamtüberleben: Reduzierte sich die ctDNA während der Therapie um mehr als 99,9 %, sank das Sterberisiko um drei Viertel. „Eine größere Assoziation als die von radiologischem Progress und OS-Benefit.“

Dass die ctDNA-Level im Blut gut mit der Rate an kompletten oder partiellen Remissionen korrespondieren, konnte auch der Hamburger Dermatologe Prof. Dr. ­Christoffer ­Gebhardt vom Universitätsklinikum Eppendorf bestätigen. Seiner Ansicht nach könnten die Nukleinsäuren außerdem helfen, das Risiko für Rückfälle vorherzusagen, Rezidive frühzeitig zu erkennen und ggf. die Therapiestrategie zu ändern. So hätten er und sein Team festgestellt, dass die Melanom-ctDNA schon 110 Tage eher erhöht war, bevor eine Therapieresistenz auch radiologisch auffiel. Aus seiner Praxis demonstrierte er zudem ein Beispiel, in dem ein Patient aufgrund der ctDNA-Analyse erfolgreich von einer wirkungslosen Checkpoint-Inhibition auf Tebentafusp wechseln konnte und darauf komplett ansprach. Prof. ­Gebhardt war sich aber sicher, dass es am Ende nicht nur auf die ctDNA­, sondern eine Zusammenschau vieler Marker ankomme.

Einen Überblick über weitere relevante Ziele gab hier Prof. Dr. ­Andrew ­Aplin vom Sidney Kimmel Cancer Center in Philadelphia. So hätten neun von zehn uvealen Melanomen eine aktivierende Mutation im GNAQ- oder GNA11-Gen – eine Eigenschaft, bei der nach seiner Aussage Kombinationen aus MEK-Inhibitor plus FAK- oder TEAD-Inhibitor das Zellwachstum besser unterdrücken als die einzelnen Komponenten. Resistenzen gegenüber BET-Inhibitoren könnten auf den Wachstumsfaktor FGF2 zurückgehen. Greife man diesen Signalweg an, erklärte der Biochemiker, reduziere sich das Wachstum der uvealen Melanomzellen. Bislang stammen diese Erkenntnisse jedoch aus Laborversuchen. Der Transfer in die Klinik steht noch aus.

Quellen:
Berking C. et al. 19th EADO Congress; Symposium „Uveal, mucosal and acral melanomas“

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Bei kutanen Melanomen haben Patient:innen mittlerweile eine deutlich bessere Prognose als noch vor einigen Jahren. Bei anderen Subtypen zeichnet sich dieser Fortschritt jedoch nicht ab. Bei kutanen Melanomen haben Patient:innen mittlerweile eine deutlich bessere Prognose als noch vor einigen Jahren. Bei anderen Subtypen zeichnet sich dieser Fortschritt jedoch nicht ab. © magele-picture – stock.adobe.com