
Verwirrspiele um das tränende Auge

Es mag paradox klingen, dass sich auch ein trockenes Auge als feuchtes präsentieren kann. Doch der Begriff „trockenes Auge“ umfasst nicht nur das klassische Tränenmangelsyndrom, sondern auch die Hypersekretion, die zu einem „feuchten trockenen Auge“ führen kann, schreiben Dr. Marc Schargus von der Universitäts-Augenklinik Düsseldorf und sein Kollege.
Dahinter steckt meist eine vermehrte reflektorische Tränensekretion bei erhöhter Verdunstung des Tränenfilms (Evaporation). Deshalb spricht man auch vom evaporativen trockenen Auge. Betroffene haben v.a. in den Morgenstunden Beschwerden (z.B. Augenbrennen). Sie verstehen oft nicht, dass sie an einem trockenen Auge leiden, weil die Hypersekretion genau das Gegenteil suggeriert.
Weitere Ursache liegt in den ableitenden Tränenwegen
Meibom-Drüsen-Dysfunktion ist häufiger Auslöser
Unter extrinsisch versteht man äußere Faktoren, die die Evaporation steigern. Dazu gehören allergische Konjunktividen, aber auch Störungen der Augenoberfläche – z.B. bei Vitamin-A-Mangel, der neben trockenen Augen eine Reflexsekretion auslösen kann. Grundsätzlich ist das trockene Auge mit Tränenhypersekretion eine Ausschlussdiagnose, betonen die Autoren. Vor allem ein streng einseitiger Befund sollte kritisch hinterfragt werden. Als Differenzialdiagnosen kommen z.B. bakterielle und virale Entzündungen in Betracht, auch Lidfehlstellungen (En- oder Ektropium) können zu einer Reflexhypersekretion führen. Diagnostiziert werden sollte das evaporative trockene Auge grundsätzlich vom Ophthalmologen – unter Hinzuziehung mehrerer Testverfahren. Veränderungen der Meibom-Drüsen zeigen sich z.B. unter der Spaltlampe. Der Schirmer-Test erfasst die Tränenreizsekretion und die Fluoreszinfärbung macht Korneaschäden sichtbar. Die Osmolalität des Tränenfilms zeigt sich mittels Impedanzmessung innerhalb von nur 30 Sekunden. Oft lässt sich die unerwünschte Tränenverdunstung schon mit einfachen Maßnahmen mindern. So sollte der Patient für eine möglichst luftfeuchte Umgebung sorgen, etwa durch häufiges Lüften und den Verzicht auf Klimaanlagen (auch im Auto). Bewusstes Blinzeln steigert die Lidschlagrate während der Bildschirmarbeit. Auch Nikotinkarenz, ausreichendes Trinken sowie Tränenersatzmittel tun dem trockenen Auge gut, so die Autoren.Komponente statt Schicht
Konsequente Lidrandhygiene zwei- bis dreimal täglich
Vor allem bei der Meibom-Drüsen-Dysfunktion mit posteriorer Blepharitis hat sich eine konsequente, dauerhaft durchgeführte Lidrandhygiene bewährt: Betroffene sollen zwei- bis dreimal täglich für fünf Minuten feuchtwarme Umschläge auflegen, gefolgt von einer Lidkantenmassage mit einem in Babyshampoo getränkten Watteträger. So lässt sich das Sekret aus den Ausführungsgängen drücken. Auch eine medikamentöse Therapie kann sinnvoll sein. Unter den antiinflammatorischen Substanzen haben sich Augentropfen mit Ciclosporin bzw. Glukokortikoiden als wirksam erwiesen. Steroide sind allerdings wegen potenzieller Nebenwirkungen (Glaukom, Katarakt) nur zeitlich begrenzt einsetzbar. Topische NSAR zeigten dagegen keinen signifikanten Effekt. Bei einer Meibomitis empfehlen die Autoren einen Versuch mit Doxycyclin (50 mg/Tag über drei Monate).Schargus M, Geerling G. HNO 2017; 65: 69-84
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).