TSH auf Anschlag?

Dr. Angela Speth

DEGAM-Leitlinie hält bei Hypothyreose die Kelle raus. DEGAM-Leitlinie hält bei Hypothyreose die Kelle raus. © fotolia/Aliaksei Smalenski

Oft treten erhöhte Schilddrüsenwerte in Routine­untersuchungen zutage. Denn viele Patienten weisen keine oder nur unspezifische Symptome auf. Eine aktuelle DEGAM-Leitlinie erklärt, wie man eine primäre Hypothyreose diagnostiziert und wann eine Therapie indiziert ist.

Als Auslöser einer erworbenen primären Hypothyreose kommen endo­gene Faktoren wie der Untergang von Schilddrüsengewebe oder exogene Faktoren wie Schilddrüsenoperation, Radiojod­therapie, Medikamente – etwa Zy­tokine, Thyreostatika – oder extremer Jod- bzw. Selen­mangel infrage. Viele Patienten weisen keine oder nur unspezifische Symptome auf, z.B. Mü­digkeit, Kälteintole­ranz, Gewichtszunahme, Konzentrationsschwäche, Menstruationsstörungen, Haut- sowie Haar-Veränderungen und Obstipation.

Blut immer zur gleichen Uhrzeit abnehmen

Die körperliche Anamnese erfolgt symptomorientiert und umfasst die Suche nach Ursachen und potenziellen Komorbiditäten. Da das Hormon im Tagesverlauf physiolo­gisch schwankt, rät die Deutsche Gesellschaft für Allgemein­medizin (DEGAM­) in der aktuellen Leitlinie die Blutentnahme immer zu gleichen Be­dingungen hinsichtlich Uhrzeit, Nahrungsauf- und Medikamenteneinnahme anzuset­zen. Wichtig zu wissen: Die TSH-Referenzbereiche unterscheiden sich je nach Labor und die Werte je nach Methode sowie von Mensch zu Mensch. Außerdem steigen sie mit Alter und Gewicht des Patienten.

Sekundäre Funktionsstörung sollte zum Endokrinologen

Liegt ein TSH zwischen 4–10mU/l und eine unauffällige Anamnese vor, ist eine Verifi­zierung der Werte indiziert. Bei einem TSH über 10mU/l unabhängig von der Anamnese bzw. bei Werten über 4mU/l und auffälligen Befunden sollte man zusätzlich das freie Thyroxin bestimmen lassen (fT4). Eine manifeste Erkrankung zeigt sich durch einen TSH-Wert über 4mU/l und erniedrigtem fT4. Hinter einem erhöhten TSH und fT4 könnte eine sekundäre Schilddrüsenerkran­kung stecken, die DEGAM rät in diesem Fall zur Überwei­sung zum Endokrinologen.

Aus einer latenten Hypothy­reose (TSH über 4 mU/l, normales fT4) entwickelt sich in 2–5 % der Fälle innerhalb eines Jahres die ma­nifeste Form. Man kann die einmalige Antikörpermessung gegen die thyreoidale Peroxidase (TPO) in Betracht ziehen, um den Verdacht einer Hashimoto-Thyreoiditis abzu­klären. Sie ist die häufigste Ursache ei­ner Hypothyreose. Jedoch korreliert das Risiko für sie vor allem mit TSH. Im Falle einer manifesten Hypo­thyreose bringen die TPO-AK-Werte keinen Gewinn. Die Bestimmung von fT3 bietet laut der Leitlinie grundsätzlich keinen Zusatznutzen.

Eine klare Therapieindikation be­steht bei manifester Hypothyreose. Die Substitution erfolgt mittels Levothyroxin. Patienten sollten die Tabletten vor dem Schlafengehen oder eine halbe Stunde vor dem Frühstück mit Wasser einnehmen.

Junge Patienten bekommen sofort die volle Dosis ab

Nahrungsmittel, vor allem Milch, Medikamente wie Östrogene, Phenytoin, Furosemid, Salicylate, Colestyramin, Sucralfat und Antacida beeinflussen die Resorption. Von natürlichen Schild­drüsen­prä­para­ten rät die DEGAM ab, ebenso von ei­ner T3/T4-Kombination. Auch für den Nutzen von Ergän­zungsmitteln wie Jod, Selen oder Vit­aminen mangele es an Evidenz.

Als Richtwert für die Levothyroxindosis nennt die Leitlinie 1,6 μg/kg Körper­gewicht täglich, wobei für die An­fangsdosis Alter, Wohlbefinden des Pati­enten und Ausprägung der Sym­ptome den Ausschlag geben. Junge, ansonsten gesunde Patienten können die volle Dosis gleich zu Beginn erhalten, bei kardialen Erkrankungen oder anderen Komorbiditäten sowie einem Alter über 60 eignen sich 25 μg pro Tag als Einstieg, mit einer Aufdosierung in 25-μg-Stufen ca. alle sechs Wochen. Erst 8–12 Wochen nach Dosisänderung stellt sich ein konstanter TSH-Spiegel ein. Sobald die Therapie etabliert ist, erfolgt eine Kontrolle nach sechs Monaten, danach jährlich.

Bei latenter Hypothyreose und nachgewiesener Hashimoto-Thyreo­iditis empfehlen internistische Leitlinien immer eine Behandlung. Die Therapie im Falle einer ausschließlich latenten Hypothyreose wird kontrovers diskutiert. Laut DEGAM sollte ein asymptomatischer Patient mit einem TSH ≤ 10 mU/l keine Substitution erhalten. Liegen jedoch Beschwerden vor, kann L-Thyroxin Sym­ptome, Wohlbefinden und Leis­tungsfähigkeit verbessern.

Im Falle einer KHK erhöht sich mit den TSH-Spiegel außerdem das Mortalitätsrisiko. Somit können diese Patienten von einer Therapie profitieren. Überschreitet der TSH die 10 mU/l-Grenze, ist die Medikation definitiv indiziert. Für Patienten mit einer latenten Hypothyreose und Behandlungsindikation eignet sich eine Anfangsdosis von 25–50 μg/d. Cave: Patienten über 60 Jahre droht laut einer Kohortenstudie schnell eine Übertherapie. Sieht man von einer Substitution ab, misst man nach sechs bis zwölf Monaten den TSH-Wert erneut.

Quelle: S2k-Leitlinie „Erhöhter TSH-Wert in der Hausarztpraxis“; www.awmf.org, AWMF-Register-Nr. 053-046

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DEGAM-Leitlinie hält bei Hypothyreose die Kelle raus. DEGAM-Leitlinie hält bei Hypothyreose die Kelle raus. © fotolia/Aliaksei Smalenski