Tumoraggregate ins Darmkrebs-Staging einfließen lassen

Friederike Klein

Künftig könnten Tumor Deposits (D) das TNM-Staging ergänzen und so die Prognose genauer bestimmen. Künftig könnten Tumor Deposits (D) das TNM-Staging ergänzen und so die Prognose genauer bestimmen. © iStock/Shendart

Nimmt man fokale Adenokarzinomaggregate am Fettgewebe des Darms ohne Verbindung zum Primärtumor in das TNM-System beim kolorektalen Karzinom auf, präzisiert das die Aussagekraft des Stagings. Eine aktuelle Auswertung bestärkt dies auch bei regionalen Lymphknotenmetastasen.

Tumor Deposits nennt man im Englischen die fokalen Adenokarzinomaggregate am Fettgewebe des Darms ohne Verbindung zum Primärtumor. Sie sind wichtige pathologische Charakteristika von kolorektalen Karzinomen, betonte Dr. Romain­ Cohen­ vom Hôpital Saint-Antoine in Paris. Bis zu 20 % der Darmtumoren haben solche isolierten Tumor Foci im Fett rund um den Dickdarm im lymphatischen Abflussgebiet des Tumors.

Für das Staging berücksichtigen Mediziner die Anhänge bislang nur, wenn keine Lymphknotenmetastasen vorliegen (pN1c). Dabei gehen sie auch bei gleichzeitig bestehenden Lymphknotenmetastasen mit einer schlechteren Prognose einher.1 Das belegte erst kürzlich eine Post-hoc-Analyse der französischen IDEA-Studie und eine Auswertung der US-amerikanischen SEER-Datenbank.2,3

Nimmt man die Zahl der Aggregate zur Zahl der Lymphknoten hinzu, kann das die prognostische Aussagekraft erhöhen, wie Dr. Cohen­ erklärte. Die potenziell die Praxis verändernden Resultate müssen allerdings noch validiert werden. Einen Schritt in diese Richtung macht die Post-hoc-Analyse von CALBG/SWOG 80702. Alle pathologischen Befunde der Teilnehmer mit einem Kolonkarzinom im Stadium 3 wurden hierfür einbezogen. In der Phase-3-Studie verlängerte Cetuximab ergänzend zu einer Standardchemotherapie mit FOLFOX (Folinsäure, 5-Fluorouracil, Oxaliplatin) nicht das krankheitsfreie Überleben (DFS) oder Gesamtüberleben (OS).4

Für die aktuelle retrospektive Analyse lagen pathologische Daten von 2028 der 2526 Patienten vor. 524 (26 %) wiesen Tumor Deposits auf, 1504 keine. Von Ersteren waren:

  • 80 nodal negativ (pN1c; 15,4 %),
  • 239 hatten einen Lymphknotenstatus pN1a/b (46,1 %) und
  • 200 pN2 (38,6 %).

Die Satelliten gingen häufig mit T4N2-Tumoren oder solchen mit intravaskulärer oder parenteraler Beteiligung einher.

Nach einem medianen Beobachtungszeitraum von 69,3 Monaten ergab sich für Aggregat-Patienten unabhängig vom pN-Substadium ein schlechteres Behandlungs­ergebnis als für Erkrankte ohne diese Anhänge. Die Überlebensraten der Teilnehmer mit N1c-Tumoren fielen ähnlich aus wie die derjenigen mit Darmkrebs im Stadium N1a oder -b. Bei N1a/b-Tumoren ohne die Ansammlungen erreichte nach drei Jahren die DFS-Rate 81,2 %, lagen Tumor Deposits vor nur 70,2 %. In der N2-Subgruppe beliefen sich die Werte auf 67,5 % bzw. 54,6 %.

Die multivariate Analyse belegte eine signifikante Assoziation von Tumor Deposits mit einem kürzerem DFS und OS (Hazard Ratio [HR] 1,64; 95%-KI 1,35–2,00 bzw. HR 1,61; 95%-KI 1,2–2,07). Die Anzahl der Adenomaggregate war ebenfalls von Bedeutung, es bestand ein linearer Effekt. Umso mehr Anhänge vorlagen, desto kürzer fiel das krankheitsfreie und das Gesamt­überleben aus, sagte der Referent.

Nahm man die Zahl bei mindestens vier befallenen Lymphknoten zur Zahl der Lymphknotenmetastasen hinzu, ergab sich für 104 von 1570 Patienten mit einem initialen Staging pN1 (6,6 %) eine neue Eingruppierung nach pN2.

Arzt empfiehlt, Anzahl der Tumor Deposits einzubeziehen

Diese Patienten wiesen eine signifikant schlechtere Prognose auf als Menschen mit bestätigtem pN1-Tumor. Ihre dreijährige DFS-Rate erreichte 65,5 % statt 80,3 % und die fünfjährige OS-Rate 69,1 % statt 87,8 % (p = 0,0003 bzw. p = 0,0005). Die DFS-Rate glich jedoch der von Patienten, die beim ersten Stag­ing direkt pN2 zugeordnet worden waren (65,5 % vs. 63,1 %; p = 0,1992). Daher schlug Dr. Cohen­ vor, zur besseren Prognoseabschätzung im TNM-Staging-System die Zahl der Tumor Deposits zur Zahl der Lymphknotenmetastasen hinzuzunehmen.

Quellen:
1. Cohen R et al. 2021 Gastrointestinal Cancers Symposium (virtual); Abstract 10
2. Delattre JF et al. J Clin Oncol 2020; 38: 1702–1710; DOI: 10.1200/JCO.19.01960
3. Peacock O et al. A.o.O.; Abstract 4012; DOI: 10.1200/JCO.2020.38.15_suppl.4012
4. Meyerhardt JA et al. A.o.O.; Abstract 4003; DOI: 10.1200/JCO.2020.38.15_suppl.4003

Kongressbericht: 2021 Gastrointestinal Cancers Symposium (virtual)

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