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Vermeintliches Mammakarzinom stellt sich als Lymphozytom heraus

Zwei Monate zuvor war der Patientin die schmerzhafte, größer werdende Verdickung an der Brust erstmalig aufgefallen. Ihr Hausarzt hat die Frau zur gynäkologischen Untersuchung überwiesen. Sie berichtete über mehrere Wochen bestehende Müdigkeit und dass sie sich gerne im Wald aufhielt, schreibt das Team um Dr. Sara Plavic-Radeka und Damaris Kägi vom Kantonsspital Winterthur.
Bei der Untersuchung zeigte sich eine Verdickung der Kutis von etwa einem Zentimeter am Rand des Brustwarzenhofes ohne Veränderung der Hautfarbe. Darunter war eine fragliche Raumforderung von 1 x 1 cm tastbar. Die zunächst durchgeführte Mammasonografie und Mammografie waren unauffällig. Mit Verdacht auf einen Morbus Paget führten die Ärzte eine erste Stanzbiopsie durch. Es zeigte sich ein gemischtes lymphozytäres Infiltrat ohne maligne Zellen. Quetschartefakte ließen keine Beurteilung der Dignität zu. Aufgrund einer hohen Brustdichte wurde als weitere Bildgebung eine Mamma-MRT empfohlen. Diese ergab Hinweise für ein malignes Geschehen.
Da die Situation weiterhin unklar war, erhielt die Patientin eine zweite, tiefere Stanzbiopsie. Es zeigte sich eine chronisch lymphozytäre Entzündung mit follikulärer Hyperplasie in der mittleren und tiefen Dermis, ohne histologische Hinweise für Malignität. Der Pathologe äußerte den Verdacht auf ein Pseudolymphom.
Eine PCR-Analyse des Gewebes führte letztlich zur Ursache: Darin konnte Borrelia afzelii nachgewiesen werden. Eine ergänzende Borrelien-Serologie fiel ebenfalls positiv aus. Damit wurde die Diagnose Borrelien-Lymphozytom perimamillär links gestellt. Dementsprechend leiteten die Ärzte eine orale Doxycyclintherapie (zweimal täglich 100 mg) ein. Bei unvollständiger Remission wurde die Behandlungsdauer von 21 auf 28 Tage verlängert, wodurch die entzündlichen Veränderungen vollständig zurückgingen.
In Europa tritt ein Lymphozytom bei nur etwa 2–3 % der Borrelieninfektionen auf. Typisch ist eine größenprogrediente Verhärtung der Haut. Diese findet sich bei Erwachsenen am häufigsten an der Brust, seltener am Ohrläppchen oder Skrotum. Das Borrelienlymphozytom entsteht nach einer medianen Inkubationszeit von 21 Tagen. Die Sensitivität der serologischen Untersuchung wird zwischen 50 % und 80 % angegeben.
Ist der Hautbefund ungewöhnlich lokalisiert oder stellt sich kein Therapieerfolg ein, sollte immer biopsiert werden. Dieses Vorgehen empfiehlt das Autorenteam auch generell für Befunde an der Brust, um eine Neoplasie auszuschließen. Der Erregernachweis mittels PCR kann neben der Histologie diagnostische Sicherheit liefern. Therapeutisch kommen Doxycyclin oder Amoxicillin infrage.
Quelle: Plavic-Radeka S et al. Swiss Med Forum 2024; 24: 155-157
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