Wie Pilze aus dem Boden

Maria Weiß

Links: Hochentzündliche Mykose durch den Thailandpilz. Rechts: Typische schwere Entzündung durch T. benhamiae. Links: Hochentzündliche Mykose durch den Thailandpilz. Rechts: Typische schwere Entzündung durch T. benhamiae. © Tietz HJ, Gunkel U. internistische praxis 2021; 63: 631-640 © Medien­gruppe Oberfranken – Fach­verlage GmbH & Co. KG, Kulmbach

Nicht nur neue Viren breiten sich durch die Globalisierung rasch aus – bei den Mykosen gibt es ebenfalls Zuwachs aus fernen Ländern. Aber auch alte Bekannte wie Candida albicans führen verstärkt zu Problemen.

Grundsätzlich unterscheidet man gering entzündliche von hochentzündlichen Mykosen, schreiben Professor Dr. Hans-Jürgen­ Tietz und Dr. Ulrike­ Gunkel­ vom Institut für Pilzkrankheiten in Berlin. Zu den gering entzündlichen gehören u.a. Pityriasis versicolor, Fuß- und Nagelpilz. Hoch entzündliche Mykosen werden am häufigsten durch Candida albicans ausgelöst – doch auch neue Dermatophyten können die Ursache sein.

Einer dieser Neuankömmlinge ist der Thailandpilz (Trichophyton mentagrophytes Typ VII; Abb. 1), der zwar ursprünglich aus dem asiatischen Land stammt, inzwischen aber auch in Afrika Wurzeln geschlagen hat – und den man zum Teil auch bei Patienten aus Deutschland ohne Auslandsaufenthalt antrifft. Dieser von Mensch zu Mensch übertragbare Pilz bricht erstmals die alte Regel, dass anthropophile Hautpilze nur ein schwach entzündliches Bild machen. Es kommt zu dramatischen entzündlichen Verläufen. „Wer diesen Erreger einmal in der Praxis sah, wird ihn nie vergessen“, so die Experten. Intimrasuren, intensiver Sex und tropische Klimabedingungen befeuern wohl den klinischen Verlauf. Aber vor allem die „immunologische Fremde“ des Erregers trägt wesentlich dazu bei. Ein weiterer Schock für die Mykologen: Der Thailandpilz ist resistent gegenüber Terbinafin, das bisher als wirksamste Substanz gegenüber Hautpilzen galt. Eine gute Wirksamkeit zeigt aber systemisches Itraconazol.

Meerschweinchen als Gefahrenquelle

Nicht nur beim Reisen, auch bei Haustieren mögen es viele Deutsche exotisch. Mit den possierlichen Tierchen, z.B. skinny pigs aus Japan, kann der Meerschweinchenpilz (Trichophyton benhamiae; Abb. 2) ins Haus gelangen. Vor allem Kinder und junge Frauen erkranken durch ihn an einer hochentzündlichen Mykose, die innerhalb kurzer Zeit zur Nummer eins der zoonotischen Dermatosen in Deutschland wurde. Ein weiterer „Einwanderer“ mit steigender Inzidenz: Candida africana (Abb. 3). Diese ursprünglich aus Afrika stammende Spezies ist aufgrund von Migration, sexueller Kontakte und Tourismus inzwischen weltweit verbreitet. Sie löst häufig ein sehr akutes, hochentzündliches Krankheitsbild aus, nicht selten mit schmerzhaften Rhagaden. Die gute Nachricht: Da keine Chlamydosporen gebildet werden, verläuft die Pilz­erkrankung nur selten chronisch und lässt sich gut heilen. Der häufigste Erreger hochentzündlicher Mykosen bleibt bei uns aber nach wie vor C. albicans. Diese Hefen sind perfekt an den menschlichen Körper angepasst und leben mit zahlreichen Keimen in Darm, Scheide oder auf der Haut in friedlicher Symbiose. Dadurch entziehen sie sich auch dem Immunsystem, weshalb die Pilzinfektion immer wiederkehren kann.
Zunehmende Probleme bereitet der durch C. albicans bedingte Windelsoor (Abb. 4) von pflegebedürftigen Erwachsenen. In Pflegeheimen muss inzwischen von einer Inzidenz bis zu 50 % ausgegangen werden. Überall da, wo Haut auf Haut trifft, können sich Erytheme, nässende Erosionen, Rhagaden und weißliche Belege bilden, häufig begleitet von starkem Juckreiz. Die Therapie hochentzündlicher Mykosen sollte schnell und effektiv zum Erfolg führen und zusätzliche Bakterien möglichst gleich mit entfernen. Nach Erfahrung der Pilzexperten fährt man bei der Lokaltherapie mit einer Dreifachkombination aus Nystatin, Chlorhexidin und Dexamethason (Nystalocal®) am besten. Nystatin wirkt gegen alle humanen Pilzerreger einschließlich der bisher bekannten Candidaarten und gleichzeitig gegen Erreger von Vulva- und Scheideninfektionen wie C. glabrata und C. krusei. Chlorhexidin bekämpft nicht nur Bakterien, sondern auch zahlreiche Pilze und lipophile Viren. Dexamethason beschleunigt zusätzlich die Abheilung. Bei chronischen Soor-Infektionen empfiehlt sich zusätzlich eine niedrig dosierte systemische Langzeittherapie. Itraconazol hat hier das breiteste Wirkspektrum, gefolgt von Fluconazol. Terbinafin ist aufgrund der Resistenzlage nicht zu empfehlen. Bei chronischer Windeldermatitis kann auch an eine Darmsanierung mit Bäckerhefe (z.B. Perenterol® forte, 1x tägl. 100 mg) gedacht werden. Damit soll Candida albicans durch gesunde Keime verscheucht werden. Dabei gilt: Nur Pilze können Pilze verdrängen – andere Probiotika wie Milchsäurebakterien wirken eher kontraproduktiv, da sie pilzfreundliche Säuren bilden.

Quelle Text und Abb.: Tietz HJ, Gunkel U. internistische praxis 2021; 63: 631-640 © Medien­gruppe Oberfranken – Fach­verlage GmbH & Co. KG, Kulmbach

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Links: Hochentzündliche Mykose durch den Thailandpilz. Rechts: Typische schwere Entzündung durch T. benhamiae. Links: Hochentzündliche Mykose durch den Thailandpilz. Rechts: Typische schwere Entzündung durch T. benhamiae. © Tietz HJ, Gunkel U. internistische praxis 2021; 63: 631-640 © Medien­gruppe Oberfranken – Fach­verlage GmbH & Co. KG, Kulmbach