Zunge dick, Test negativ

Maria Weiß

Isolierte Angioödeme sind hierbei nicht ungewöhnlich, aber im Zusammenhang mit Betalaktamantibiotika in der Regel IgE-vermittelt. Isolierte Angioödeme sind hierbei nicht ungewöhnlich, aber im Zusammenhang mit Betalaktamantibiotika in der Regel IgE-vermittelt. © DNY59/ gettyimages

Bei einer isolierten Zungenschwellung nach Penicillingabe sollte man an eine Allergie denken – auch wenn alle üblichen Tests darauf negativ ausfallen.

Bis zu 20 % aller Patienten im Krankenhaus geben eine Penicillinallergie an, nur 1–10 % von ihnen zeigen aber wirklich eine Sofortreaktion. Da Alternativpräparate teuer sind, sollte eine allergologische Abklärung erfolgen. Aufgrund einer unzureichenden Sensitivität der Tests kann sich das allerdings schwierig gestalten. Das veranschaulichen Dr. ­KATHRIN ­SCHERER HOFMEIER von der Abteilung Allergologie am Kantonsspitals Aarau und Prof. em. Dr. ­ANDREAS BIRCHER, Universitätsspital Basel, anhand von zwei Patientenbeispielen. Im ersten Fall handelte es sich um einen 60-jährigen Mann, der nach einem zahnärztlichen Eingriff im Ausland Amoxicillin zur Endokarditisprophylaxe erhalten und mit einer Unverträglichkeit reagiert hatte. Die anschließende allergologische Untersuchung umfasste Prick- und Intradermaltests mit gängigen Penicillinen und Cephalosporinen, die allesamt negativ waren. Man fand zudem keine spezifischen Antikörper; basale Mastzelltryptase sowie Komplementanalytik waren ebenfalls unauffällig. Auch eine orale Provokation bis 3.075 mg Ampicillin tolerierte der Patient.

Massive Reaktion erst nach vier Stunden

Daraufhin wurde beim nächsten Zahnarztbesuch im Ausland wieder auf Amoxicillin
zurückgegriffen, was eine Zungenschwellung zur Folge hatte, die mit Methylprednisolon
behandelt werden musste. Erneut fielen alle allergischen Tests – inklusive derer auf
Werkstoffe, Desinfektionsmittel und nicht-antibiotische Therapeutika des Zahnarztes –
negativ aus. Auf eine neuerliche orale Provokation reagierte der Mann dann nach einer
Verzögerung von vier Stunden mit einer massiven Zungenschwellung und beginnenden
Atembeschwerden, sodass eine intensivmedizinische Behandlung notwendig wurde.

Im zweiten Fall wurde eine 39-jährige Schwangere mit Amoxicillin/Clavulansäure
behandelt, was ein Zungenbrennen ohne morphologische Veränderungen zur Folge hatte. Eine zweite Einnahme des Kombi-Präparats sieben Monate später führte zu einer
ausgedehnten Schwellung der vorderen zwei Drittel der Zunge ohne weitere Symptomatik, die sich nach Einnahme von Cetirizin langsam zurückbildete. Auch bei dieser Patientin fielen alle gängigen allergologischen Tests auf eine Penicillinallergie zunächst negativ aus. Sie reagierte aber bei einem oralen Provokationstest mit Amoxicillin/Clavulansäure (Amoxicillin kumulativ bis knapp 1 g) wiederum mit einer massiven Zungenschwellung.

Die beiden Fälle zeigen die Vielfalt der klinischen Manifestationen bei
Medikamentenallergien. Isolierte Angioödeme sind hierbei nicht ungewöhnlich, aber im Zusammenhang mit Betalaktamantibiotika in der Regel IgE-vermittelt. Solch eine Reaktion ohne weitere Symptome einer Mastzellaktivierung ist eher selten, schreiben die Autoren.

Außerdem unterstreichen die beiden Fälle die geringe Sensitivität diagnostischer Tests, was im ersten Fall sogar die orale Provokation mit einschloss. Hier könnten evtl.
mechanische Faktoren durch die Reizung der Zunge beim Zahnarzt eine zusätzliche Rolle
gespielt haben. Es bleibt somit auch nach negativer Provokation immer ein Restrisiko,
worüber die Patienten aufgeklärt werden sollten.

Quelle: Scherer Hofmeier K, Bircher AJ. Akt Dermatol 2022; 48: 255-259;  DOI: 10.1055/a-1543-0663

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Isolierte Angioödeme sind hierbei nicht ungewöhnlich, aber im Zusammenhang mit Betalaktamantibiotika in der Regel IgE-vermittelt. Isolierte Angioödeme sind hierbei nicht ungewöhnlich, aber im Zusammenhang mit Betalaktamantibiotika in der Regel IgE-vermittelt. © DNY59/ gettyimages