
Strategien für das metastasierte Ösophagus- oder Magenkarzinom nach Chemo- und Immuntherapie

„Wir haben durch die Immuntherapie sehr viel gutes Ansprechen und eine Erweiterung der Chemotherapie, weil durch letztere die Immunantwort aktiviert wird“, sagte Prof. Dr. Markus Möhler, Universitätsmedizin Mainz mit Blick auf Erkrankte mit metastasierten Magen - und Ösophaguskarzinomen. „Wir können dadurch eine Lebensverlängerung anbieten und vielleicht auch eine Heilung.“ In seinem Zentrum wurden über 40 Personen in die CheckMate-649 Studie eingebracht. „Heute, nach etwa fünf Jahren, leben noch fünf trotz ihrer metastasierten Erkrankung“, betonte der Referent. Doch nicht alle profitieren gleichermaßen von Erhaltungsstrategien.
Eine Erhaltungstherapie wurde bereits für Betroffene mit metastasiertem HER2-Adenokarzinom des Magens nach Chemotherapie etabliert. Voraussetzung war mindestens eine stabile Erkrankung (SD) oder ein Ansprechen auf die Chemo. Die Erhaltung mit dem oralen Fluoropyrimidin S-1 führte in der MATEO-Studie zu einem ähnlichen PFS und OS wie die Fortsetzung der platinbasierten Chemotherapie. Gleichzeitig wurde die Häufigkeit von peripheren sensorischen Neuropathien des Grads 2–4 von 40 % in der Kontrolle auf 10 % im Prüfarm gesenkt. „Das war ein klares Signal“, sagte Prof. Möhler. Man könne die Chemotherapie einsparen und einfacher behandeln.
Kombinationstherapie für Erstlinie zugelassen
Für die Erstlinie des fortgeschrittenen Adenokarzinoms von Ösophagus, gastroösophagealem Übergang (GEJ) und Magen wurde die Kombination von Nivolumab und Chemotherapie basierend auf der Studie CheckMate-649 zugelassen. Die europäische Zulassung ist dabei auf Betroffene mit einer nachweisbaren Expression des Biomarkers PD-L1 (CPS ≥ 5) beschränkt. Die analoge Indikation gilt nach der KEYNOTE-590-Studie für die Zulassung von Pembrolizumab plus Chemotherapie mit einem etwas höheren CPS-Wert (≥ 10). Sowohl in CheckMate-649 als auch in KEYNOTE-590 war in der Gruppe von Patient:innen mit PD-L1-Expression ein gutes Ansprechen mit einem besseren OS assoziiert. In einer Post-hoc-Landmarkanalyse der CheckMate-649-Studie lebten etwa 50 % der Teilnehmenden mit komplettem (CR) oder partiellem Ansprechen (PR) auf die Kombination drei Jahre und länger und konnten dabei die Chemotherapie häufig reduzieren, sagte Prof. Möhler. Selbst im Fall einer SD als bestem Ansprechen betrug die drei-Jahres-Überlebensrate noch 20 %. „Das war ein Hinweis, die gut ansprechenden Patient:innen mit einer Erhaltungstherapie zu versorgen“, meinte er.
Partizipative Entscheidung fördern
Prof. Möhler hob angesichts der derzeit noch unklaren Situation in der Erhaltungstherapie die ethische Verantwortung hervor, die behandelnde Ärzt:innen in der modernen Krebsmedizin haben. Er berichtete, dass die Deutsche Krebshilfe ein interdisziplinäres Projekt „Eskalation, Erhaltung oder Enthaltung“ bei gynäkologischen und gastrointestinalen Tumoren fördert. „Wir wollen das Wohl der Betroffenen, ihre Werthaltungen und Bedürfnisse partizipatorisch berücksichtigen und gemeinsam mit Krebspatient:innen lebensweltlich fundierte Strategien entwickeln“, beschrieb er das Ziel des Kooperationsprojekts.
In der Studie JAVELIN Gastric100 erreichten Erkrankte ohne Progress nach einer platinbasierten Chemotherapie mit einer Avelumab-Erhaltung zwar keinen signifikanten Überlebensvorteil gegenüber der Fortsetzung der Chemotherapie oder einer bestmöglichen supportiven Behandlung. Eine explorative Analyse zeigte aber, dass diejenigen mit PD-L1-Expression (CPS ≥ 1, 64 % der Teilnehmenden) durchaus profitierten – ein weiterer Hinweis, dass eine gut definierte Subgruppe für die Erhaltungstherapie infrage kommt. Die optimalen Biomarker sind aber noch zu etablieren. Laut Prof. Möhler kommen beispielsweise Mikrosatelliteninstabilität, PD-L1-Expression, Tumormutationslast oder Ätiologie (Epstein-Barr-Virus-Infektion) infrage.
Welche Strategie bei mindestens erreichter SD nach 18–24 Wochen unter einer Erstlinien-Platin-Fluoropyrimidin-Chemotherapie die günstigste ist, prüft aktuell die randomisierte Studie PLATFORM. Eingesetzt werden Capecitabin, Durvalumab, Rucaparib, Capecitabin plus Ramucirumab oder ein alleiniges Monitoring. In einer ersten Auswertung wurde kein Überlebensvorteil für die Erhaltung mit Durvalumab gegenüber dem reinen Monitoring beobachtet. Es gab eine Subgruppe, die von der Immuntherapie profitierte, die aber nicht durch die PD-L1-Expression definiert war.
Quellen:
Möhler M. DKK 2022; Vortrag „Palliative Chemo sparen – Erhaltung mit Immuntherapie?“
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