Verordnungszahlen von Protonenpumpenhemmern ließe sich ohne Schaden halbieren

Michael Brendler

Ob und für wie lange PPI verschrieben werden, muss genauer unter die Lupe genommen werden. Ob und für wie lange PPI verschrieben werden, muss genauer unter die Lupe genommen werden. © iStock/ilkaydede

Nach wie vor verordnen Kollegen zu oft Protonen­pumpenhemmer. Dabei sind die Indikationen für eine Dauer­medikation eindeutig, meint ein Experte.

Dr. Ulrich Rosien möchte Protonenpumpeninhibitoren (PPI) nicht verteufeln. Angesichts von 3,6 Milliarden Tagesdosen, die Kollegen hierzulande im Jahr 2017 verschrieben haben, ist ihm aber klar, dass eine gesicherte Indikation nicht immer der Grund für das Rezept war. Der am Israelitischen Krankenhaus Hamburg tätige Gastroenterologe geht davon aus, dass sich die Verordnungszahlen halbieren ließen, ohne dass Patienten Schaden erleiden würden. Um dieses Ziel zu erreichen, muss man verinnerlichen, wem eine PPI-Gabe wirklich etwas bringt:

Auf lange Sicht von Nutzen

Nur wenn ein Risiko für eine gast­roduodenale Ulkusblutung vorliegt (s. Kasten), könne man eine Dauerprophylaxe rechtfertigen, so der Kollege. Beispielsweise wenn der Patient längerfristig NSAR oder andere potenziell ulzerogen wirkenden Medikamente einnimmt und ein weiterer Faktor hinzukommt. Wer von einem NSAR wie Diclofenac auf einen selektiven COX-2-Hemmer wechselt, kann den Protonenpumpenhemmer getrost weglassen.

Wann eine Blutung droht

Unter NSAR erhöhen folgende Faktoren das Risiko einer gastroduodenalen Ulkusblutung:
  • Komedikation mit: Glukokortikoiden (bei hospitalisierten Patienten), gerinnungsaktiven Medikamenten, selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern
  • Lebensalter über 64 Jahre
  • Ulkusanamnese
  • bestehende H.-pylori-Infektion
  • schwerer Verlauf einer Allgemein­erkrankung

Weg von der Intensiv – weg mit dem Magenschutz

Während einer Kombinationstherapie aus NSAR und Gerinnungshemmer (Vitamin-K-Antago­nisten, Thrombozytenaggregations-, Thrombinhemmer, Heparine oder ASS) bleibt die Indikation hingegen bestehen. In den meisten anderen Fällen genügt eine vorübergehende Behandlung, was sich laut Daten längst nicht überall herumge­sprochen hat.

Nur vorübergehend gefragt

Es gibt zwar durchaus gute Gründe, auf Intensivstationen prophylaktisch den Magenschoner zu geben, beispielsweise um einer Stress-Ulkus-Blutung vorzubeugen. Nach der Verlegung, spätestens zur Entlassung gilt es jedoch, die Entscheidung kritisch zu prüfen. In puncto typischen Refluxsymptomen rät Dr. Rosien: beschwerdefreie Patienten nach vier Wochen nur noch bedarfsadaptiert therapieren, die Dosis reduzieren und ggf. auf weniger potente Alternativen wie H2-Rezeptor-Antagonisten umsteigen. Tritt jedoch keine Besserung ein, ist eine eingehende Dia­gnostik obligat. Eine endoskopisch nachgewiesene Refluxösophagitis gilt es, probatorisch zu behandeln. Ausschließlich Betroffene mit endoskopischen Veränderungen Grad C und D kommen für eine längere Behandlung infrage. Ist der Patient unter Therapie ein Jahr beschwerdefrei, heißt das Ziel ebenfalls Dosisreduktion und Auslassversuch. Selbst beim Barrett wird ein PPI nur abhängig von der Entzündungsaktivität gegeben.

Sogar eine Blutung unter ASS muss nicht zum PPI führen

Liegt eine funktionelle Dyspepsie vor, kann man die Mittel wegen ihrer schwachen Effekte, so der Experte, nur flankierend erwägen (Cave: off label). Nach einer erfolgreichen Eradikation von H. Pylori kann man PPI ganz weglassen. Und Patienten, die unter ASS-Dauertherapie eine Ulkusblutung haben, bedürfen nur dann einer permanenten Säurehemmung, wenn die Hämorrhagie ohne H.-pylori-Besiedelung auftrat. Die Kombination hohes Lebensalter und Polymedikation allein jedenfalls, davon ist Dr. Rosien überzeugt, ist kein Grund, auf Dauer zu einem PPI zu greifen.

Quelle: Rosien U. Arzneiverordnung in der Praxis 2019; online first

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Ob und für wie lange PPI verschrieben werden, muss genauer unter die Lupe genommen werden. Ob und für wie lange PPI verschrieben werden, muss genauer unter die Lupe genommen werden. © iStock/ilkaydede