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Was gegen Hirnmetastasen hilft

Mit der Entwicklung neuer Therapien haben sich die Aussichten für Patient:innen mit fortgeschrittenem Melanom deutlich verbessert. Zum Beispiel durch die Checkpoint-Inhibitoren Nivolumab und Ipilimumab: „Wir wissen durch Langzeitdaten aus CheckMate 067, dass uns eine Nivo/Ipi-Kombination ein medianes Überleben von 72 Monaten bringen kann“, sagte Prof. Dr. Dr. Hussein Tawbi vom MD Anderson Cancer Center in Houston. Auch weitere Substanzen hätten großen Einfluss auf die Progression fortgeschrittener Hauttumoren und das Überleben der Patient:innen. Insgesamt, so der Experte, hätten fast 8.000 Erkrankte an den entscheidenden klinischen Studien teilgenommen – nur befand sich keine einzige Person mit Hirnmetastasen darunter.
ZNS-Filiae stellen meist ein Ausschlusskriterium für eine Teilnahme an wissenschaftlichen Studien dar. Dabei müssten nicht-vorbehandelte Hirnmetastasen ein Einschlusskriterium sein, um hierfür wirksame Therapien zu testen, betonte Prof. Tawbi. Inzwischen gebe es einige Phase-2-Studien, die dies berücksichtigten – allerdings nur mit insgesamt 840 Teilnehmenden.
Nicht alle Untersuchungen verliefen positiv. So brachte die Kombination aus Dabrafenib plus Trametinib im COMBI-MB-Trial nicht den gewünschten Effekt. Man habe zwar ein häufiges und schnelles intrakranielles Ansprechen beobachtet, erklärte Prof. Tawbi. Dieses sei jedoch nur von kurzer Dauer gewesen und die Erkrankung sei rasch intrakranial, bei einem Viertel der Patient:innen auch extrakranial vorangeschritten. „Wir hemmen den MAP-Kinase-Pathway im Gehirn nicht ausreichend“, fasste er das Ergebnis zusammen. Auch Monotherapien mit Ipilimumab oder Pembrolizumab verliefen seinem Bericht nach nicht vielversprechend.
Anders die Kombi aus Nivolumab und Ipilimumab, welche in CheckMate 204 getestet wurde. Hier sprach die Hälfte der Behandelten bereits innerhalb von 1,6 Monaten an. Zudem bewertete Prof. Tawbi das Ansprechen als relativ lang anhaltend. Wichtig sei, dass eine schnelle Response auch für exzellente Überlebenschancen stehe: „Wenn man ein intrakraniales Ansprechen innerhalb von zwölf Wochen erreicht, liegt das Überleben asymptomatischer Patient:innen nach 36 Monaten bei 92 %.“ Eine weitere Kombination, von der sich der Experte wichtige Erkenntnisse verspricht, ist das Duo Nivolumab plus Relatlimab. Hier teste man in einer kleinen Studie mit 30 Teilnehmenden nun, ob sie sich im Gehirn als genauso wirksam und sicher erweise wie außerhalb.
Problematisch bleibt aber die Behandlung von Betroffenen mit symptomatischen Hirnmetastasen, die eine Steroidtherapie erhalten. Hier gebe es weiterhin einen ungedeckten Bedarf, bedauerte der Onkologe. Denn in allen bisherigen Studien hätten diejenigen mit Steroiden wesentlich schlechter abgeschnitten. „Bei Hirnmetastasen sind Steroide unser Feind“, lautete Prof. Tawbis Fazit. Gebe man sie vor einer Immuntherapie, hätten die Patient:innen ein 4-mal höheres Risiko für eine Progression und ein 5,5-fach höheres Risiko zu sterben. „Entscheidend ist, zu klären, wie man sie weglassen kann.“
In diesem Zusammenhang wies Prof. Tawbi darauf hin, dass meist nur ein bis zwei Läsionen die Symptome verursachten. Eine Idee wäre also, sich auf diese zu fokussieren. Als geeigneten Versuch, Steroide zu vermeiden, nannte er das chirurgische Entfernen dieser Metastase(n), wie es auch in einer Studie schon erfolgreich getestet wurde. Infrage kam für den Experten auch die stereotaktische Radiochirurgie (SRS). Sie sei effektiv und sicher, und es gebe Hinweise, dass sie synergistisch mit Immuntherapien wirken könne. Zum möglichen Risiko für symptomatische Nekrosen unter SRS plus Checkpoint-Blockade (ICI) bemerkte er, dass dies vor allem von der Zahl der bestrahlten Läsionen, deren Größe und der Strahlendosis abhänge. All das lasse sich gerade durch die ICI reduzieren.
Als weitere Option zur Steroidreduktion schätzte Prof. Tawbi den Ansatz ein, mithilfe zielgerichteter Therapien zusätzlich zur ICI das Auftreten von Hirnmetastasen frühzeitig zu unterbinden. Dabei bezog er sich auf Daten aus der SECOMBIT-Studie. Daneben erwähnte er mit TRICOTEL eine Studie, in der von Beginn an die Steroide mitberücksichtigt wurden und bei einem Teil der Patient:innen auch reduziert oder abgesetzt werden konnten.
Aber auch darüber hinaus scheint sich für Patient:innen mit ZNS-Metastasen etwas zu tun: Prof. Tawbi stellte mehrere Studien vor, in denen es mit Triple-Kombinationen aus PD-(L)1-, MEK- und BRAF- bzw. VEGF-Inhibitoren gelungen war, selbst bei vorbehandelten Erkrankten vielversprechende Ansprechraten und progressionsfreie Überlebenszeiten zu erzielen.
Angesichts der oft unklaren Lage, wie man Melanompatient:innen mit Hirnmetastasen am besten behandelt, riet der Experte eindringlich dazu, solche Fälle immer im Team mit allen beteiligten Disziplinen zu besprechen – um herauszufinden, welche Metastasen Beschwerden verursachen, ob und wie sie entfernt werden können und wie im Anschluss verfahren werden kann.
Viele (Forschungs-)Fragen lassen sich nach Ansicht Prof. Tawbis aber nur auf internationalem Level beantworten. Aus diesem Grund entstand das „Consortium for Intracranial Metastasis Academic Research“ (CIMARa). An ihm beteiligen sich aktuell über 100 Personen weltweit. Sie setzen sich für die Forschung im Bereich der Hirnmetastasen ein und versuchen unter anderem, die Datensammlung sowie Endpunkte in klinischen Studien zu harmonisieren und hier einen gemeinsamen Konsens zu schaffen.
Quelle: Tawbi H. 20th EADO Congress; Keynote Lecture „How to treat melanoma brain metastases“
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