Strukturiert zur Diagnose

Dr. Melanie Söchtig

Leitsymptome, die den Arzt zwangsläufig an die Darmerkrankung denken lassen, gibt es nicht. Leitsymptome, die den Arzt zwangsläufig an die Darmerkrankung denken lassen, gibt es nicht. © iStock/dragana991

Nicht zuletzt aufgrund des variablen Erscheinungsbildes wird eine Zöliakie oft erst spät – oder auch überhaupt nicht – erkannt. Für den Nachweis braucht man Serologie und Histologie. Wie genau das strukturierte Vorgehen aussieht, erklären Experten in der aktualisierten Leitlinie.

Die Zöliakie kann sich mit einer Vielfalt an intestinalen und extraintestinalen Symptomen manifestieren. Eine vollständige Aufzählung der Symptome, die mit der Erkrankung einhergehen können, ist kaum möglich, heißt es in der aktualisierten S2k-Leitlinie Zöliakie der Deutschen Gesellschaft für Gastro­enterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Mitunter bleiben Krankheitszeichen auch komlett aus. Deshalb werde bei der Zöliakie gerne vom „Chamäleon der Gastroenterologie“ gesprochen, erklärt das Team unter Federführung von Dr. Jörg Felber, Medizinische Klinik II am RoMed Klinikum Rosenheim.

Leitsymptome, die den Arzt zwangsläufig an die Darmerkrankung denken lassen, gibt es nicht. Daher ist die glutenbedingte Enteropathie bei einer Vielzahl von Beschwerden und Krankheitsbildern differenzialdiagnostisch in Betracht zu ziehen, so die Leitlinienautoren. Die Schwelle für eine entsprechende Diagnostik, die in erster Linie auf dem serologischen Nachweis der Erkrankung fußt, müsse daher eher niedrig liegen. So sollte man etwa bei den folgenden Erkrankungen und Laborbefunden eine Zöliakie in Betracht ziehen: 

  • Reizdarmsyndrom
  • unklare Transaminasenerhöhung
  • mikroskopische Kolitis
  • Laktoseintoleranz
  • Steatosis hepatis

Auch Anämie, Zahnschmelzdefekte, Osteoporose, Myokarditis, unklare Arthritis oder Depression können auf die immunologische Störung hinweisen.

Zwei Möglichkeiten der Testung nach Glutenverzicht

Zu entsprechender Abklärung wird vor allem bei folgenden Risikokonstellationen geraten: Zöliakie bei Verwandten ersten Grades, bestimmte Gendefekte (z.B. Down-, Turner-, Williams-Beuren-Syndrom), autoimmun bedingte Krankheiten (z.B. Diabetes mellitus Typ 1, Autoimmunthyreoiditis).

Eine serologische und histo­pathologische Zöliakiediagnostik kann naturgemäß nur dann zuverlässig sein, wenn regelmäßig und in ausreichendem Maß glutenhaltige Lebensmittel verzehrt werden. Haben die Patienten bereits vor Beginn der Diagnostik eine Eliminationsdiät begonnen, gibt es zwei Vorgehensweisen:

  • Bei fehlenden oder nur leichten unspezifischen Symptomen vor der Ernährungsumstellung: normale Kost mit ca. 10 g Gluten über drei Monate. Treten dabei keine oder nur leichte Symptome auf: Bestimmung der Gewebs­transglutaminase-IgA-Antikörper (­tTG-IgA), bei Serokonversion ­Biopsie.
  • Gibt es starke, glutenabhängige Beschwerden vor der Umstellung: Bestimmung von ­tTG-IgA, Gesamt-IgA und ­HLA-DQ2 und ­HLA-DQ8, Diagnosesicherung durch Biopsie. Falls Gesamt-IgA normal und ­tTG-IgA negativ bei positivem Nachweis von ­HLA-DQ2 und/oder ­HLA-DQ8: tägliche Glutenmenge schrittweise steigern (falls möglich auf 10 g).

Bei Patienten mit Erstdiagnose einer klassischen und symptomatischen oder subklinischen Zöliakie sollten neben ­tTG-IgA und Gesamt-IgA folgende Parameter bestimmt werden: Blutbild, Transaminasen, alkalische Phosphatase, Thyreoidea stimulierendes Hormon (TSH), Eisenstatus, Folsäure, Vitamin B12 und Vitamin D, ggf. Kalzium und Parathormon. Besteht der Verdacht auf Begleiterkrankungen, muss die Diagnostik ausgeweitet werden.

Die Verlaufskontrollen unter glutenfreier Ernährung erfolgen über ­tTG-IgA, bei Patienten mit IgA-Mangel mittels IgG-basierter Tests. Die Untersuchungen erfolgen halbjährlich, bis das Ergebnis unterhalb des Grenzwerts liegt. Danach wird der Behandlungserfolg jährlich überprüft, bei sehr stabilem Verlauf von Erwachsenen alle zwei Jahre. Treten erneut Symptome auf, die den Verdacht auf Zöliakie lenken, soll unabhängig von anderen Verfahren (z.B. Duodenalbiopsie) auch serologisch kontrolliert werden.

Dermatitis herpetiformis Duhring

Die Dermatitis herpetiformis Duhring ist eine autoimmunbedingte Hautkrankheit mit subepidermalen, herpesähnlich gruppierten Bläschen, Rötungen, Ekzemen und Quaddeln. Betroffene leiden unter starkem, brennendem Juckreiz. Dermatitis herpetiformis tritt vor allem im mittleren Lebensalter auf. Männer sind – anders als sonst bei Zöliakie – häufiger betroffen als Frauen. Bei fast allen Patienten liegt primär eine meist subklinische Zöliakie vor, weshalb Betroffenen eine gastroenterologische Diagnostik und Beratung angeboten werden soll, heißt es in der S2k-Leitlinie. Eine glutenfreie Ernährung wirkt sich positiv auf die Hautläsionen aus, was jedoch ein bis zwei Jahre dauern kann. Schneller lässt sich die Besserung mit ­Dapson (Diaminodiphenylsulfon) erreichen.

Nach Start in eine glutenfreie Ernährung heilt die Schleimhaut aus und die Konzentrationen zöliakiespezifischer Autoantikörper im Serum fallen kontinuierlich bis unter den Grenzwert ab. Der Zeitraum bis zur Normalisierung hängt vom ursprünglichen Titer ab. Mit Läsionen vom Typ ­Marsh 2 oder ­Marsh 3a kann die Schleimhaut bereits nach sechs bis zwölf Monaten intakt sein, in fortgeschritteneren Stadien können mehr als zwei Jahre ins Land gehen. Ähnliches gilt für die Serologie: Niedrige Ausgangstiter (z.B. das Dreifache des Grenzwertes) können sich innerhalb weniger Monate normalisieren, während es bei Werten über dem 100-Fachen der Norm zwei bis drei Jahre dauern kann. Quelle: Aktualisierte S2k-Leitlinie „Zöliakie“, AWMF-Register-Nr.: 021-021, www.awmf.org

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Leitsymptome, die den Arzt zwangsläufig an die Darmerkrankung denken lassen, gibt es nicht. Leitsymptome, die den Arzt zwangsläufig an die Darmerkrankung denken lassen, gibt es nicht. © iStock/dragana991