Treffen Leberzirrhose und COVID-19 aufeinander, wird es brenzlig

Dr. Angelika Bischoff

Insbesondere die Aspartat-Aminotransferase ist bei an COVID-19 erkrankten Patienten häufig erhöht.
Insbesondere die Aspartat-Aminotransferase ist bei an COVID-19 erkrankten Patienten häufig erhöht. © Henrik Dolle- stock.adobe.com

SARS-CoV-2 kann Patienten mit Lebererkrankungen besonders hart treffen. Die Impfung vermag die Risiken abzumildern – bestimmte Patienten müssen aber ggf. häufiger geboostert werden, um ausreichend geschützt zu sein.

Schon aus frühen klinischen Studien wurde deutlich, dass eine SARS-CoV-2-Infektion bei jedem Zweiten von einer akuten Leberschädigung mit einem Anstieg insbesondere der Aspartat-Aminotransferase (AST) begleitet wird. Das Ausmaß der Leberschädigung korrelierte klar mit der Schwere der Erkrankung. In Autopsiestudien konnte SARS-CoV-2 in der Leber von bis zu 70 % der Patienten entdeckt werden. Histologisch fanden sich hepatische Nekrosen, makro- und mikrovesikuläre Steatosen und Mikrothrombosen. Pathophysiologisch liegen den Veränderungen wahrscheinlich mehrere Faktoren zugrunde: ein direkter zytopathischer Effekt des Virus, eine übersteigerte Immunantwort (Zytokinsturm), vaskuläre Schäden, Ko­agulopathie und eine medikamenten-induzierte Schädigung.  

Dekompensierte Zirrhose als unabhängiger Risikofaktor

Große Registerstudien haben gezeigt, dass COVID-19-Patienten mit Leberzirrhose ein erhöhtes Sterbe­risiko haben. Im Mittel lag die Mortalität bei etwa 30 %, wobei sich eine klare Assoziation mit dem Schweregrad der Zirrhose zeigte. Vor allem eine dekompensierte Zirrhose erwies sich in mehreren Studien als unabhängiger Risikofaktor für den Tod. 

Im klinischen Verlauf kommt es zu Beginn der Infektion bei etwa jedem zweiten Patienten mit Leberzirrhose zur akuten hepatischen Dekompensation. Wenn Patienten mit einer Child-Pugh-C-Zirrhose wegen COVID-19 auf der Intensivstation behandelt werden müssen, haben sie nur eine Überlebenschance von etwa 20 %. Müssen sie beatmet werden, halbiert sich diese nochmals. 

Die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) allein scheint das Outcome von COVID-19-Patienten eher nicht zu beeinflussen. Entsprechendes gilt für autoimmune Lebererkrankungen. Dagegen scheint die alkoholische Lebererkrankung mit einer erhöhten Mortalität assoziiert zu sein. Bei Patienten mit Lungentransplantation verliefen COVID-19-Erkrankungen nicht unbedingt schwerer als in der Gesamtbevölkerung. Auch die immunologische Antwort auf das Virus schien nur wenig vermindert zu sein. 

Zur Sicherheit und Wirksamkeit neuer COVID-Therapien gibt es nur wenig Daten bei Patienten mit chronischen Lebererkrankungen. Bei einigen antiviralen Medikamenten ist Vorsicht geboten. Das gilt insbesondere für Nirmatrelvir plus ­Ritonavir. Vor allem Interaktionen mit Immunsuppressiva müssen beachtet werden. Keine derartigen Einwände gibt es gegen monoklonale Antikörper, wenngleich einige von ihnen gegen neuere Virusvarianten weniger effektiv sind. Eine Präexpositionsprophylaxe erscheint für Patienten mit chronischen Lebererkrankungen sinnvoll, obwohl es an Daten fehlt. Baricitinib und Tocilizumab können zu einer HBV-Reaktivierung führen. Ein serologisches Screening vor Einsatz der Substanzen ist deshalb geboten. 

Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 haben sich auch bei Patienten mit chronischen Lebererkrankungen als sicher und effektiv erwiesen. Eine Impfung wird dringend empfohlen. Da die Antikörperantwort auf die Vakzinen bei Leberpatienten eingeschränkt zu sein scheint, können zusätzliche Booster-Dosen notwendig sein.

Quelle: Dufour JF et al. Gut 2022;  DOI: 10.1136/gutjnl-2021-326792

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Insbesondere die Aspartat-Aminotransferase ist bei an COVID-19 erkrankten Patienten häufig erhöht.
Insbesondere die Aspartat-Aminotransferase ist bei an COVID-19 erkrankten Patienten häufig erhöht. © Henrik Dolle- stock.adobe.com