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Wenn Morbus Crohn erst spät beginnt

Seniorinnen und Senioren mit Morbus Crohn erhalten oft erst mit Verzögerung eine adäquate Therapie ihrer chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED), erklärte Monika Maihs-Thurn, Geriatrie-Zentrum Erlangen. Einer der Gründe hierfür ist, dass ca. 60 % der Betroffenen zunächst fehldiagnostiziert weden. Erkrankungen, die in höherem Alter häufiger vorkommen und ähnliche Symptome wie M. Crohn verursachen können, sind u. a. Colitis ulcerosa, Sigmadivertikulitis, Zöliakie, ein Kolonkarzinom sowie medikamentöse, immunologische und infektiöse Enteritiden.
Differenzialdiagnostisch hob die Expertin auch eine Hidradenitis suppurativa (Acne inversa) hervor, bei der es auch zu einer Fistelbildung in der Glutealregion kommen kann. Es handelt sich dabei um eine chronische rezidivierende immunvermittelte Erkrankung in intertriginösen und apokrinen drüsenreichen Regionen, meist in Axillen, Inguinal- und Anogenitalregion. Die Prävalenz in Deutschland beträgt bis zu 1 %, das mittlere Alter liegt bei 23 Jahren. Es kommt dabei zu schmerzhaften, tiefen, entzündlichen Hautläsionen, Knoten und Abszessen mit austretendem übel riechendem Eiter sowie Bewegungseinschränkungen durch Schmerzen und Narben. In bis zu 17 % der Betroffenen besteht zusätzlich ein Morbus Crohn.
Die Patientin klagte über große Schmerzen am Gesäß
Um die Abgrenzung zwischen Hidradenitis suppurativa und einer CED ging es auch in der komplexen Fallvorstellung einer 87-jährigen Patientin. Bei der Frau war seit neun Jahren ein Morbus Crohn bekannt. Nun stellte sie sich in der Notaufnahme wegen blutiger Diarrhö mit Eiter und Schleim vor. Sie klagte außerdem über große Schmerzen im Leisten- und Gesäßbereich. Inguinal bestand eine deutliche Rötung mit oberflächlichen Hautläsionen im Sinne einer Mykose. Der Befund der Becken-MRT ließ an eine Analfistel denken, die sich jedoch klinisch und endoskopisch nicht bestätigte. In der Ileokoloskopie mit Proktoskopie sah man eine mittelschwere Ausprägung des M. Crohn, die im Vergleich zur letzten Koloskopie vor ca. einem Jahr deutlich abgeklungen war.
Die Patientin wurde wegen der Infektionszeichen antibiotisch behandelt mit Meropenem, zudem mit Budesonid, Klysmen und Mesalazin. Außerdem erhielt sie unterstützend hochdosiertes Vitamin C, Zinkorotat und Vitamin D3 sowie lokale Therapien im perianalen und inguinalen Bereich. Weiterhin erfolgten intensive pflegerische, krankengymnastische und ergotherapeutische Maßnahmen.
Ein Stoma wollte die Seniorin nicht
Wegen des massiven perianalen und kutanen Befalls wurde eine Operation mit Stomaversorgung empfohlen. Das lehnten die Patientin und ihre Angehörigen aber ab.
Bereits im Vorjahr war die Frau mehrfach mit Ustekinumab behandelt worden. Die Anwendung des Biologikums scheint auch bei älteren Menschen gut zu funktionieren, berichtete Maihs-Thurn. In einer retrospektiven Studie mit 117 Personen mit M. Crohn traten unter Ustekinumab bei den über 65-Jährigen nicht mehr Nebenwirkungen wie Infektionen, Infusionsreaktionen oder postoperative Komplikationen auf als bei unter 65-Jährigen.
Eine britische Studie von 2023 untersuchte die Wirksamkeit und das Nebenwirkungsprofil von Ustekinumab bei Betroffenen über 60 Jahren. Die Substanz wurde gut toleriert und es kam nur zu wenigen Infektionen. Unter Fortsetzung der Therapie mit Ustekinumab befindet sich die Patientin bis heute in Remission. Sie wird zu Hause von der Familie und einem Pflegedienst betreut.
Es ist wichtig, dass geriatrische Patientinnen und Patienten frühzeitig an eine gastroenterologische Abteilung überwiesen werden, betonte die Expertin. Ein multidisziplinäres Therapiekonzept ist anzustreben. Neuere Optionen wie die Antikörpertherapie stellen nach Meinung von Frau Maihs-Thurn auch für ältere Menschen eine gute Option dar und sollten frühzeitig begonnen werden. Es gilt, Fehlernährung und Mangelernährung zu vermeiden und einen Mangel an Vitamin D3, anderen Vitaminen sowie Spurenelementen auszugleichen.
Quelle: 8. Allergie- und Endoskopietagung
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