Stellenwert bei HR+/HER2- MBC in der Erstlinie infrage gestellt

ASCO 2023 Birgit-Kristin Pohlmann

Studienergebnisse stellen eine endokrin-basierte Kombination mit einem CDK4/6-Inhibitor in der Erstlinie des HR+/HER2- fortgeschrittenen Mammakarzinoms  infrage. Studienergebnisse stellen eine endokrin-basierte Kombination mit einem CDK4/6-Inhibitor in der Erstlinie des HR+/HER2- fortgeschrittenen Mammakarzinoms infrage. © ronstik – stock.adobe.com

Die meisten Leitlinien empfehlen eine endokrin-basierte Kombination mit einem CDK4/6-Inhibitor als Mittel der Wahl in der Erstlinie des HR+/HER2- fortgeschrittenen Mammakarzinoms. Die ersten Ergebnisse der Phase-3-Studie SONIA stellen dieses Vorgehen jedoch infrage

Die Phase-3-Studie SONIA wurde nicht durch Drittmittel finanziert. „Unser Ziel war es, den optimalen Einsatz von CDK4/6-Inhibitoren beim HR+/HER2- fortgeschrittenen Mammakarzinom zu untersuchen“, erläuterte Prof. Dr. Gabe S. Sonke, The Netherlands Cancer Institute, Amsterdam. Bislang gebe es keine Daten zu direkten Vergleichen beim First- bzw. Second-Line-Einsatz. 

Während das mediane PFS unter Erstlinie mit dem CDK4/6-Inhibitor signifikant länger war (24,7 Monate vs. 16,1 Monate; HR 0,59; p < 0,0001), zeigte sich beim medianen PFS2 nach der Zweitlinie nur noch ein numerischer Vorteil von 31,0 Monaten vs. 26,8 Monate (HR 0,87; p = 0,10). Offensichtlich, so Prof. Sonke, habe der second-line eingesetzte CDK4/6-Inhibitor den PFS-Unterschied nach der Erstlinie kompensiert. Konsistente Daten existierten in den Subgruppen. 

First-Line-Einsatz von CDK4/6-Inhibitoren hinterfragen

Die OS-Daten seien noch nicht reif, deuteten aber in die gleiche Richtung: Das mediane OS der Patient:innen, die den CDK4/6-Inhibitor first-line erhalten hatten, betrug zum Auswertungszeitpunkt 45,9 Monate im Vergleich zu 53,7 Monaten in der Zweitlinie (HR 0,98; p = 0,83). Ebenfalls keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Studienarmen bestanden bei der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (HRQoL: FACT-B-Gesamtscore: p = 0,4). Die Erstlinie ging laut dem Referenten mit mehr Grad-3/4- Nebenwirkungen einher und war aufgrund der längeren Therapiedauer im First-Line-Setting teurer. 

Studiendesign

1.050 prä- und postmenopausale Patient:innen mit therapienaivem HR+/HER2- fortgeschrittenem Brustkrebs wurden randomisiert. Die eine Gruppe erhielt in der Erstlinie den CDK4/6-Inhibitor plus einen nicht-steroidalen Aromatasehemmer (NSAI) und in der Zweitlinie ausschließlich Fulvestrant. Die andere Gruppe hingegen bekam in der Erstlinie nur einen NSAI und erst nach Progress den CDK4/6-Hemmer ergänzt durch Fulvestrant. Primärer Studienendpunkt war das progressionsfreie Überleben nach der Second-Line (PFS2). 

Beide Studienarme waren gut balanciert: Mehrheitlich handelte es sich um postmenopausale Patient:innen (86–87 %). Knapp die Hälfte war (neo)adjuvant endokrin vorbehandelt, 40 % hatten bereits eine (neo)adjuvante Chemotherapie erhalten. Fast alle Erkrankten (91 %) erhielten den CDK4/6-Inhibitor Palbociclib. Nach einem medianen Follow-up von 37,3 Monaten betrug die mediane Dauer der CDK4/6-Inhibitor-Therapie im First-Line-Setting 24,6 Monate und 8,1 Monate im Rahmen der Second-Line-Therapie.

Laut Prof. Sonke sei somit der First-Line-Einsatz der CDK4/6-Inhibitoren als grundsätzliche Empfehlung zu hinterfragen. Auch die rein endokrine Therapie sei eine gute Erstlinienoption. Diskutant Prof. Dr. Daniel G. Stover, The Ohio State University Comprehensive Cancer Center, Columbus, war zurückhaltender: Immer mehr Daten belegen, dass die CDK4/6-Inhibitoren untereinander nicht austauschbar seien. Gut 90 % der Patient:innen hatten in der SONIA-Studie Palbociclib erhalten. 

Zu diskutieren sei zudem, wie die optimale Zweitlinie beim HR+/HER2- fortgeschrittenen Mammakarzinom aussehe. Die therapeutische Situation werde hier unter Beachtung von Mutations- und Resistenzentwicklungen immer komplexer. Wahrscheinlich gebe es Personen, die mit einer rein endokrinen Erstlinie gut behandelt seien, aber es fehlten Biomarker, um diese Patient:innen besser definieren zu können.

Quelle:
Sonke GS et al. 2023 ASCO Annual Meeting; LBA1000

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Studienergebnisse stellen eine endokrin-basierte Kombination mit einem CDK4/6-Inhibitor in der Erstlinie des HR+/HER2- fortgeschrittenen Mammakarzinoms  infrage. Studienergebnisse stellen eine endokrin-basierte Kombination mit einem CDK4/6-Inhibitor in der Erstlinie des HR+/HER2- fortgeschrittenen Mammakarzinoms infrage. © ronstik – stock.adobe.com