Wenn Statine mit den Muskeln spielen

Elke Engels/Tobias Stolzenberg

Die durch Statine verursachten muskulären Schmerzen treten meist zunächst proximal auf. Die durch Statine verursachten muskulären Schmerzen treten meist zunächst proximal auf. © BigBlueStudio – stock.adobe.com

Bei der Behandlung einer Hypercholesterinämie sind Statine nach wie vor die Medikamente der ersten Wahl. Doch immer wieder berichten Patienten von Muskelsymptomen als Nebenwirkung. Was ist bei einer Statin­unverträglichkeit zu tun?

Statine sind die am häufigsten verordneten Lipidsenker. Sie hemmen kompetitiv das Schlüsselenzym der Cholesterinbio­synthese, die HMG-CoA-Reduktase*. Dadurch wird die Synthese von LDL-Rezeptoren in den Leberzellen stimuliert, sodass vermehrt LDL-Cholesterin (LDL-C) aus dem Blut verschwindet und in die Zellen gelangt. Statinassoziierte muskuläre Symptome (SAMS) gelten als die häufigste Nebenwirkung von Statinen. Sie sind der Hauptgrund für mangelhafte Adhärenz und Therapieabbrüche.

Bekanntermaßen ist LDL-C ein kausaler Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen. Etliche randomisierte Studien belegen, dass die LDL-Senkung mit Statinen das Auftreten von Herzinfarkt und ischämischem Schlaganfall verringert sowie die Sterblichkeit und die Notwendigkeit einer koronaren Revaskularisation reduziert, heißt es in einer Übersichtsarbeit. Zugleich sind Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit der Substanzen über Jahrzehnte hinweg dokumentiert. Das habe dazu geführt, dass Statine übereinstimmend in allen Leitlinien als Medikamente der ersten Wahl bei Hypercholesterinämie sowie zur Prävention und Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen empfohlen werden, erklären die Autoren um Prof. Dr. ­Ulrich ­Laufs von der Klinik und Poliklinik für Kardiologie am Universitätsklinikum ­Leipzig.

Pro Jahr Therapiedauer und pro 40 mg/dl LDL-C-Senkung mindern Statine das kardiovaskuläre Risiko um ein Viertel, berichten die Ärzte. Sie können auch bei Kindern (in der Regel ab dem 10. Lebensjahr) beispielsweise bei familiär bedingter Hypercholesterinämie verordnet werden.

Moderne Statine mit guter Pharmakokinetik

Mit Blick auf LDL-C-Senkung, Halbwertszeit und Medikamenteninteraktion sind die neueren, synthetisch hergestellten Statine ­Rosuvastatin und ­Atorvastatin den ursprünglich aus Pilzen isolierten älteren Substanzen wie etwa ­Simvastatin überlegen, erklären die Experten. Zum Beispiel gestattet die gute 24-Stunden-Kinetik von Atorvastatin und Rosuvastatin mehr Spielraum beim Einnahmezeitpunkt, was zweifelsohne der Adhärenz zugute kommt. So hat sich die Empfehlung einer morgendlichen Einnahme beim Zähneputzen bewährt. Die älteren Statine mit Halbwertszeiten von einer bis drei Stunden sollten hingegen eher abends eingenommen werden, weil nachts die körpereigene Cholesterinsynthese etwas höher ist als tagsüber. Zu dieser Tageszeit werden die Medikamente erfahrungsgemäß aber häufiger vergessen, so die Autoren.

Aufgrund der Muskelsymptome ist die langfristige Behandlung nicht immer möglich. Für die Patienten ist das mit erhöhter kardiovaskulärer Mortalität und reduzierter Lebensqualität verbunden.

Im praktischen Alltag werden die therapieassoziierten Myalgien regelmäßig berichtet. Die Häufigkeiten von SAMS in randomisierten Studien fallen hingegen deutlich geringer aus, erklären Prof. ­Laufs und Kollegen, die Unterschiede zwischen Statin- und Placebogruppen sind dann gering. Aus aktuellen Studien geht hervor, das nur etwa 10 % der SAMS tatsächlich durch die Statine ver­ursacht werden.

Häufig beginnen die Symptome vier bis sechs Wochen nach der Statinverordnung, meist an proximalen Muskelgruppen und oft symmetrisch. Die Kreatin­kinase ist in den meisten Fällen nicht erhöht, ein objektives Testverfahren steht nicht zur Verfügung.

Die Diagnosestellung erfordert Zeit und beruht auf der umfassenden Anamnese und den zeitlichen Zusammenhängen der Symptome mit Beginn und Ende der Statineinnahme und dem erneuten Auftreten bei Wiederaufnahme der Behandlung. In vielen Fällen hilft eine individuell gestaltete Kombinationstherapie weiter.

Neben einem gesunden Lebensstil mit Rauchverzicht und ausreichender Bewegung als Basis der lipidsenkenden Behandlung kommt den Statinen die größte Bedeutung zu. Bei Neuverordnungen sollten synthetische Substanzen wie Atorvastatin und Rosuvastatin gewählt werden, lautet die Empfehlung. Aufgrund der kompetitiven Hemmung der HMG-CoA-Reduktase führt die Verdopplung der Statindosis zu einer Senkung des LDL um weitere 6 %.

Kombination ist oft effektiver als Dosissteigerung

Reicht das Statin allein nicht aus, folgt mit zusätzlichem ­Ezetimib, einem Inhibitor der intestinalen Cholesterinresorption, der nächste Schritt. Die Kombination führt zu einer ­20–30%igen weiteren LDL-C-Senkung, was besser verträglich und effektiver ist als die Verdopplung der Statingabe. Weitere Kombinationspartner stellen Bempedoinsäure und die PCSK9-Hemmer dar.

* 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl-Coenzym-A-Reduktase

Quelle: Laufs U et al. Dtsch Med Wochenschr 2022; 147: 62-68; DOI: 10.1055/a-1516-2471

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Die durch Statine verursachten muskulären Schmerzen treten meist zunächst proximal auf. Die durch Statine verursachten muskulären Schmerzen treten meist zunächst proximal auf. © BigBlueStudio – stock.adobe.com