Wer wagt, gewinnt!

Dr. Dorothea Ranft

Die intrakranielle Thrombektomie ist die Standardtherapie des ischämischen Hirninsults. Die intrakranielle Thrombektomie ist die Standardtherapie des ischämischen Hirninsults. © iStock/peterschreiber.media

Patienten mit ischämischem Hirninfarkt können auch bei stark verzögerter Vorstellung in der Klinik noch von einer intrakraniellen Thrombektomie profitieren. Dies gilt insbesondere beim Verschluss einer großen Arterie im vorderen Kreislauf.

Die intrakranielle Thrombektomie ist die Standardtherapie des ischämischen Hirninsults, wenn eine mechanische Entfernung des Gerinnsels möglich erscheint und das Einsetzen der Symptome nicht mehr als sechs Stunden zurückliegt. Wie gut die Chancen in Einzelfällen auch nach einem größeren Zeitfenster sein können, belegt das Beispiel einer 36-jährigen Frau. Sie wurde mit Dysarthrie, rechtsseitiger Hemiparese und einem NIHSS*-Wert von 10 Punkten ins Krankenhaus eingeliefert.

Computertomographisch zeigte sich eine Okklusion des linken Media­hauptstamms mit relativ guter Kollateralisierung und einem Mismatch inklusive verzögerter Perfusion. Eine systemische Lysetherapie war wegen des schon 17 Stunden zurückliegenden Symptombeginns und der bereits einsetzenden Infarktdemarkierung nicht mehr möglich, schreiben Prof. Dr. Axel ­Wetter von der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Neuroradiologie am Asklepios Klinikum Harburg und Kollegen. Deshalb entschieden sich die Autoren nach interdisziplinärer Diskussion für eine intrakranielle Thrombektomie.

Einmalige Aspirations- thrombektomie genügte

Über einen inguinalen Zugang wurden die A. carotis communis sondiert und ein Aspirationskatheter in der linken A. cerebri media platziert. Die digitale Subtraktionsangiographie bestätigte den in der CT gesehenen Mediaverschluss. Mit einer einmaligen Aspirationsthrombektomie ließ sich die gesamte Strombahn bis auf kleinere Äste im Infarktkerngebiet reperfundieren. Dies gelang komplikationslos: Die postinterventionelle CT lieferte keinen Hinweis auf eine Hämorrhagie. Die MRT am nächsten Tag ergab eine FLAIR-Hyperintensität und Diffusionsre­striktion bei einem akuten Insult in den Stammganglien und der linken Capsula externa.

Die Autoren vermuten, dass der Schlaganfall durch einen embolischen Gefäßverschluss ausgelöst wurde. Sie konnten aber weder einen Vorhofseptumdefekt noch eine andere Quelle identifizieren. Auch die Duplexsonographie der hirnversorgenden Arterien lieferte keinen pathologischen Befund. Seltene Schlaganfallursachen wie Gerinnungs- und Stoffwechselstörungen wurden ebenfalls ausgeschlossen.

Der klinische Zustand der jungen Patientin besserte sich rasch. Sie konnte bereits eine Woche nach dem Eingriff mit einem NIHSS-Wert von 0 Punkten aus dem Krankenhaus entlassen werden.

Die Indikation zur mechanischen intrakraniellen Thrombektomie bei der 36-jährigen Patientin stufen die Autoren als Grenzfall ein – wegen des langen Intervalls seit Symptombeginn und der bereits vorhandenen, wenn auch geringen Infarktdemarkierung. Aufgrund des jungen Alters und der fehlenden Alternativen entschlossen sie sich dennoch dazu, um die drohende Progression des Infarktareals zu verhindern. Sie waren sich dabei der möglichen Gefahren, Blutung und Reperfusionsschaden, bewusst.

* National Institutes of Health Stroke Scale

Quelle Text und Abb.: Wetter A et al. Hamburger Ärzteblatt 2021; 75: 32-33 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg

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Die intrakranielle Thrombektomie ist die Standardtherapie des ischämischen Hirninsults. Die intrakranielle Thrombektomie ist die Standardtherapie des ischämischen Hirninsults. © iStock/peterschreiber.media
Schlaganfall mit 36 Jahren: Die native Schädel-CT zeigt bei der jungen Frau eine beginnende Infarktdemarkierung in der anterioren Insula (s. Pfeile) Schlaganfall mit 36 Jahren: Die native Schädel-CT zeigt bei der jungen Frau eine beginnende Infarktdemarkierung in der anterioren Insula (s. Pfeile) © Wetter A et al. Hamburger Ärzteblatt 2021; 75: 32-33 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg
In der CT-Angiographie stellt sich ein Abbruch der linken A. cerebri media dar. In der CT-Angiographie stellt sich ein Abbruch der linken A. cerebri media dar. © Wetter A et al. Hamburger Ärzteblatt 2021; 75: 32-33 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg
© Wetter A et al. Hamburger Ärzteblatt 2021; 75: 32-33 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg
Die über die linke A. carotis communis erfolgte digitale Subtraktionsangiographie bestätigt den Hauptstammverschluss. Nach der Aspirationsthrombektomie wird die A. cerebri media wieder perfundiert. Die über die linke A. carotis communis erfolgte digitale Subtraktionsangiographie bestätigt den Hauptstammverschluss. Nach der Aspirationsthrombektomie wird die A. cerebri media wieder perfundiert. © Wetter A et al. Hamburger Ärzteblatt 2021; 75: 32-33 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg
Das MRT-Bild (FLAIR-Sequenz) einen Tag nach der Thrombektomie: Als Infarktkorrelat fällt im Putamen und in der Capsula interna sowie insulär eine Hyperintensität auf. Das MRT-Bild (FLAIR-Sequenz) einen Tag nach der Thrombektomie: Als Infarktkorrelat fällt im Putamen und in der Capsula interna sowie insulär eine Hyperintensität auf. © Wetter A et al. Hamburger Ärzteblatt 2021; 75: 32-33 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg