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Unheilvolle Allianz

Patienten mit Diabetes mellitus entwickeln etwa zwei- bis fünfmal so häufig eine Herzinsuffizienz wie Menschen ohne Zuckerkrankheit, und das bereits in jüngeren Jahren. In der Praxis ist zudem von einer hohen Dunkelziffer auszugehen: So stellte man in einer Untersuchung bei fast 60 % der teilnehmenden Diabetiker eine Herzinsuffizienz fest – die Hälfte der Fälle war zuvor nicht bekannt gewesen. Umgekehrt stellt eine Herzinsuffizienz einen starken Risikofaktor für einen Diabetes dar.
Doppelbelastung erhöht Sterblichkeit um bis zu 90 %
Etwa 30 bis 40 % der Teilnehmer in Herzinsuffizienzstudien weisen einen Prädiabetes oder Diabetes auf. Bei Patienten mit beiden Erkrankungen ist die kardiovaskuläre Mortalität um 50 bis 90 % erhöht, betonen die Verfasser eines neuen gemeinsamen Positionspapiers von DGK und DDG.* Deshalb sei es wichtig, die medikamentöse Therapie optimal zu gestalten. Aufgrund der mageren Datenlage hinsichtlich Typ-1-Diabetes beziehen sich alle Empfehlungen der Expertengruppe auf Betroffene mit Typ-2-Diabetes.
Schon bei der Diagnose einer Herzinsuffizienz sollte direkt das Vorliegen eines Diabetes abgeklärt werden, so die Autoren. Dabei ist entsprechend den Praxisempfehlungen der DDG vorzugehen und sowohl der HbA1c als auch der Nüchternblutzucker zu messen: Sind beide pathologisch erhöht (HbA1c ≥ 6,5 %; Nüchtern-Plasmaglukose ≥ 126 mg/dl), ist die Diagnose Diabetes gestellt. Bei diskrepanten Ergebnissen sollte ein oraler Glukosetoleranztest (oGTT) erfolgen oder alternativ der höhere Wert nach 14 Tagen erneut gemessen werden. Ist der Befund eindeutig negativ (HbA1c < 5,7 %; NPG < 100 mg/dl), muss die Untersuchung erst nach drei Jahren wiederholt werden. Liegen die Werte im Graubereich, empfiehlt sich ebenfalls ein oGTT.
Ist bislang nur ein Diabetes bekannt, sollte möglichst bei jedem Kontakt nach Symptomen einer Herzinsuffizienz gefragt werden. Diese sind typischerweise:
- Dyspnoe
- Orthopnoe
- paroxysmale nächtliche Dyspnoe
- reduzierte Belastungstoleranz
- Müdigkeit
- verlängerte Erholungszeit nach Belastung
- Knöchelödeme
Bei der Untersuchung gilt es zudem, auf typische Zeichen zu achten. Dazu gehören u.a. ein erhöhter jugular-venöser Druck, hepatojugulärer Reflux, 3. Herzton (Galopprhythmus) oder lateralisierter Herzspitzenstoß. Bei Verdacht sollte mindestens ein natriuretisches Peptid bestimmt und – falls die Werte erhöht sind – eine Echokardiografie zur Sicherung der Diagnose durchgeführt werden.
HFrEF-Basistherapie umfasst immer vier Wirkstoffe
Die medikamentöse Behandlung der Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) ist bei Betroffenen mit und ohne Diabetes identisch. Sie besteht aus der Vierfachtherapie mit einem SGLT2-Inhibitor, einem ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor (ARNI), einem Betablocker und einem Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonisten (MRA). Auch die Device-Therapie unterscheidet sich grundsätzlich nicht bei Betroffenen mit und ohne Diabetes.
Bei der Therapie eines Diabetes bei gleichzeitig vorliegender Herzinsuffizienz gilt es, die Diabetesmedikation sorgfältig zu wählen bzw. anzupassen: Substanzen, die vermehrt zu Krankenhauseinweisungen aufgrund von Herzinsuffizienz führen können – konkret Pioglitazon und Saxagliptin – sind abzusetzen. Um das Risiko für Hypoglykämien zu reduzieren, sollte man bei Patienten mit einem HbA1c < 7 % die Insulindosis reduzieren und eine etwaige Begleittherapie mit Sulfonylharnstoffen beenden. Außerdem sind die „sick day rules“ zu beachten: Um eine Ketoazidose zu vermeiden, müssen bei fehlender Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme Metformin und SGLT2-Hemmer pausiert werden.
Für Herzinsuffizienzpatienten mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF) steht dagegen mit dem SGLT2-Inhibitor Empagliflozin erstmals eine Therapieoption mit erwiesener Wirksamkeit zur Verfügung. Generell sind SGLT2-Hemmer bei Patienten mit Diabetes und Herzinsuffizienz ausdrücklich indiziert. Cave: Bei deutlich reduzierter Nierenfunktion (eGFR < 45 ml/min) ist die blutzuckersenkende Wirkung der Substanzen herabgesetzt. Als sicher für diese Patientengruppe haben sich ferner GLP1-Rezeptor-Agonisten, Metformin, Dipeptidyl-Peptidase-4(DDP4)-Inhibitoren sowie Insulin glargin und Deglutec erwiesen. Eine individuelle – und interdisziplinäre – Behandlung wird von den Autoren der Leitlinie nachdrücklich empfohlen.
* Deutsche Gesellschaft für Kardiologie; Deutsche Diabetes Gesellschaft
Quelle: Schütt K et al. Diabetologie 2022; 17: 277-288; DOI: 10.1055/a-1867-3026
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