Topika und smarte Stimulation

Schmerzkongress 2023 Birgit Maronde

Eine Möglichkeit, die Behandlung effektiver zu gestalten, sind Topika, da sie praktisch keine systemisch-toxischen Nebenwirkungen hervorrufen. Eine Möglichkeit, die Behandlung effektiver zu gestalten, sind Topika, da sie praktisch keine systemisch-toxischen Nebenwirkungen hervorrufen. © gesrey - stock.adobe.com

Neuropathien zu behandeln, kann frustrierend sein, denn die Therapie der ersten Wahl scheitert in vielen Fällen. Eine Alternative bieten bei bestimmten Indikationen lokal zu applizierende Medikamente oder weiterentwickelte Geräte zur transkutanen Nervenstimulation.

Aktuelle Entwicklungen in der Therapie der schmerzhaften Neuropathie aufzuzeigen, ist kein leichtes Unterfangen – zumindest, wenn man die Grundlagenforschung außen vor lassen und auf praxisrelvante Aspekte fokussieren will. Denn seitdem die Leitlinie 2019 herauskam, hat sich kaum etwas getan, erklärte Prof. Dr. ­Christian ­Maihöfner vom Klinikum Fürth. Die Therapieempfehlungen hätten nach wie vor Bestand. Erste Wahl sind Trizyklika, Duloxetin und die Gabapentinoide. Zu den Medikamenten der zweiten Wahl gehören Topika wie Lidocainpflaster und Capsaicin, die man bei lokalen Neuropathiesymptomen auch primär einsetzen kann. Als dritte Wahl gelten Opioide und Botulinumtoxin und als vierte Wahl aufgrund nicht ausreichender Datenlage Natriumkanalblocker und Cannabinoide. Letztere sind ein Thema für sich und „sehr glitschiges Terrain“, konstatierte Prof. Maihöfner.

Mit den Medikamenten der ersten Wahl kommt man in der Praxis allerdings oft nicht sehr weit. Grund dafür ist die mangelnde Adhärenz der so behandelten Patienten. Wie eine Studie zur diabetischen Neuropathie zeigte, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Behandlung mit Duloxetin, Pregabalin oder Gabapentin in jeweils mittlerer Dosierung nach einem Monat abgebrochen wird, bei 30 %, nach zwölf Monaten bei 70 %. Als häufigste Ursachen wurden fehlende Wirksamkeit und Nebenwirkungen angegeben, berichtete der Kollege.

Eine Möglichkeit, die Behandlung effektiver zu gestalten, sind Topika, da sie praktisch keine systemisch-toxischen Nebenwirkungen hervorrufen. Nach der Applikation eines Pflasters mit 8 % Capsaicin kommt es z.B. rasch zu einer anhaltenden Analgesie. Zudem wird durch die Therapie offenbar eine Regeneration der Nervenfasern induziert. Sowohl bei chemotherapiebedingter als auch bei diabetischer Polyneuropathie konnte nach der Capsaicinbehandlung eine zunehmende Nervenfaserdichte im Applikationsbereich nachgewiesen werden. In einer Metaanalyse zum direkten Vergleich von Capsaicin mit Pregabalin, Gabapentin oder Duloxetin zeigte sich ein „gewisser Trend“, dass die lokal applizierte Therapie effektiver war als die systemische bei weniger unerwünschten Effekten.

In spezialisierten Zentren wird immer häufiger Botulinumtoxin bei peripheren Neuropathiesyndromen eingesetzt. Am besten untersucht ist Onabotulinumtoxin A, die beste Evidenz besteht für die Indikation postherpetische Neuralgie. Die NNT (Number needed to treat), um eine 50%ige Schmerzreduktion zu erreichen, liegt bei etwa 3. In einem vorher ausgemessenen Allodynieareal verabreicht man Onabotulinumtoxin A unter sterilen Kautelen in einer Konzentration von 5 U/ml in einem Raster von 1,5 cm intrakutan. Zuvor wird die Haut lokal gekühlt.

Eine weitere lokale Therapie, die sich als nützlich erwiesen hat, ist die Behandlung des komplexen regionalen Schmerzsyndroms (CRPS) mit Ambroxol. Die Substanz hemmt Natriumkanäle und wirkt anti­inflam­matorisch. In einer Fallserie behandelten Prof. Maihöfner und Kollegen acht CRPS-Patienten, die seit maximal einem Jahr entsprechende Beschwerden hatten, zusätzlich zur Standardtherapie mit 20%iger Ambroxolcreme.1 Bei jeweils sechs Patienten gingen Spontan- bzw. Bewegungsschmerzen, Allodynie und motorische Dysfunktion zurück, bei jeweils sieben Ödem und Hyperalgesie.

Eine technische Weiterentwicklung sind smarte Geräte für die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS), die an einer fixen Applikationsstelle, etwa unterhalb des Knies, 24 Stunden lang getragen werden können. Beim ersten Einsatz führt das Gerät eine Art Kalibrierung durch, bei der die für die Behandlung passenden Frequenzen ermittelt werden. Stimulationsalgorithmen sorgen dafür, das keine Habituation an die Reize entsteht. Außerdem gibt es integrierte Sensoren, die ein Feedback für die Therapieoptimierung ermöglichen, z.B. Akzelerometer für Gang, Aktivität und Schlaf. Die dazugehörige Smartphone-App sammelt Daten hinsichtlich Adhärenz, Schmerzrating, Aktivität und Schlaf und ermöglicht es, diese mit dem Arzt zu teilen. In einer Beobachtungsstudie hatten 81 % von 130 Patienten, die unter Lumboischialgie, Polyneuropathien, Fibromyalgie und anderen Schmerzsyndromen litten, nach 60 Tagen Smart-TENS-Therapie signifikant weniger Beschwerden. Eine Spiegeltherapie per App und Tablet funktioniert bei Patienten mit Phantomschmerzen ebenfalls schon, berichtet Prof. Maihöfner. Sie sei in der Selbsttherapie einsetzbar.

Quelle:  Maihöfner C et al. Pain Manag 2018; 8: 427-436; DOI: 10.2217/pmt-2018-0048

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Eine Möglichkeit, die Behandlung effektiver zu gestalten, sind Topika, da sie praktisch keine systemisch-toxischen Nebenwirkungen hervorrufen. Eine Möglichkeit, die Behandlung effektiver zu gestalten, sind Topika, da sie praktisch keine systemisch-toxischen Nebenwirkungen hervorrufen. © gesrey - stock.adobe.com