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Wenn die Leber tranig wird

Eine kompensierte Leberzirrhose verläuft oft asymptomatisch. Kommt es jedoch zur Dekompensation, sinkt die Lebensqualität der Betroffenen und die Sterblichkeit steigt sprunghaft an. Verursacht wird die Dekompensation durch eine portale Hypertonie und chronische Entzündungen. Dr. Marlene Reincke und Kollegen von der Klinik für Innere Medizin II der Universitätsklinik Freiburg stellen die Komplikationen und Behandlungsmöglichkeiten vor.
Aszites
Die häufigste Komplikation der Leberzirrhose ist ein Aszites. Tritt dieser neu auf, sollte eine sonografisch kontrollierte Peritonealpunktion durchgeführt werden, um u.a. Zellzahl und -typen zu bestimmen. Die Bauchpunktion dient auch als therapeutische Maßnahme. Bei einem Drainagevolumen von > 5 l muss der Albuminverlust ausgeglichen werden. Zur weiteren Therapie kann dem Patienten ein Aldosteronantagonist wie Spironolacton verschrieben werden. Bei fehlendem Ansprechen bietet sich die Kombinationstherapie mit einem Schleifendiuretikum, z.B. Furosemid, an. Zudem ist eine eiweißreiche sowie salzarme Ernährung empfehlenswert. Patienten mit Hyponatriämie (Serumnatrium < 125 mmol/l) sollten maximal 1,5 l am Tag trinken.
Bei einem therapierefraktären oder rezidivierenden Aszites ist die Prognose schlecht und eine Lebertransplantation gegebenenfalls nötig. Um die Zeit bis zur Transplantation zu überbrücken oder wenn diese nicht möglich ist, kann ein transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt (TIPS) angelegt werden. Ein Aszites führt mitunter zu weiteren Komplikationen, z.B. der spontanen bakteriellen Peritonitis (SBP, siehe Kasten).
Komplikationen bei Aszites
- Spontane bakterielle Peritonitis: Diese Infektion des Aszites wird meist durch Darmbakterien verursacht. Sie ist gekennzeichnet durch eine hohe Konzentration an neutrophilen Granulozyten im Punktat (> 250/µl). Die Therapie besteht aus Cephalosporinen der 3. Generation, Piperacillin/Tazobactam oder Carbapenemen.
- Hepatoreneales Syndrom: Patienten mit Aszites haben ein hohes Risiko für eine Nierenschädigung. Beim hepatorenalen Syndrom steigen die Kreatininwerte innerhalb von 48 Stunden um > 0,3 mg/dl an oder innerhalb von drei Monaten um > 50 % des Ausgangswerts. Es ist aber eine Ausschlussdiagnose. Der Verdacht erhärtet sich, wenn Patienten nicht auf eine Volumentherapie mit Albumin ansprechen. Dann empfiehlt sich eine Kombinationstherapie mit Albumin und einem Vasokonstriktor. Potenziell nierenschädigende Medikamente (Vasodilatatoren, Diuretika, Betablocker) sollten abgesetzt werden. Insgesamt sind die Therapiemöglichkeiten beim HRS begrenzt, sodass früh eine Lebertransplantation ins Auge gefasst werden sollte.
- Hepatischer Hydrothorax: Bei diesem Krankheitsbild tritt die intraperitoneale Flüssigkeit aufgrund eines Zwerchfelldefekts in die Pleurahöhle ein. Der Pleuraerguss wird analog zum Aszites behandelt. Vor Behandlungsbeginn sollten kardiale, pulmonale oder pleurale Ursachen ausgeschlossen werden.
Hepatische Enzephalopathie (HE)
Eine weitere häufige Komplikation der Leberzirrhose ist die HE. Triggerfaktoren sind bakterielle Infekte (z.B. SBP), gastrointestinale Blutungen oder eine Exsikkose. Je nach Stadium äußert sie sich z.B. durch Vigilanzminderung, Schlafstörungen, Somnolenz und neurologische Störungen bis hin zum Koma. Die Diagnose beruht primär auf den klinischen Kriterien. Eine Ammoniaktestung kann aber zum Ausschluss einer HE beitragen. Als präventive Maßnahme sollte die Ernährung der Patienten angepasst werden (u.a. proteinreich). Um eine Exsikkose zu vermeiden, muss die Diuretikabehandlung regelmäßig kontrolliert werden. Ziel der medikamentösen Therapie, beispielsweise mit Lactulose oder Rifaximin, ist, die intestinale Ammoniakmenge zu verringern.
Varizenblutungen
Eine klinisch relevante Magen- oder Ösophagusvarikose kann sich bei erhöhtem Lebervenenverschlussdruck (HPVG) entwickeln. Ab einem Druck von > 10 mmHg spricht man von einer klinisch signifikanten portalen Hypertonie (CSPH). Erst dann ist eine Therapie mit nicht-selektiven Betablockern, z.B. Carvedilol, zur Senkung des HPVG indiziert. Dessen Messung ist im klinischen Alltag jedoch nicht praktikabel, so die Autoren. Ein nicht-invasives Diagnoseverfahren ist die Bestimmung der Leber- oder Milzsteifigkeit. Eine CSPH kann bei einem Lebersteifigkeitsindex von ≤ 15 kPa und einer Thrombozytenzahl > 150.000/µl ausgeschlossen werden. Sollte der Indexwert ≥ 20 kPa oder die Thrombozytenzahl < 150.000/µl liegen, muss eine Endoskopie durchgeführt werden.
Eine akute Varizenblutung ist lebensbedrohlich. Je nach Lokalisation kann die Blutung mittels Bandligatur oder Sklerosierung gestillt werden.
Weitere Komplikationen
Tritt eine zirrhotische Kardiomyopathie aufgrund der hyperdynamen Kreislaufsituation auf, verschlechtert sich die Prognose deutlich. Mittels Echokardiografie lässt sich diese kardiale Komplikation diagnostizieren. Eine Betablockertherapie darf, wenn überhaupt, nur eingeschränkt fortgeführt werden.
Zu den pulmologischen Komplikationen zählen die portopulmonale Hypertonie und das hepatopulmonale Syndrom, wobei letzteres häufiger auftritt. Dabei ist durch bakterielle Translokation und systemische Entzündung der pulmonale Gasaustausch beeinträchtigt. Ein arterieller Sauerstoffpartialdruck < 80 mmHg ist ein erster Indikator. Gewissheit bringen eine Lungenfunktionsprüfung und eine Echokardiografie. Die einzige kausale Therapie ist die Lebertransplantation.
Die Endstrecke der Leberzirrhose ist das Multiorganversagen mit einem sepsisähnlichen Bild. Die 28-Tages-Mortalität liegt zwischen 22 und 77 %. Auslöser können gastrointestinale Blutungen, bakterielle Infekte oder Alkoholkonsum sein.
Quelle: Reincke M et al. Dtsch Med Wochenschr 2023; 148: 1371-1382; DOI: 10.1055/a-2001-4236
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