Übelkeit bei Palliativpatienten: Symptome behandeln und nach Ursachen fahnden

Dr. Anne Benckendorff

Grundsätzlich können die Übelkeits-Symptome Folge der Erkrankung selbst oder der Behandlung sein. (Agenturfoto) Grundsätzlich können die Übelkeits-Symptome Folge der Erkrankung selbst oder der Behandlung sein. (Agenturfoto) © iStock/KatarzynaBialasiewicz

Über zwei Drittel aller Krebskranken und rund die Hälfte aller anderen Patienten in einer palliativen Situation leiden an Nausea und/oder Emesis. Die symptomatische Therapie ist der erste Schritt. Parallel sollte man aber versuchen, den Auslöser zu ermitteln.

Übelkeit und Erbrechen belas­ten den Patienten und auch die Angehörigen oft sehr. Zudem verschlimmern sie die meist ohnehin erschwerte Ernährungssituation. Grundsätzlich können die Symptome Folge der Erkrankung selbst oder der Behandlung sein. So liegen der Übelkeit oft eine tumorbedingte Gastrostase oder gastrointestinale Obstruktionen zugrunde. Sie kann aber auch von einer Pharynxerkrankung ausgehen. Man muss besonders an Candida-Infektionen, exulzerierende Tumoren und sonstige Schleimhauterkrankungen denken, schreiben Dr. Matthias Thöns vom Palliativnetz Witten und Dr. Jörg Cuno vom Palliativzentrum am DonauIsar Klinikum Deggendorf.

Mit Blick auf metabolische Ursachen kommen u.a. eine Hyperkalz­ämie oder eine Urämie infrage. Zudem kann ein erhöhter Hirndruck zu starkem Erbrechen führen. Darüber hinaus sind Angst, Schmerz und psychische Belastungen als mögliche Gründe für Übelkeit zu bedenken. Schließlich können viele Arzneimittel – nicht nur Chemotherapien – Nausea und Erbrechen auslösen. Es lohnt sich daher, die Medikamentenliste auf mögliches Streichpotenzial zu checken.

Auch nicht-medikamentöse Verfahren einsetzen

Nicht-medikamentöse Ansätze gegen die Übelkeit

  • Zuversicht ausstrahlen
  • Stress und Angst der Patienten mindern
  • Mahlzeiten klein halten und appetitlich anrichten
  • alles vermeiden, was durch Aussehen oder Geruch Übelkeit verursachen könnte. Dazu gehört auch die Geruchskontrolle bei exulzerierenden Wunden (Tumoren, Dekubitus) zum Beispiel mit einem Schälchen Kaffeepulver, Minze oder Zitrone

Zwar meist alleine nicht ausreichend, aber trotzdem wichtig sind nicht-medikamentöse Verfahren, um die Symptome zu bekämpfen (s. Kasten). Medikament der ersten Wahl, vor allem im Fall von metabolisch-toxischen Ursachen – inkl. Opioiden –, ist niedrig dosiertes Haloperidol (5–10 Tropfen zur Nacht). Die Anwendung erfolgt off label; schwere Nebenwirkungen wie QT-Zeit-Verlängerungen oder extrapyramidale Störungen muss man mit der niedrigen Dosierung kaum fürchten. Eine Alternative, vor allem bei vegetativer Begleitsymptomatik (Hypersalivation, Diarrhö) sowie bei Hirnmetastasen, bietet Dimenhy­drinat (3 x 1 Tbl/Supp, 150 mg). Die Übelkeit durch Gastrostase spricht gut auf Metoclopramid (MCP, 3–4 x 10 mg) an, das die Peristaltik steigert. Aus diesem Grund darf es Patienten mit einer Obstruktion nicht gegeben werden; zudem verbietet sich eine Kombination dieser im Gastrointes­tinaltrakt cholinerg wirkenden Substanz mit dem Anticholinergikum Dimen­hydrinat. Bei ungenügender Wirkung schlagen die Autoren ein einfaches Stufenschema vor. Bleibt eine Besserung aus, steigert man täglich um eine Stufe. Auf Stufe 2 werden Haloperidol und Dimenhydrinat kombiniert; auf Stufe 3 kommt Levomepromazin hinzu (5 Tropfen zur Nacht) und auf Stufe 4 Ondansetron (2 x 8 mg sublingual, off label). Erbrechen aufgrund von erhöhtem Hirndruck lässt sich durch Kortikosteroide rasch lindern. Sie eignen sich zudem auf jeder Stufe des Schemas als Begleitmedikation. Traditionell verwendet man dafür Dexamethason in einer Startdosis von 8 mg und reduziert zügig unter die Cushing-Schwellendosis. Viele weitere Medikamente können einen Versuch lohnen, z.B. Olanzapin, Domperidon oder Cannabinoide, allerdings gibt es dafür wenig Evidenz. Oft wird auch eine antiemetische Infusionstherapie erforderlich, gegebenenfalls, nach ausführlichem Gespräch mit Patient und Angehörigen, in Kombination mit der Zufuhr von Flüssigkeit und parenteraler Ernährung. Für die Prophylaxe von chemotherapieinduzierter Übelkeit und Erbrechen empfehlen die Palliativmediziner eine Kombination aus Dexamethason, 5-Hydroxytryptamin und Aprepitant. Treten die Symptome dennoch auf, kommen Olanzapin, Haloperidol, MCP, Levomepromazin und Alizaprid infrage. Allerdings sollte man spätestens in der palliativen Situation ohnehin die Fortsetzung einer Chemotherapie kritisch diskutieren.

Klagt der Patient zusätzlich über Obstipation und Koliken?

Schließlich können Nausea und Erbrechen auch auf einen Ileus oder Subileus hinweisen. Besonders häufig trifft er Patienten mit Kolorektalkarzinom oder Ovarialkarzinom (10–30 % bzw. bis zu 50 %), dann häufig begleitet von Obstipation und Koliken. In diesen Fällen gilt es zu prüfen, ob ein konservativer Therapieversuch Erfolg verspricht. Je nach Peristaltik und Stuhlsituation im Rektum – vorhanden ja/nein, Beschaffenheit – ergibt sich die weitere Therapie.

Quelle: Thöns M, Cuno J. Schmerzmedizin 2021; 37: 14-17

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Grundsätzlich können die Übelkeits-Symptome Folge der Erkrankung selbst oder der Behandlung sein. (Agenturfoto) Grundsätzlich können die Übelkeits-Symptome Folge der Erkrankung selbst oder der Behandlung sein. (Agenturfoto) © iStock/KatarzynaBialasiewicz