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Strategien für mehr Therapietreue gegenüber GLP1-Analoga

Die Diabetestherapie mit GLP1-Rezeptoragonisten muss bekanntlich lebenslang erfolgen. Doch die Abbrecherquoten scheinen hoch zu sein. Wie hält man Patientinnen und Patienten dauerhaft bei der Spritze?
Neuere Substanzen wie Semaglutid und das duale Inkretinmimetikum Tirzepatid, das GLP1/GIP*-agonistisch wirkt, können das Körpergewicht um 10–20 % verringern. In großen Outcome-Studien haben GLP1-Rezeptoragonisten das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse bei Patientinnen und Patienten mit chronischer Nierenerkrankung, vorbestehender kardiovaskulärer Erkrankung und Adipositas mit und auch ohne Diabetes signifikant gesenkt.
Nachdem Semaglutid 2017 und Tirzepatid 2022 in den USA zugelassen wurden, stieg dort die Zahl der damit behandelten Menschen explosionsartig an, berichtet Dr. Sadiya Khan von der Universität Chicago. Entsprechend haben die Medicare-Ausgaben für hochpotente GLP1-Agonisten von 2018 bis 2022 um den Faktor 100 zugenommen. Aber wie so häufig ging auch dieser medizinische Fortschritt an den sozial benachteiligten Menschen mit ihrem vergleichsweise hohen kardiovaskulären Risiko weitgehend vorrüber, schreibt die Kardiologin. In der Folge haben Gesundheitsfachleute Modelle vorgeschlagen, die für eine gerechtere Verteilung der Medikamente sorgen sollen.
Die Abbrecherquote nach einem Jahr liegt bei 50–75 %
Zu wenig beachtet wird aus Sicht der Autorin bisher jedoch ein ganz anderes Problem: Die Substanzen müssen zusammen mit gesünderer Ernährung und mehr körperlicher Aktivität dauerhaft angewendet werden, um den beschriebenen Nutzen auch wirklich erbringen zu können. Die Praxis zeige jedoch ein anderes Bild. So hatten nach einem Jahr bereits 50–75 % der Menschen, die in den USA eine Therapie mit GLP1-Agonisten begonnen hatten, die Behandlung wieder abgebrochen. Selbst in der klinischen Studie SELECT mit Semaglutid lag diese Quote bei 30 %.
Das Absetzen von GLP1-Agonisten ist problematisch. Studien haben gezeigt, dass die positiven Effekte nach Ende der Therapie rasch verloren gehen. Das Körpergewicht steigt schnell wieder an, kardiometabolische Parameter wie Blutglukosespiegel, Blutdruck und Cholesterinwerte verschlechtern sich. Ob es auch mit Blick auf das kardiovaskuläre Risiko negative Auswirkungen gibt, ist unklar, erscheint aber wahrscheinlich. Gerade vor dem Hintergrund der hohen Kosten für diese Medikamente ist es fatal, wenn das Geld möglicherweise unnötig ausgegeben wird.
Angesichts der hohen Abbrecherquoten sollte weiter geprüft werden, ob schon eine kurzfristige Therapie mit GLP1-Agonisten nachhaltige Effekte hat, meint Dr. Khan. Es bedürfe Strategien, die die Therapietreue gegenüber den Medikamenten steigern. Menschen, die mit ihnen beginnen, müssen z. B. erfahren, dass gastrointestinale Nebeneffekte nach wenigen Monaten verschwinden. Und sie brauchen die Info, dass sie unweigerlich wieder an Gewicht zulegen, wenn sie die Therapie beenden.
Auch strukturelle Probleme in den Gesundheitssystemen gilt es zu lösen, damit GLP1-Agonisten in der Praxis breiter eingesetzt werden können, fordert die Autorin. Wünschenswert sei etwa die Kostenübernahme durch die Krankenversicherungen mit weniger Restriktionen. Der Zugang zu den GLP1-Agonisten für Menschen ohne Diabetes, die Gewicht verlieren möchten, müsse erleichtert werden. Wären die Medikamente billiger und Lieferketten gesichert, könnten die Substanzen erschwinglicher und dauerhaft verfügbar werden.
* Glucagon-like Peptide-1/glukoseabhängiges insulinotropes Polypeptid
Quelle: Khan SS et al. JAMA 2024; 333: 113-114; doi: 10.1001/jama.2024.22284
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