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Worauf ist bei der Therapie von Kindern mit Schlafstörungen zu achten?

Nutzen übernächtigte Eltern die Nebenwirkungen mancher Medikamente tatsächlich gezielt, um ihre Kinder nachts zum Schlafen zu bringen? Viele Pressemeldungen legen einen solchen Verdacht nahe. Vertreter aus Medizin, Wissenschaft und Politik warnen gar vor diesem „gefährlichen Trend“, wie 2017 ein großes deutsches Wochenmagazin titelte. Mittlerweile wurde dem bis dato frei verkäuflichen H1-Antihistaminikum Doxylamin eine Rezeptpflicht verpasst, wenn es zur Behandlung von Schlafstörungen bei Kindern verwendet werden soll. Diphenhydramin und Dimenhydrinat können aber weiterhin frei in der Apotheke bezogen werden, tragen für den Einsatz bei unter Dreijährigen inzwischen aber eindeutige Warnhinweise.
Mit Wissen zum gesunden Schlaf
Medikamente als letzte Option geben
Im Zuge dieser offiziellen „Bestandsaufnahme“ war auch von einem erhöhten Off-Label-Gebrauch die Rede. Das hatte Barbara Schneider nach eigenen Angaben ziemlich erstaunt, eben weil die genannten Präparate in Deutschland eingesetzt werden dürfen, auch bei Kindern. Trotzdem treffe die Debatte „im Kern genau unser Problem“, gab die Kinderärztin vom Zentrum für Neuropädiatrie und Schlafmedizin des Kinderkrankenhauses St. Marien in Landshut zu. „Die meisten der gängigen Schlafmittel, die erwachsene Patienten bekommen, sind für Kinder und Jugendliche nicht zugelassen.“ Neben den drei eingangs genannten Antihistaminika besteht für Pädiater noch die Möglichkeit, Methylphenidat und Clomipramin zu verordnen, um Schlafstörungen von Minderjährigen abzumildern. Sie können zudem auf Melatonin bei chronischen Einschlafproblemen setzen, allerdings ist hierzulande nur die retardierte Form zugelassen (ab 2 Jahren). Der Griff in den Blister sollte selbstverständlich die letzte Option sein, betonte Schneider (s. Kasten). Kommt man zu dem Schluss, dass Schlaftraining, Verhaltenstherapie und andere Maßnahmen nicht helfen, kann man eine medikamentöse Therapie wählen, wenn- die Probleme länger als sechs Monate anhalten,
- die Schlafstörung 2–3 x pro Woche oder öfter auftritt,
- Familienmitglieder beeinträchtigt werden,
- die Leistungsfähigkeit tagsüber bzw. die Emotionalität der Kinder deutlich leidet.
Alternativen zur Medikation
Im Zweifel lieber ein Privatrezept ausstellen
In zivilrechtlichen Verfahren sollte außerdem eine Dokumentation des persönlichen (!) Aufklärungsgesprächs mit dem Patienten beziehungsweise den Erziehungsberechtigten vorliegen. Besonders wichtig: Es reicht nicht, nur allgemein über die Risiken der Therapie zu informieren. Der Bundesgerichtshof ordnet ausdrücklich eine gesonderte Aufklärung des Off-Label-Gebrauchs als solchen an. Bei alledem sollten die Kollegen eines jedoch nicht vergessen, sagte Schneider abschließend: Kein Arzt muss die ökonomischen Risiken einer Off-Label-Behandlung für seine Patienten tragen. „Stellen Sie im Zweifel also lieber ein Privatrezept aus.“Quelle: 27. Jahrestagung der DGSM*
* Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin
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