Tumoren des Verdauungstrakts behandeln

Dr. Andrea Wülker

Neben den klassischen zytotoxisch wirksamen Substanzen spielen biologisch zielgerichtete Medikamente und Immuntherapien heute eine bedeutende Rolle in der medikamentösen Krebstherapie. Neben den klassischen zytotoxisch wirksamen Substanzen spielen biologisch zielgerichtete Medikamente und Immuntherapien heute eine bedeutende Rolle in der medikamentösen Krebstherapie. © freshidea - stock.adobe.com

Wenn gastrointestinale Tumoren entdeckt werden, ist die Prognose der Betroffenen oft schon kritisch. Medikamente sollen das Rezidivrisiko nach operativen Eingriffen senken und die Progression metastasierter Erkrankungen bremsen. Im multimodalen Behandlungskonzept gastrointestinaler Malignome werden Immuntherapien zunehmend wichtig.

Neben den klassischen zytotoxisch wirksamen Substanzen spielen biologisch zielgerichtete Medikamente und Immuntherapien heute eine bedeutende Rolle in der medikamentösen Krebstherapie. Monoklonale Antikörper gegen Oberflächenrezeptoren wie EGFR (epidermaler Wachstumsfaktor-Rezeptor) und HER2 (humaner epithelialer Wachstumsfaktor-Rezeptor 2) sind in der gastrointestinalen Onkologie bereits gut etabliert, schreiben Dr. Gertraud Stocker und ihre Kollegen von der Universitätsmedizin Leipzig. 

Antikörper basiert auf der Unterbrechung der jeweils nachgeschalteten Signalkaskaden, was zu einer Hemmung des Tumorwachstums führt. Zusätzlich kommt es zu einer Aktivierung des angeborenen Immunsystems im Rahmen einer antikörpervermittelten zellulären und einer komplementvermittelten Zytotoxizität.

Der Einsatz von monoklonalen Antikörpern beim Magenkarzinom und beim Adenokarzinom des gastroösophagealen Übergangs (AEG) in Kombination mit Chemotherapie gilt heute als Therapiestandard. Daher sollte man alle Patientinnen und Patienten mit einer dieser beiden Erkrankungen auf HER2 testen, betont das Autorentrio. Ein monoklonaler Antikörper gegen Claudin 18.2. dürfte demnächst zugelassen werden, sodass auch hierzu eine Testung bei Patienten mit Magenkrebs bzw. AEG erfolgen sollte. Bei Patienten mit Kolonkarzinom ist die Testung auf RAS und BRAF vor Einsatz des monoklonalen Antikörpers gegen EGFR erforderlich.

Eine neuere Entwicklung sind Antikörper-Wirkstoff-Konjugate wie etwa Trastuzumab-Deruxtecan, das beim fortgeschrittenen HER2-positiven Magenkarzinom wirksam ist und für die Zweitlinientherapie beim Magenkarzinom und AEG zugelassen ist. Im Vergleich zur üblichen Chemotherapie ermöglichen Antikörper-Wirkstoff-Konjugate höhere Konzentrationen von zytotoxischen Substanzen im Tumor.

Malignome können sich der Erkennung und Vernichtung durch das körpereigene Immunsystem entziehen. Immuncheckpoint-Inhibitoren gegen CTLA-4 (Cytotoxic T-lymphocyte-associated protein-4) bzw. gegen PD-1 (Programmed cell death protein 1) oder PD-L1 (programmed cell death protein ligand 1) wirken der Immuntoleranz gegen Krebs entgegen und stellen für die Therapie gastrointestinaler Tumoren wichtige Meilensteine dar. Immuncheckpoint-Inhibitoren erzielen klinisch bedeutsame Antitumor-Effekte, indem sie das körpereigene adaptive Immunsystem aktivieren.

Wie gut Immuncheckpoint-Inhibitoren bei einem bestimmten Patienten wirken werden, lässt sich mithilfe bestimmter Biomarker abschätzen. Eine wichtige Rolle spielt hierbei der Nachweis einer defizienten DNA-Mismatch-Reparatur (dMMR). Dafür eignet sich einerseits die fehlende Anfärbbarkeit von Mismatch-Reparatur-Proteinen im Tumorgewebe. Andererseits kann die Störung des DNA-Mismatch-Reparatursystems durch den Nachweis einer Instabilität von Mikrosatelliten (nichtcodierende DNA-Regionen, die über das gesamte Genom verteilt sind) belegt werden. Malignome mit dMMR/Mikrosatelliteninstabilität (MSI) weisen eine hohe Tumor-Mutationslast auf, wodurch die Tumoren stärker immunogen sind und auf Immuncheckpoint-Inhibitoren meist gut ansprechen. Auch die Expression von PD-L1 ist bei einigen (aber nicht allen) Tumorerkrankungen ein prädiktiver Biomarker für den Erfolg von Immuncheckpoint-Inhibitoren.

Bei vielen Tumoren mit dMMR/MSI sind Immuncheckpoint-Inhibitoren hoch wirksam. Allerdings können die Substanzen prinzipiell jedes Organ durch eine autoimmun bedingte Entzündung schädigen. Dies erfordert eine gute Aufklärung der Patienten, damit bei Bedarf rasch gehandelt werden kann.

Quelle: Stocker G et al. Dtsch Med Wochenschr 2024; 149: 432-439; DOI: 10.1055/a-2060-2192

Auf Mikrosatelliteninstabilität testen!

  • Bei gastrointestinalen Tumoren mit dMMR/MSI liegen die Ansprechraten auf Immuncheckpoint-Inhibitoren zwischen 40 % und 100 %.
  • Die Dauer der Response auf Immuncheckpoint-Inhibitoren ist im Schnitt deutlich länger als die Response auf eine Chemotherapie. Das wirkt sich positiv auf das Langzeitüberleben der Kranken aus – selbst in fortgeschrittenen Krankheitsstadien.
  • Aufgrund der Bedeutung der MSI für den Einsatz von Immuncheckpoint-Inhibitoren sollten alle Patientinnen und Patienten mit einer gastrointestinalen Tumorerkrankung auf MSI getestet werden, so die Empfehlung.

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Neben den klassischen zytotoxisch wirksamen Substanzen spielen biologisch zielgerichtete Medikamente und Immuntherapien heute eine bedeutende Rolle in der medikamentösen Krebstherapie. Neben den klassischen zytotoxisch wirksamen Substanzen spielen biologisch zielgerichtete Medikamente und Immuntherapien heute eine bedeutende Rolle in der medikamentösen Krebstherapie. © freshidea - stock.adobe.com