Was man über Amyloidosen wissen sollte

Dr. Dorothea Ranft

Letzten Endes führten die Exzisionsbiopsien schließlich zur Diagnose einer  AL-Amyloidose. Letzten Endes führten die Exzisionsbiopsien schließlich zur Diagnose einer AL-Amyloidose. © Juan Gärtner – stock.adobe.com

Amyloidosen nehmen unbehandelt einen chronisch progredienten Verlauf bis hin zum Tod. Durch eine frühzeitige Diagnose und Therapie lässt sich die Prognose erheblich verbessern. Mitunter stehen kausale Behandlungsoptionen zur Verfügung.

Die Bezeichnung Amyloidose fasst eine Reihe sehr heterogener Multisystemerkrankungen in einem Begriff zusammen. Allen gemeinsam ist die Bildung fehlgefalteter Proteine, sogenannter Amyloide, die sich in den Organen ablagern und deren Funktion stören, schreibt Dr. Elisabeth Blüthner von der Charité – Universitätsmedizin Berlin. In Abhängigkeit vom verursachenden Eiweiß entstehen die verschiedensten klinischen Erscheinungsbilder. Bislang sind über 40 amyloide Proteine bekannt, die sich nur anhand einer Biopsie voneinander unterscheiden lassen. Die häufigsten Formen sind die Leichtketten-, die Serumamyloid-A- und die Transthyretin-­Amyloidose (AL-, AA- bzw. ATTR-Amyloidose).

Leichtketten-Amyloidose

In Industrieländern wie Deutschland ist die AL-Amyloidose die häufigste Form. Sie manifestiert sich vorwiegend im Alter über 50 Jahre. Von allen systemischen Amyloidosen hat sie die schlechteste Prognose. Meist geht sie vom Knochenmark aus, wo pathologisch veränderte Plasmazellen freie Immunglobulin-Leichtketten produzieren. Die AL-Amyloidose betrifft am häufigsten Herz und Nieren (65 % bzw. 70 % der Fälle), aber auch Leber, Nervensystem, Magen-Darm-Trakt und Zunge.

Im Frühstadium treten meist unspezifische Symptome wie Gewichtsverlust und Abgeschlagenheit auf. Infolge des rasch progredienten kardialen Verlaufs sterben etwa 30 % der Patientinnen und Patienten innerhalb eines Jahres. Die Vier-Jahres-Überlebensrate liegt bei 40–60 %.

Die Therapie ist komplex, richtet sich prinzipiell aber immer nach dem Allgemeinzustand und der Organbeteiligung. Bei schlechter Konstitution kommt nur eine Standardchemotherapie in Betracht, fitte Personen profitieren von einer Hochdosisbehandlung und einer autologen Stammzelltransplantation.

Serumamyloid-A-Amyloidose

Die AA-Amyloidose entsteht stets sekundär infolge einer chronischen Inflammation. Zu den Ursachen zählen Tuberkulose, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Malignome und das familiäre Mittelmeerfieber. Die AA-Fibrillen lagern sich überwiegend in den Nieren ab. Behandelt wird entsprechend der Grunderkrankung. Die durchschnittliche Überlebenszeit liegt bei elf Jahren.

Transthyretin-Amyloidose

Der ATTR-Amyloidose liegen Ablagerungen von Transthyretin, einem spezialisierten Transportmolekül, zugrunde. Man unterscheidet die hereditäre von der altersbedingten Form. Für die vererbte ATTR-Amyloidose wurden bislang mehr als 140 autosomal-dominante genetische Veränderungen am Transthyretin beschrieben. Je nach Mutation sind primär Herz oder Nerven betroffen, mitunter beides. Oft kommt es zur Mitbeteiligung des Gastrointestinaltrakts, der Augen oder Nieren. Therapiert wird kausal mit dem Transthyretinstabilisator Tafamidis oder mit den Antisense-Oligonukleotiden Inotersen, Patisiran und Vutrisiran.

Bei der Wildtyp-ATTR-Amyloidose bilden sich die Transthyretinaggregate ohne Mutation. Mit steigendem Patientenalter nimmt die Prävalenz der Erkrankung zu, wobei meist Männer betroffen sind. In erster Linie kommt es zu kardialen Symptomen mit langsamem progredienten Verlauf. Eine neurologische oder gastrointestinale Beteiligung ist seltener. Zur Behandlung steht Tafamidis zur Verfügung.

Den Fall einer Amyloidose präsentiert das Autorenteam um Annina Gutzwiller vom Kantonsspital Winterthur: Der 74-jährige Patient litt bereits seit zehn Jahren an Morbus Waldenström. Aktuell wurde er wegen Teerstuhl, Erbrechen, Inappetenz und deutlichen Gewichtsverlusts stationär aufgenommen.
Bis auf den Teerstuhlbefund in der rektalen Palpation verlief die Untersuchung unauffällig, die Hämoglobinkonzentration lag bei 72 g/l. Die gastroskopische Untersuchung ergab einen Retentionsmagen und eine schwere Refluxösophagitis als Blutungsquellen, in der CT zeigte sich eine zirkuläre Wandverdickung des Pylorus. Als Auslöser der Symptome hatte das behandelnde Ärzteteam eine Amyloidose in Verdacht. Diese kann durchaus als Komplikation bei M. Walden­ström auftreten, manifes­tiert sich aber nur selten mit einer fokalen Raumforderung.

Nach einer ergebnislosen Feinnadelpunktion folgte eine Laparoskopie. Beim Verdacht auf eine Amyloidose muss in der Pathologie stets ausdrücklich eine Kongorotfärbung beauftragt werden, erinnern die Autorinnen und Autoren. Sie vermag als einzige histologische Färbung, Amyloid auch in kleinen Mengen nachzuweisen. Letzten Endes führten die Exzisionsbiopsien schließlich zur Diagnose einer  AL-Amyloidose.

Zur Sicherung der Magenpassage wurde dem 74-Jährigen endoskopisch ein transpylorischer Stent eingelegt. Von einer Operation oder rezidivierenden Dilatationen sahen die Ärztinnen und Ärzte angesichts der Polymorbidität und des Alters des Patienten ab. Der Mann erholte sich zusehends und konnte sich bald wieder peroral ernähren.

Quellen:
1. Blüthner E. Ernährungs Umschau 2024; 71: M344-M352; DOI: 10.4455/eu.2024.021
2. Gutzwiller A et al. Swiss Med Forum 2024; 24: 342-345; DOI: 10.4414/smf.2024.1257811222

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Letzten Endes führten die Exzisionsbiopsien schließlich zur Diagnose einer  AL-Amyloidose. Letzten Endes führten die Exzisionsbiopsien schließlich zur Diagnose einer AL-Amyloidose. © Juan Gärtner – stock.adobe.com