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Die konservative Strategie bei Trigeminusneuralgie

Für die Trigeminusneuralgie (TN) gibt es eine neue Leitlinie, die in den kommenden Wochen publiziert werden soll. Was die Empfehlungen zur medikamentösen Behandlung angeht, bewegt man sich allerdings teilweise auf einer schlechten Evidenzbasis, räumte PD Dr. Ruth Ruscheweyh von der Neurologischen Klinik und Poliklinik der LMU München ein.
Erste Wahl ist die Carbamazepin-Monotherapie. Man startet mit abendlichen Dosen von 200 mg eines retardierten Präparats und steigert auf 400–1.200 mg/d verteilt auf zwei Einzeldosen. Der für die Indikation TN zugelassene Natriumkanalblocker ist gut wirksam, kann aber zu zentralen Nebenwirkungen, schweren allergischen Hautreaktionen, Veränderungen von Blutbild und Leberwerten sowie zahlreichen Interaktionen führen. Auch eine Hyponatriämie ist möglich, weshalb man in der Zeit der Eindosierung ein- bis zweimal pro Woche den Natriumspiegel messen sollte, riet Dr. Ruscheweyh. Bei stabilen Werten genügen anschließend Kontrollen etwa einmal im Quartal.
Verschlechtert sich der initial gute Effekt von Carbamazepin nach wenigen Wochen wieder, kann dies an einer Induktion carbamazepinabbauender Enzyme in der Leber liegen, erinnerte die Kollegin. In diesem Fall ist der Blutspiegel zu bestimmen (Zielbereich: 4–12 μg/ml) und ggf. die Substanz weiter aufzudosieren.
Eine Off-Label-Alternative zu Carbamazepin ist Oxcarbazepin, das seltener Nebenwirkungen und Interaktionen hervorruft, aber das Risiko einer Hyponatriämie erhöht. Die Startdosis dieser Substanz, die ebenfalls in retardierter Form gegeben wird, liegt bei 300 mg abends. Gesteigert wird auf 600–1.800 mg/d in zwei Einzeldosen. Man kann auch mit vier Einzeldosen eines nicht-retardierten Präparats behandeln.
Therapie der zweiten Wahl ist die Kombination von Carbamazepin bzw. Oxcarbazepin mit einem Medikament der 2. Wahl oder die Umstellung auf eine solche Substanz. Für Medikamente der 2. Wahl musste gemäß der Leitlinienautoren mindestens eine positive randomisierte kontrollierte Studie zur TN oder eine Zulassung für diese Indikation vorliegen. Letzteres trifft aber nur auf Phenytoin zu, erläuterte die Kollegin. Für Medikamente der dritten Wahl gebe es hinsichtlich der TN sogar nur offene Studien, Fallserien oder -berichte.
Medikamente der 2. Wahl
Für die Langzeittherapie der TN sind laut Expertenkonsens in absteigender Reihenfolge geeignet:
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Pregabalin bzw. Gabapentin oral
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Lamotrigin oral
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Botulinumtoxin subkutan
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Phenytoin oral
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Baclofen oral
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Lidocain intranasal oder intraoral
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Topiramat oral
Das zweite bei TN zugelassene Medikament ist Phenytoin. Intravenös ist es bei der akuten Exazerbation gut wirksam. Die Dosis beträgt 250–500 mg, maximal werden 25 mg/min appliziert. Die i.v.-Therapie erfordet eine Monitorkontrolle (cave Herzrhythmusstörungen!) und einen sicheren Zugang, da Paravasate zu Gewebsnekrosen führen können.
In der Langzeitherapie ist orales Phenytoin nur für therapierefraktäre Fälle zugelassen, da man mit vielen Nebenwirkungen und Interaktionen rechnen muss. Die orale Startdosis beträgt 3 x 100 mg/d oder 1 x 300 mg/d. Die Zieldosis liegt je nach (regelmäßig zu kontrollierendem) Blutspiegel bei maximal 500 mg/d. Wenn möglich, sollte man die Phenytoingabe auf akute Exazerbationen beschränken, forderte Dr. Ruscheweyh.
