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Zugrunde liegende Erkrankungen konsequent behandeln

Aktuellen Daten zufolge leiden rund 700 von 100.000 Menschen an Bronchiektasen. Ältere sind häufiger betroffen als jüngere und Frauen häufiger als Männer. Viele Patienten zeigen zusätzlich zu Husten und Sputumproduktion systemische Symptome wie intermittierendes Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust oder Fatigue. Typisch ist die Tendenz zu Exazerbationen, berichtet Dr. Anne O’Donnell vom Georgetown University Medical Center in Washington, D.C.
Bronchiektasen können isoliert vorkommen oder als Komplikation von anderen Lungenerkrankungen wie Asthma oder COPD. Sie können zudem gleichzeitig mit einer Reihe angeborener oder genetischer Erkrankungen auftreten, darunter zystische Fibrose, primäre ziliäre Dyskinäsie, Mounier-Kuhn-Syndrom und Alpha-1-Antitrypsin-Mangel. Auch Patienten mit Autoimmunerkrankungen, Immundefektsyndromen, chronischer Rhinosinusitis, gastroösophagealem Reflux, Dysphagie und Aspirationssyndrom können Bronchiektasen entwickeln.
Gemäß aktueller Vorstellung führt ein initiales Ereignis (das häufig unbekannt ist) zu einer Dysfunktion der Atemwege und in der Folge zu einem Teufelskreis aus Inflammation, strukturellen Schäden, Störung der mukoziliären Clearance und erhöhter Infektanfälligkeit.
Neutrophile Strukturen als potenzielle Biomarker
Eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Bronchiektasen scheinen Neutrophile, die neutrophile Elastase und Netzwerke extrazellulärer Fasern (neutrophile extracellular traps, NETs) zu spielen. Ob sie als Biomarker und Zielstrukturen für Therapien dienen könnten, wird derzeit untersucht, ebenso wie die Bedeutung des Mikrobioms für die Pathogenese.
Der Verdacht auf Bronchiektasen liegt nahe, wenn neben Husten (inkl. Sputumbildung an mehreren Tagen pro Woche) und zurückliegenden Exazerbationen mindestens einer der folgenden Befunde in der hochauflösenden CT erkennbar ist:
- Verhältnis des inneren oder äußeren Atemwegsdurchmessers zu dem der Begleitarterie ≥ 1,0
- fehlende Verjüngung der Atemwege
- radiografisch sichtbare Atemwege in peripheren Lungenabschnitten
Darüber hinaus können im CT weitere Veränderungen erkennbar sein.
Steht die Diagnose, folgt eine systematische Untersuchung auf Basis von Anamnese und klinischen Symptomen. Besonderes Augenmerk gilt der Abklärung potenzieller zugrunde liegender Erkrankungen. Stets sollte ein Blutstatus inklusive Immunglobuline (IgG, IgM, IgA, IgE) erhoben werden. Hinzu kommt eine Lungenfunktionsprüfung, so Dr. O’Donnell.
Für alle Patienten mit Bronchiektasen sollten bakteriologische Sputumkulturen angelegt werden – bei Erstdiagnose sowie danach in regelmäßigen Abständen und idealerweise im Zusammenhang mit Exazerbationen. In verschiedenen Studien wurde bei 15–30 % der Patienten P. aeruginosa gefunden. Der Keim gilt als Marker für die Schwere der Erkrankung und ist positiv mit Hospitalisierung, Sterblichkeit, Anzahl der Exazerbationen sowie der Verschlechterung von Lungenfunktion und Lebensqualität assoziiert. In geringerem Umfang konnte zudem eine ganze Reihe weiterer Bakterienspezies nachgewiesen werden. In einer US-amerikanischen Untersuchung wurden bei der Hälfte der Patienten nicht-tuberkulöse Mykobakterien gefunden, wobei unklar ist, ob die Besiedelung als Ursache oder Folge der Bronchiektasen zu betrachten ist. In manchen Fällen lohnt auch die Suche nach Pilzen und Viren.
Therapieziele umfassen die Symptombesserung, den Erhalt der Lungenfunktion und die Reduktion der Exazerbationen. Insgesamt sollen die Lebensqualität gesteigert sowie Morbidität und Mortalität reduziert werden. Die Behandlung erfordert einen ganzheitlichen und personalisierten Ansatz, betont die Autorin. Dafür muss ein sorgfältiges Monitoring mit Blick auf die klinische Symptomatik, die radiografische Progression, funktionelle Veränderungen und Infektionen erfolgen. Zugrunde liegende Erkrankungen sind konsequent zu behandeln.
Hinzu kommen therapeutische Maßnahmen, die die mukoziliäre Clearance verbessern sollen. Dazu zählen nicht-pharmakologische Strategien (z.B. Atemphysiotherapie, autogene Drainage), mukoaktive Behandlungen (z.B. Vernebelung von hypertoner Kochsalzlösung) und pulmonale Rehabilitation.
Bei Bedarf können Bronchodilatatoren zum Einsatz kommen. In schweren Fällen (≥ 3 Exazerbationen pro Jahr) kann die Gabe von oralen Makrolidantibiotika (Azithromycin 500 mg dreimal pro Woche oder 250 mg täglich) die Anzahl der Ereignisse reduzieren. Dabei ist stets das Resistenzrisiko zu bedenken. Inhalative Antibiotika führen aktuellen Studien zufolge nicht zum Erfolg. Eine kleine Subgruppe von Patienten profitiert nach Aussage der US-Kollegin von der Resektion besonders schwer betroffener Lungenbezirke bzw. von der Lungentransplantation.
Quelle: O’Donnell AE. N Engl J Med 2022; 387: 533-545; DOI: 10.1056/NEJMra2202819
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