
Magenschutz: Welcher Patient auf der Intensivstation wirklich PPI oder H2-Blocker braucht

Etwas mehr als ein Jahr ist es her, dass eine Studie die vorbeugende Gabe von Pantoprazol auf der Intensivstation infrage stellte.¹ Zwar traten unter PPI durchaus weniger gastrointestinale Blutungen auf. Doch nach 90 Tagen zeigte sich kein Netto-Nutzen bezüglich Mortalität und klinisch relevanter Ereignisse.
Ein internationales Team um den Pharmakologen Zhikang Ye der Capital Medical University in Peking nahm dieses Ergebnis nun zum Anlass, Empfehlungen zur Stressulkus-Prophylaxe für kritisch kranke Patienten aufzustellen.
Sucralfat sollte nicht verabreicht werden
Kritisch krank – das sind Personen mit einem lebensbedrohlichen akuten Leiden, die in der Regel auf einer Intensivstation behandelt werden, erklären die Autoren. Für ihre Praxisleitlinie haben sie deshalb 72 randomisierte Untersuchungen einschließlich der eingangs genannten mit insgesamt 12 660 intensivpflichtigen Patienten ausgewertet. Teilnehmer hatten PPI, H2-Blocker, Sucralfat oder Placebo eingenommen.
Fakten zur Blutungsprophylaxe bei kritisch Kranken
- Je höher das Blutungsrisiko, desto vorteilhafter eine Prophylaxe mit PPI oder H2-Blockern
- PPI senken die Blutungsgefahr wahrscheinlich mehr als H2-Blocker
- PPI und H2-Blocker könnten das Pneumonierisiko erhöhen
- PPI und H2-Blocker haben wohl keinen Einfluss auf Mortalität, Aufenthaltsdauer im Krankenhaus und andere wichtige Outcomes
- Koagulopathie,
- mechanischer Beatmung ohne enterale Ernährung,
- chronischer Lebererkrankung oder
- zwei oder mehr der folgenden Faktoren: Schock, Sepsis, akuter Nierenschaden, mechanische Ventilation plus enterale Ernährung.
Magenschutz immer nur zeitlich begrenzt geben
Bei der Wahl des geeigneten Präparats müssen mögliche Arzneiinteraktionen und Abbauwege berücksichtigt werden. So kann es unter PPI u.a. Wechselwirkungen mit Clopidogrel und Methotrexat geben. Und während die H2-Blocker Ranitidin und Famotidin das P450-System kaum tangieren, inhibiert Cimetidin die Cytochrom-Enzyme. Die Autoren bevorzugen eher PPI, versehen diese Tendenz aber nur mit einer schwachen Empfehlung. Beide Optionen seien vertretbar. Insbesondere fordern die Kollegen, den Magenschutz zeitlich zu begrenzen. Falls keine anderweitige Indikation bestehe, soll das Medikament abgesetzt werden, sobald der Patient nicht mehr kritisch krank ist oder sich seine Risikokonstellation verbessert. Ein Langzeitgebrauch führe nur zu weiteren Gefahren und Kosten.Quellen:
¹ Krag M et al. N Engl J Med 2018; 379: 2199-2208; DOI: 10.1056/NEJMoa1714919
Ye Z et al. BMJ 2020; 368: l6722; DOI: 10.1136/bmj.l6722
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).