Wann sind routinemäßige Spiegelbestimmungen sinnvoll?

Maria Weiß

Profitieren Erwachsene unter einer Biologikatherapie von regelmäßigen Blutspiegelbestimmungen? Profitieren Erwachsene unter einer Biologikatherapie von regelmäßigen Blutspiegelbestimmungen? © Chutipon – stock.adobe.com

Profitieren Erwachsene mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, inflammatorischer Arthritis oder Psoriasis unter einer Biologikatherapie von regelmäßigen Blutspiegelbestimmungen? Nur bedingt, wie eine Metaanalyse ergab.  

Standardmäßig werden Biologika in festgesetzten Dosierungen eingesetzt und die Blutspiegel nur reaktiv bestimmt – z. B. wenn die Krankheitsaktivität unter der Therapie zunimmt. Bei einem proaktiven therapeutischen Drugmonitoring (TDM) werden dagegen die Serumspiegel der Medikamente und gegen sie gerichtete Antikörper unabhängig vom klinischen Verlauf regelmäßig kontrolliert und die Dosierung ggf. angepasst, bis sie im vordefinierten therapeutischen Bereich liegen. Die Rolle von TDM in der klinischen Praxis ist unklar und die Empfehlungen in verschiedenen Leitlinien unterscheiden sich.

Ein Team um Leticia­ Kawano-Dourado­ von der MAGIC Evidence Ecosystem Foundation, hat zu dieser Frage zehn Studien mit insgesamt 2.283 Teilnehmenden mit CED, inflammatorischer Arthritis (rheumatoide Arthritis, Spondyloarthritis, Psoriasisarthritis) oder Psoriasis ausgewertet, die mit Infliximab, Adalimumab oder anderen Biologika behandelt wurden. Basierend auf den Ergebnissen dieser Studien, einer Metaanalyse und unter Patientenbeteiligung kamen sie zu folgenden drei Empfehlungen für Erwachsene mit den untersuchten immunologischen Erkrankungen, die aufgrund der vorhandenen Evidenz allerdings alle schwach sind:

  1. Während einer Erhaltungstherapie mit Infliximab i.v. wird ein proaktives TDM empfohlen. Grundlage ist ein potenzieller Vorteil des proaktiven im Vergleich zum reaktiven oder gar keinem TDM. So konnte 14 % häufiger eine Remission oder Krankheitskontrolle aufrechterhalten werden, ohne dass negative Auswirkungen auf die Betroffenen erkennbar waren.
  2. Erwachsene, die Adalimumab oder ein anderes Biologika bekommen, wird in der Erhaltungsphase kein proaktives TDM empfohlen. Diese Empfehlung beruht auf der fehlenden Evidenz für einen Nutzen des TDM: Die Ergebnisse der drei vorhandenen Studien mit Adalimumab zeigen zwischen 9 % weniger und 30 % mehr Remissionen. Der Verzicht auf das TDM hat für die Betroffenen den Vorteil, weniger oft in die Praxis und zur Blutabnahme zu müssen – zumal Adalimumab s.c. häufig selbst zu Hause verabreicht wird. Noch schlechter ist die Evidenz für andere Biologika, sodass man das TDM auch für diese nicht empfiehlt. Eine abschließende Klärung soll nach weiteren Studien erfolgen. Dass die Evidenz für die Entscheidung gegen ein TDM unter Adalimumab und anderen Biologika schwach ist, lässt in Einzelfällen Raum für ein TDM, schreibt das Team. Es könnte z. B. bei Erkrankten mit einem hohen Risiko für Krankheitsschübe mit ernsten klinischen Konsequenzen infrage kommen.
  3. Wurde eine Therapie mit Infliximab, Adalimumab oder einem anderen Biologikum neu begonnen, wird in der Induktionsphase aufgrund fehlender Evidenz kein proaktives TDM empfohlen. Das gilt auch für die i.v. Gabe von Infliximab: Darunter variierte der Effekt eines proaktiven TDM zwischen einer Reduktion von Remissionen um 8 % und einem Anstieg um 11 %.

Viele Fragen bleiben aufgrund mangelnder Evidenz weiterhin ungeklärt, so das Autorenteam. Dazu gehören u. a. die Kosteneffektivität, die am besten geeigneten Messmethoden, die Rolle einer zusätzlichen Antikörperbestimmung und die optimalen Abstände zwischen den Spiegelbestimmungen. In jedem Fall sollten auch die Einstellungen und Wünsche der Betroffenen und die Verfügbarkeit eines routinemäßigen TDM berücksichtigt werden. 

Quelle: Kawano-Dourado L et al. BMJ 2024; 387: e079830; doi: 10.1136/bmj-2024-079830

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