Von Kopf bis Fuß Fibrose

Maria Weiß

Ein erhöhtes Serum-IgG4 ist für die Diagnose 
nicht erforderlich. Ein erhöhtes Serum-IgG4 ist für die Diagnose nicht erforderlich. © iStock/jarun011

IgG4-assoziierte Erkrankungen sind durch ein Nebeneinander von inflammatorischen und fibrotischen Prozessen gekennzeichnet, das nahezu alle Organe betreffen kann. Erkennt man sie frühzeitig, können Glukokortikoide die Veränderungen zur Rückbildung bringen und schwere Folgen wie Aneurysmarupturen verhindern.

Zahlreiche schon länger bekannte Erkrankungen werden heute den IgG4-assoziierten bzw. fibro-inflammatorischen Erkrankungen zugeordnet (s. Tabelle). Nicht selten bestehen mehrere dieser Manifestationen gleichzeitig, erklärte Professor Dr. Augusto Vaglio von der Abteilung für biomedizinische, experimentelle und klinische Wissenschaften an der Universität Florenz. Typisch ist ein gleichzeitiges Auftreten von inflammatorischen und fibrotischen Veränderungen, wobei am Anfang die Entzündung und im Verlauf die Fibrose überwiegt. Die entstehenden Läsionen sind dabei häufig tumorartig und können gesundes Gewebe durch Kompression und Verdrängen schädigen. Grundsätzlich sind die Veränderungen durch eine adäquate Therapie über längere Zeit noch rückbildungsfähig.

Häufige Organmanifestationen
Pankreas
sklerosierende Pankreatitis
Gallentrakt
sklerosierende Cholangitis
Mesenterium
sklerosierende Mesenteritis
periaortales Retroperitoneum
retroperitoneale Fibrose, chronische Periaortitis
Schilddrüse
Riedel-Struma, fibrosierende Hashimoto-Thyreoiditis
Aorta
chronische Periaortitis, Aortitis
Speichel- und Tränendrüsen
Mikulicz-Erkrankung
Mediastinum
fibrosierende Mediastinitis
Nieren
tubulo-interstitielle Nephritis
Meningen
hypertrophe Pachymeningitis

Hinzu kommen:

  • inflammatorische Pseudotumoren in verschiedenen Lokalisationen
  • diffuse Lymphadenopathien
  • multifokale Fibrosklerosen

Serologisch liegt meist ein erhöhter IgG4-Spiegel vor. Histopathologische Anzeichen sind dichte lymphoplasmazytische Infiltrate, ein hoher Prozentsatz an IgG4-positiven Plasmazellen, fischschwarmartige Fibrose, obliterative Phlebitis und eine Gewebeeosinophilie. Granulome, Neutrophileninfiltration und Fibrinoidnekrosen sprechen dagegen eher gegen die Diagnose.

Chronische Periaortitis relativ häufig

Nach der aktuellen EULAR-Klassifikation1 kann die Diagnose gestellt werden, wenn sich eine charakteris­tische klinische oder radiologische Organbeteiligung zeigt, keine Ausschlusskriterien mit Hinweis auf andere Erkrankungen bestehen (z.B. Fieber, fehlende Reaktion auf Steroide, positive Autoantikörper, maligne Zellen) und weitere typische Anzeichen bestehen. Dazu gehören das oben beschriebene histopathologische Bild oder erhöhte IgG4-Spiegel im Serum, die jedoch nicht explizit gefordert werden.

Mit FAPi-PET-CT der Fibrose auf der Spur

Mit der herkömmlichen FDG-PET-CT kann man die entzündliche proliferative Aktivität sehr gut nachweisen, berichtete Professor Dr. Andreas Ramming von der Medizinischen Klinik 3 am Universitätsklinikum Erlangen. Stehen jedoch fibrotische Veränderungen der Stromazellen im Vordergrund, lässt sich dies mit dieser Methode nicht mehr darstellen. Eine neue Möglichkeit ist in diesen Fällen die Verwendung von Fibroblast-Activation-Protein-Inhibitoren (FAPi) als hochspezifische Tracer mit wenig Hintergrundrauschen. Mittels FAPi-PET-CT gelingt es die fibrotische Aktivität direkt darzustellen, was sich auch zur Verlaufskontrolle nach B-Zell-Depletion verwenden lässt.

Eine relativ häufige Manifestation ist die chronische Periaortitis, bei der nicht nur Aneurysmen und deren Ruptur drohen. Durch Kompression können sich obstruktive Uropathien und Beinödeme entwickeln. Nur ein Teil der Betroffenen weist erhöhte Serum-IgG4-Spiegel auf. Ob dies der Fall ist oder nicht, ändert allerdings nichts an der Prognose oder dem therapeutischen Vorgehen, erklärte Prof. Vaglio. Grundsätzlich sind die IgG4-assoziierten Erkrankungen steroidsensibel. Kortikosteroide gelten daher auch als erste Wahl zur Remissionsinduktion. Eine sehr effektive Therapie unabhängig von einem IgG4-Nachweis ist die B-Zell-Depletion mit Rituximab, die bei Steroidabhängigkeit oder -versagen ins Auge gefasst werden kann. Diagnostisch und therapeutisch erfordern IgG4-assoziierte Erkrankungen die enge Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen, betonte Privatdozent Dr. Sebastian Ullrich von der Abteilung für Gast­roenterologie am Städtischen Krankenhaus Kiel. Dort sind die Kollegen vor allem mit der sklerosierenden Pankreatitis und der sklerosierenden Cholangitis konfrontiert.

Im Pankreas kaum vom Karzinom zu unterscheiden

Problematisch ist bei der sklerosierenden Pankreatitis die in der Bildgebung kaum mögliche Unterscheidung von Pankreaskarzinomen, zumal diese anfangs ebenfalls eine Rückbildungstendenz unter Stero­iden zeigen können. Eine Histologie sollte daher immer angestrebt werden. Wichtig ist aus Sicht Dr. Ullrichs, die IgG4-assoziierten Erkrankungen als ein lebenslanges Krankheitskontinuum zu verstehen, bei dem es zu Spontanremissionen einzelner Manifestationen, aber auch zu immer neuen Manifestationen an anderen Organensystemen kommen kann.

Quelle:
1. Wallace et al. Ann Rheum Dis. 2020; 79: 77; DOI: 10.1136/annrheumdis-2019-216561

Kongressbericht: Deutscher Rheumatologie Kongress 2021 – virtuell

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Ein erhöhtes Serum-IgG4 ist für die Diagnose 
nicht erforderlich. Ein erhöhtes Serum-IgG4 ist für die Diagnose nicht erforderlich. © iStock/jarun011