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Wenn die Livedovaskulopathie an den Beinen nagt
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Papeln, Ulzera mit lividem Randsaum und weißlich atrophe Narben. (Agenturfoto)"
Vor allem Frauen in der zweiten Lebenshälfte entwickeln Livedovaskulopathien. Die folgenschwere und oft fehldiagnostizierte Gefäßerkrankung beginnt typischerweise in der Malleolarregion mit einzelnen hämorrhagischen Papeln, Petechien oder flachen Plaques und einer örtlich begrenzten Livedo racemosa. Daraus entwickeln sich sehr schmerzhafte und nur langsam verheilende Ulzera mit unregelmäßiger Kontur und lividem Randsaum.
Trias der Livedovaskulopathie
- Livedo racemosa um hämorrhagische Papeln
- schmerzhafte, nur Iangsam heilende Ulcera crurum mit lividem Randsaum
- Atrophie blanche
Diese neigen zum Rezidivieren, aber fast nie an der gleichen Stelle. Stattdessen wandern die Geschwüre über die Malleolarregion hinweg, gelegentlich auch über beinahe den ganzen Unterschenkel. Dabei hinterlassen sie eine Atrophie blanche mit eingesunkenen weißen Narben, schreiben Dr. Katrin John vom Universitätsklinikum Halle und Kollegen.
Die früher übliche Bezeichnung Livedovaskulitis ist inzwischen obsolet. Denn statt einer Entzündung kommt es zur Okklusion kleiner Hautgefäße durch Mikrothromben, was der Erkrankung den Namen Hautinfarkt eingetragen hat. Das typische kutane Bild einer Livedo racemosa entsteht aufgrund der unregelmäßigen Verteilung der Gerinnsel.
Nicht mit Pyoderma gangraenosum verwechseln
Differenzialdiagnostisch ist bei Patienten mit entsprechender Hautzeichnung an eine mikroskopische Polyangiitis und an ein Sneddon-Syndrom zu denken. Letzteres manifestiert sich mit einer Livedo ohne Ulzera. Auch Pyoderma gangraenosum und Kalziphylaxie können der Livedovaskulopathie täuschend ähnlich sehen. Die Diagnosestellung beruht neben dem klinischen Erscheinungsbild auf der Histologie. Zur Sicherheit sollten immer mehrere Biopsien aus lividen und unauffälligen Arealen im Randbereich der Geschwüre entnommen werden. Dabei lassen sich intraluminale Thromben der kleinen Gefäße in mittlerer und oberer Dermis finden.
Im Gegensatz zum relativ einheitlichen klinischen Bild sind die Ursachen der zugrunde liegenden Hyperkoagulabilität vielfältig und erfordern eine umfangreiche Abklärung. Häufig bestehen prokoagulatorische Veränderungen im Gerinnungssystem, eine Polyglobulie und Störungen der Fibrinolyse. Die Auslöser können angeboren sein (z.B. Faktor-V-Leiden, Prothrombin-Mutation). Beispiele für erworbene Ursachen sind Autoimmunerkrankungen und Paraneoplasien.
Multifaktoriell bedingte Systemerkrankung
Zusätzlich bestehen oft exogen erschwerende Faktoren wie Verletzungen, Hitze- oder Kälteexposition und venöse Stauung. Vor allem im höheren Alter wird die Durchblutungsstörung häufig durch Begleiterkrankungen wie Diabetes, PAVK und Hypertonie verstärkt. Die Livedovaskulopathie kann deshalb auch als multifaktoriell bedingte Systemerkrankung verstanden werden.
Die Therapie ist häufig langwierig, eventuell sogar frustran. Neben Kompression und phasengerechter Lokaltherapie der Ulzera empfehlen die Autoren zunächst die Gabe von Heparin (z.B. Enoxaparin, pro Tag 1 mg/kgKG) – sofern kein Antithrombin-III-Mangel vorliegt. Zusätzlich können ASS, Pentoxyphyllin und Nifedipin eingesetzt werden.
Die Behandlung sollte mindestens vier Wochen fortgeführt werden. Auch unter Faktor-Xa-Hemmern wurden Therapieerfolge erzielt. Deshalb können Patienten mit Livedovaskulopathie im Fall einer Besserung auf Nicht-Vitamin-K-abhängige Antikoagulanzien (NOAK) umgestellt werden. Grunderkrankungen wie Hypertonie, Diabetes und prokoagulatorische Defekte sollten gezielt behandelt werden, ebenso wichtig ist eine suffiziente Schmerztherapie.
Bei ausgedehnten Nekrosen mit Infektionsgefahr kann eine chirurgische Abtragung vorteilhaft sein. Nach der Granulation des Wundgrundes wird der Defekt dann mit Spalthaut gedeckt.
Quelle: John K, John E, Lange D, Friedling F, Meyer F, Stadle V „Differenzialdiagnostische Fallstricke aus der klinischen Dermatologie“, Akt Dermatol 2022; 48: 40-51; DOI: 10.1055/a-1460-0074 © Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart, New York
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