
Ungewöhnliche Osteoporosen per Stanzbiopsie abklären

Fall 1
Als erstes Zeichen ihrer Erkrankung entwickelt eine Patientin mit 40 Jahren rötlich bräunliche, juckende Hauteffloreszenzen, wobei sich der Pruritus beim Kontakt mit warmem Wasser und beim Kratzen verstärkt. Mit 51 Jahren erleidet die Frau vier Wirbelkörperfrakturen und einen Schenkelhalsbruch. Daraufhin wird eine Osteoporose diagnostiziert und mit Stronziumranelat behandelt – ohne Erfolg. Wegen des fortschreitenden Knochenschwunds muss sie mit 55 Jahren in Rente gehen.
Eine histologische Abklärung erfolgt erst zwei Jahre später – nach zwölf Wirbelfrakturen, so der Rheumatologe Dr. Martin Gehlen, Fürstenhof Klinik, Bad Pyrmont. In der Knochenstanze fallen zahlreiche Mastzellen auf, eine systemische Mastozytose hat also die Osteoporose ausgelöst. Dazu passen auch die Hauterscheinungen. Die Mastzellen sorgen mit ihren Zytokinen für eine maximale Stimulation der Osteoklasten, was auch therapeutisch wichtig ist.
Betroffene Patienten dürfen keine osteoanabolen Substanzen wie Teriparatid erhalten. Sie müssen antiresorptiv behandelt werden, zum Beispiel mit Zoledronat.
Dieser Verlauf wäre vermeidbar gewesen, hätte man die Patientin schon nach dem Schenkelhalsbruch einem osteologischen Zentrum zugewiesen, monierte Dr. Gehlen. Die weiteren Frakturen hätten wahrscheinlich verhindert werden können und die Frau wäre noch berufstätig.
Eine Studie aus Bad Pyrmont kommt zu dem Schluss, dass etwa 0,5 % der Osteoporosekranken eine systemische Mastozytose aufweisen. Unter den Patienten mit Knochenbiopsie wegen entsprechender Symptome sind es fast 6 % der Männer und 2 % der Frauen. Eine Therapie mit Zoledronat konnte bei den Studienteilnehmern mit Mastozytose den Frakturprogress stoppen.
Fall 2
Vor acht Jahren hatte ein 56-jähriger Künstler einen Magenbypass erhalten. Inzwischen wiegt er 80 kg weniger, hat aber Wirbelkörperfrakturen und klagt über Myalgien und allgemeine Schwäche. Im Röntgenbild fallen vor allem fischwirbelartige Veränderungen auf, kaum Keilwirbel. Die Labordiagnostik ergibt ein reduziertes Kalzium (ca. 8,1 mg/dl), eine deutlich erhöhte alkalische Phosphatase (192 U/l), ein massiv erniedrigtes 25-OH-Vitamin D (3,6 ng/ml) und ein Parathormon von 343 ng/l.
Der Patient hat als Folge der bariatrischen Operation eine schwere, histologisch bestätigte Osteomalazie entwickelt, zusätzlich besteht eine Osteoporose. Das Beispiel zeigt, wie wichtig adäquate Kontrollen z.B. nach einem Magenbypass sind, betonte der Rheumatologe. Neben Vitamin D sollte man regelmäßig Parathormon und alkalische Phosphatase messen.
Der Mann wurde erfolgreich mit 100 000 Units Vitamin D i.m. pro Monat behandelt. Nach der Regulation der Osteomalazie erhielt er ein Bisphosphonat. Damit es erst gar nicht zu einer Osteomalazie kommt, empfiehlt die Leitlinie nach bariatrischen Operationen eine hoch dosierte, intramuskuläre Vitamin-D-Substitution mit bis zu 5000 Units pro Tag.
Fall 3
Eine 42-Jährige erleidet in der 33. Schwangerschaftswoche eine Hüftkopfnekrose links, hinzu kommen zehn Wirbelkörperfrakturen in den ersten drei Monaten postpartum. Die frisch gebackene Mutter ist auf einen Rollator angewiesen und nicht mehr in der Lage, ihr Kind zu versorgen, berichtete Dr. Gehlen. Trotz kompletter Diagnostik einschließlich Knochenstanze lässt sich keine Ursache für eine sekundäre Osteoporose feststellen. Für die Therapie empfiehlt Dr. Gehlen Teriparatid über zwei Jahre, um die Knochenstruktur zu stärken.
In einer eigenen Studie beobachtete ein Team um den Rheumatologen 20 Patientinnen mit schwangerschaftsassoziierter Osteoporose mindestens zwei Jahre lang, elf davon bis zur Menopause. Zum Zeitpunkt der Diagnose hatten sie im Schnitt etwa fünf Wirbelbrüche, drei Frauen entwickelten Folgefrakturen. Nach anfangs massiven Einschränkungen besserte sich der Zustand der Patientinnen jedoch in den ersten zwei Jahren deutlich. Die Patientinnen waren im Schnitt nach drei Jahren wieder erwerbstätig.
Die Ursache der schwangerschaftsassoziierten Osteoporose bleibt unklar, vermutet wird eine genetische Störung. Dafür spricht auch, dass etwa ein Drittel der Patientinnen familiär mit Osteoporose belastet sind, erklärte Dr. Gehlen. Außerdem werden während der Schwangerschaft und vor allem während der Stillzeit große Mengen Kalzium aus dem mütterlichen Skelett auf das Kind übertragen.
Deshalb gilt sofortiges Abstillen als allgemeiner Konsens. Auf Folgeschwangerschaften verzichten die meisten Frauen wegen der Traumatisierung.
Kongressbericht: 47. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).