Für die Therapie der akuten Exazerbation sind laut Expertenkonsens in absteigender Reihenfolge geeignet:
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Phenytoin intravenös
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Lidocain intranasal oder intraoral
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Lokalanästhetikum subkutan
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Pimozid oral
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Sumatriptan subkutan
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Lidocain intravenös
Deutlich besser verträglich als Phenytoin und mit nur wenigen Interaktionen belastet ist Lacosamid i.v. Für diese Substanz liegen allerdings nur Ergebnisse aus einer retrospektiven Kohortenstudie vor, somit ist sie nur dritte Wahl. In dieser Untersuchung verglich man den Effekt von Lacosamid mit dem von Phenytoin bei 144 akuten Exazerbationen einer Trigeminusneuralgie. Beide Substanzen waren bei den 122 teilnehmenden Patienten einer Notaufnahme gleich wirksam, unter Lacosamid stellten sich jedoch signifikant weniger Nebenwirkungen ein. Wurde das Medikament oral weitergeführt, stellten sich die so behandelten Patienten erheblich seltener mit einer akuten Exazerbation erneut vor. Auch die Applikation von Lacosamid i.v. muss aufgrund der Gefahr kardialer Komplikationen (z.B. AV-Block II/III) unter Monitorkontrolle erfolgen.
Das gut verträgliche Lamotrigin ist bei der TN-Therapie ein Medikament der 2. Wahl, obwohl es nur eine einzige RCT mit gerade mal 14 Patienten gibt. „Sie sehen, auf welcher Evidenzlage wir uns teilweise bewegen“, kommentierte die Kollegin. Man habe jedoch mitterweile relativ viel Erfahrung mit dem Medikament. Es eignet sich, wenn zuvor Carbamazepin bzw. Oxcarbazepin nicht vertragen wurden oder add on bei therapierefraktären Patienten. Man muss die Substanz extrem langsam aufdosieren, betonte Dr. Ruscheweyh. Ausgehend von 25 mg/d wird alle zwei Wochen gesteigert, bis der Zielbereich von 75–400 mg/d erreicht ist.
Sinnvolle Kombinationen
Als klinisch günstig erweisen sich gemäß eines Konsensus der Leitlinienexperten
Carbamazepin/Oxcarbazepin plus
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Pregabalin/Gabapentin
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Baclofen
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OnabotulinumtoxinA
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Lidocain (intranasal, intraoral, subkutan)
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in Einzelfällen Lamotrigin
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in Einzelfällen Phenytoin
Für Botulinumtoxin, ebenfalls ein Medikament der 2. Wahl, gibt es immerhin vier RCT (n = 178), die eine signifikante Wirksamkeit bei Trigeminusneuralgie zeigen. Keine stammt allerdings aus Europa oder Nordamerika. Im Abstand von 1–2 cm spritzt man Onabotulinumtoxin A in ca. 15 Stellen im Bereich der schmerzhaften Gesichtsareale. Die Gesamtdosis beträgt 50 IE (max. 100 IE), in Triggerzonen und in die Maximalpunkte des Schmerzes kann man die jeweilige Einzeldosis höher als an den übrigen Punkten wählen. Wichtig ist, sofern möglich, Abstand von Mund und Auge zu halten. Als Nebenwirkung droht eine Gesichtsasymmetrie.
Ein Medikament der zweiten Wahl ist auch Lidocain 8 %, das sich der Patient mit akuter Exazerbation bis zu 30-mal am Tag intranasal (bei TN in V2) oder intraoral (bei TN mit oral betonten Schmerzen) als Spray applizieren kann. Die Einzeldosen betragen jeweils 2 Sprühstöße à 0,2 ml. Die Substanz wirkt innerhalb von 15 Minuten und ist gut verträglich.
Schnelle Wirkung und gute Verträglichkeit kennzeichnen auch Sumatriptan. Bei einer akuten Exazerbation der TN wird es subkutan gespritzt. In einer kleinen RCT war es Placebo deutlich überlegen.
Und was ist mit den CGRP-Antikörpern? Stand heute sind sie bei der Trigeminusneuralgie unwirksam. Möglicherweise haben sie aber Potenzial in der TN-Subgruppe mit rein paroxysmalem Schmerz, spekulierte Dr. Ruscheweyh. Evtl. war auch die Behandlungsphase in der einen bisher durchgeführten RCT mit vier Wochen einfach zu kurz.
Quelle: Kongressbericht Deutscher Schmerzkongress 2023
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