Elektrische Impulse können Neuralgien lindern, wenn Tabletten nicht ausreichen

Dr. Dorothea Ranft

Für Nervenschmerzen stehen unterschiedliche Therapieoptionen zur Verfügung. Für Nervenschmerzen stehen unterschiedliche Therapieoptionen zur Verfügung. © iStock.com/kitzcorner

Neuropathische Schmerzen werden oft zu spät diagnostiziert. Verdacht schöpfen sollte man z.B. bei brennenden, stechenden Schmerzen und Sensitivitätsstörungen. Therapeutisch kommen neben medikamentösen Optionen invasive Verfahren wie die Neuromodulation infrage.

Etwa 3,5 Mio. Menschen in Deutschland leiden an neuropathischen Schmerzen. Anatomisch und ätiologisch werden drei Formen unterschieden: periphere Neuropathien, zentrale Neuropathien und Mixed-Pain-Syndrome (s. Kasten). Typisch sind stechende, einschießende, elektrische und brennende Schmerzen. Sie werden häufig von sensorischen Defiziten (z.B. Taubheit, Kribbeln und Stechen) begleitet.

Drei Arten Nervenschmerz

  • Periphere Neuropathien: Post-zoster- und Trigeminus­neuralgien, Phantomschmerzen, M. Sudeck, Nervenengpasssyndrome, diabetische und alkoholische Neuropathie etc.
  • Zentrale Neuropathien: z.B. nach Hirninfarkten und bei Multipler Sklerose
  • Mixed-Pain-Syndrome: unspezifische chronische Rückenschmerzen, Rücken-Beinschmerzen, Tumorschmerzen etc.

Eine Hypersensitivität kann durch schmerzhafte Reize ebenso hervorgerufen werden wie durch nicht schmerzhafte. Außerdem kommt es häufig zu unvorhersehbaren Paroxysmen, so der Schmerztherapeut Markus­ Geuting­ von der Klinik Löwenstein. Bei 30–50 % der Patienten mit neuropathischem Schmerz finden sich Zeichen einer autonomen Beteiligung wie Temperaturveränderungen und Schwellungen. Für die initiale medikamentöse Therapie (s. Kasten) bieten sich Gabapentin, Pregabalin, Duloxetin  und trizyklische Antidepressiva wie Amitriptylin an. Bei mangelndem Effekt oder Nebenwirkungen existiert eine schwache Zweitlinien­empfehlung für Capsaicin-Hochdosispflaster, Lidocain-Pflaster und Tramadol, erklärt der Schmerztherapeut. Für pharmakologische Kombinationstherapien sieht er noch keine ausreichende Evidenz. Invasive Verfahren dagegen können die Therapie wirksam ergänzen, wenn die Indikation korrekt gestellt wird.

Medikamente erster Wahl

  • Gabapentin (max. Tagesdosis 1200–3600 mg, verteilt auf drei Einnahmen)
  • Pregabalin (max. Tagesdosis 300–600 mg, verteilt auf drei Einnahmen)
  • Duloxetin (max. Tagesdosis 60–120 mg, einmal täglich)
  • Trizyklische Antidepressiva wie Amitriptylin (max. Tagesdosis 25–150 mg, verteilt auf ein bis zwei Einnahmen)

Pharmakotherapie hilft nur jedem Dritten

Als Ziel der medikamentösen Behandling gilt eine Schmerzreduktion um 30–50 %, verbunden mit dem Erhalt der Arbeitsfähigkeit und einer Verbesserung von Schlaf und Lebensqualität. Aber nur 30–40 % der Patienten lassen sich befriedigend einstellen. Sind die konservativen Optionen ausgeschöpft und psychia­trische Kontraindikationen (z.B. Substanzabhängigkeit) ausgeschlossen, kommen invasive Verfahren infrage. Aktuell werden bei therapieresistenten neuropathischen Schmerzen vor allem elektrische, invasive Verfahren der Neuromodulation angewandt. Lokal begrenzte und isolierte Schmerzareale lassen sich z.B. mit einer peripheren Nervenstimulation (PNS) oder der peripheren Nervenfeldstimulation behandeln. Voraussetzung ist, dass sich der Schmerz nicht einer spezifischen Nervenwurzel zuordnen lässt oder nur oberflächlich besteht. Als Indikationen nennt der Autor z.B. Trigeminusneuralgie, Clusterkopfschmerz und Interkostalneuropathie.

Phantomschmerz lässt sich minimalinvasiv behandeln

Zur Behandlung mononeuropathischer Schmerzen (z.B. Engpasssyndrome, Neuralgien, Phantomschmerz) gibt es eine neue minimalinvasive PNS-Technik mit extrakorporalem Stimulator. Wenn die PNS nicht in Betracht kommt, stehen noch weitere, invasivere Verfahren wie die Dorsal Root Ganglionstimulation (DRG) und die Rückenmarkstimulation zur Verfügung. Lokalisierte Schmerzsyndrome, die ein bis zwei Nervenwurzeln betreffen und auf eine Schädigung peripherer Nerven hinweisen, können mit der gepulsten Radiofrequenzablation oder der DRG behandelt werden. Als Indikationen nannte der Schmerztherapeut z.B. die Postzosterneuralgie und das komplexe regionale Schmerzsyndrom.

Medikamentenpumpe als weitere Option

Patienten mit regional begrenzten Schmerzen, die mehr als zwei Nervenwurzeln betreffen (z.B. Rücken-Beinschmerzen), können mit der Rückenmarkstimulation behandelt werden. Gleiches gilt, wenn ein zentrales neuropathisches Schmerzsyndrom vorliegt. Ist die Behandlung erfolglos, kann auch hier eine Medikamentenpumpe für Abhilfe sorgen. Bei neuropathischen Schmerzen multipler Areale – z.B. wegen Tumoren – ist eher eine intrathekale Behandlung angezeigt. Nervenwurzelblockade und gepulste Radiofrequenzablation lassen sich auch in der präoperativen Diagnostik einsetzen. Gelingt der Versuch, sagt dies mit 95%iger Wahrscheinlichkeit den Erfolg einer späteren permanenten Dorsal Root Ganglionstimulation voraus. Versagt die Therapie, kann eventuell eine Medikamentenpumpe für Abhilfe sorgen.

Quelle: Geuting M. Schmerzmedizin 2018; 34: 38-41

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Für Nervenschmerzen stehen unterschiedliche Therapieoptionen zur Verfügung. Für Nervenschmerzen stehen unterschiedliche Therapieoptionen zur Verfügung. © iStock.com/kitzcorner