Protonenpumpenhemmer: Die PPI-Sau wird umsonst durchs Dorf getrieben

Birgit Maronde

War die Panikmache wegen Nebenwirkungen etwa bloß eine riesige Schweinerei? War die Panikmache wegen Nebenwirkungen etwa bloß eine riesige Schweinerei? © fotomaster/ddukang – stock.adobe.com; Montage MT

Die Protonenpumpenhemmer sind massiv in die Kritik geraten. Es gibt mittlerweile kein Organ, dem sie nicht schaden sollen. Waren die Ärzte in den letzten 30 Jahren wirklich so blind?

Alle Komplikationen einer PPI-Therapie, die derzeit beschrieben werden und für Wirbel sorgen, stammen aus Beobachtungs- oder Kohortenstudien und nicht aus randomisierten und kontrollierten Arbeiten – dem Goldstandard der medizinischen Beweisführung, beklagte Professor Dr. Joachim Labenz­ vom Diakonie-Klinikum Jung-Stilling in Siegen. Zieht man diese zurate, kommt man zu einer ganz anderen Beurteilung der Medikamente.

In der SOPRAN-Studie hat man bei knapp 300 Patienten die Omeprazol-Therapie mit der offenen Fundoplicatio über zwölf Jahre verglichen. Die Autoren der LOTUS-Studie nahmen bei 554 Patienten über sieben Jahre Esomeprazol versus laparoskopische Fundoplicatio unter die Lupe. Was die Nebeneffekte in diesen beiden Langzeitstudien anging, war der Anstieg des Gastrins der einzige Unterschied zwischen PPI und Fundoplicatio. Und der ist durch die Wirkung des PPI erklärbar: Wird die Magensäureproduktion gehemmt, steigt der Gastrinspiegel an. Bei allen anderen vermeintlichen PPI-Risiken gab es keine Differenzen, weder hinsichtlich gastrointestinaler Infektionen und Pneumonien noch bei Frakturen, kardiovaskulären Ereignissen, Neoplasien, Eisen-, Kalzium-, Vit­amin-D- oder Vitamin-B12-Spiegeln.

Postulierte Nebenwirkung von PPI und deren Evidenz
Potenzielle Nebenwirkung StudientypQualität der Evidenz
NierenerkrankungObservation sehr gering
Demenz Observation sehr gering
FrakturenObservation gering oder sehr gering
HerzinfarktObservation und RCT*sehr gering
Bakterielle Fehlbesiedelung des Dünndarms**Observation und Cross-overgering
Spontan bakterielle PeritonitisObservationsehr gering
Clostridium-difficile-InfektionObservationgering
PneumonieObservation und RCTsehr gering
Mangel an MikronährstoffenObservationgering oder sehr gering
Gastrointestinale MalignomeObservation und RCTsehr gering

* randomisierte kontrollierte Studie,
** Patienten mit Zirrhose und Aszites

nach Prof. Labenz

Bisher nur als Abstract liegt eine sehr viel größere Studie vor. Darin erhielten knapp 17 600 Patienten über drei Jahre randomisiert und kontrolliert zusätzlich zu ihrer Antikoagulation mit Rivaroxaban, ASS oder beidem 40 mg Pantoprazol vs. Placebo. Der einzige Nebenwirkungsunterschied in 53 152 Patientenjahren war, dass die Studienteilnehmer unter dem PPI etwas mehr enterale Infekte entwickelten als unter Placebo (1,4 % versus 1,0 %). „Diese Daten geben uns doch eine gewisse Sicherheit, dass wir unsere Patienten mit diesen Medikamenten nicht umbringen“, kommentierte Prof. Labenz. Die vorhandenen Observationsstudien hätten vermeintliche Nebenwirkungen der PPI identifiziert, aber keinen kausalen Zusammenhang belegt. Ganz ausschließen könne man diese zwar nicht, sollte es sie tatsächlich geben, sei allerdings das Risiko für den einzelnen Patienten sehr gering.

Natürlich werden PPI oft inadäquat verordnet – ohne Indikation oder in zu hoher Dosis. „Da müssen wir uns an die eigene Nase fassen“, räumte Prof. Labenz ein. So erhalten z.B. nach Daten der Barmer fast 40 % der Patienten mit Reizdarm ein PPI – ganz klar Fehlverordnungen, die korrigiert werden müssten, betonte der Experte. Prinzipiell solle man eine laufende PPI-Behandlung regelmäßig hinterfragen und prüfen, ob sie noch angemessen ist.

Quelle: 125. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin

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