Penicillin hilft bei Infektionen mit Streptococcus pyogenes immer

Dr. Barbara Kreutzkamp

Diese Infektion führte zum Multiorganversagen. Diese Infektion führte zum Multiorganversagen. © wikipedia/Piotr Smuszkiewicz, Iwona Trojanowska and Hanna Tomczak

Streptococcus pyogenes ist kein seltener Begleiter – jedes fünfte Schulkind trägt ihn mit sich. Kommt es zur Infektion, beschränkt diese sich meist auf den Rachenraum, aber auch invasive Verläufe bis hin zur Schocksymptomatik sind möglich. Daher sollte immer eine Antibiose erfolgen.

Streptococcus pyogenes, auch unter dem Namen Gruppe A-Streptokokkus bekannt, exis­tiert in Form von mehr als 200 genetischen Varianten, die sich u.a. serologisch anhand des Oberflächenproteins M unterscheiden lassen. Die verschiedenen Typen des grampositiven Bakteriums beeinflussen auch die Art der S.-pyogenes-Infektion mit eher oberflächlichem oder eher invasivem Verlauf, schreiben Dr. Christian Rüegg vom Spital Wetzikon und Kollegen. Auch die Virulenz wird maßgeblich vom M-Oberflächenantigen mitbestimmt.

Bis zu 20 % der Schulkinder und 2 % der Erwachsenen sind mit dem fakultativ pathogenen Keim kolonisiert. Die Übertragung erfolgt meist durch direkten Kontakt mit Speichel oder Nasensekret, wobei der Mensch das einzige Erregerreservoir ist. Die häufigste klinisch manifeste Form der S.-pyo­genes-Infektion ist die (Ton-­sillo-)Pharyngi­tis. Sie betrifft vor allem Schulkinder und zeigt sich nach zwei- bis viertägiger Inkubation mit Fieber, Hals- und Kopfschmerzen. Klinisch imponiert das bekannte Bild mit bilateral vergrößerten Tonsillen, Exsudat und „Erdbeerzunge“.

Im Gegensatz zu viral bedingten Tonsillitiden/Tonsillopharyngitiden wie z.B. der infektiösen Mononukleose ist die Streptokokkentonsillitis eine „Ein-Etagen-Erkrankung“ mit Beschränkung auf Tonsillen, Pharynx und zervikale Lymphknoten. Der mikrobiologische Nachweis aus dem Rachenabstrich per Schnelltest oder Kultur kann zusätzliche Diagnosesicherheit bringen, wenngleich eine klare Unterscheidung von Kolonisation und Infektion nicht möglich ist, erklären die Infektiologen.

Unbehandelt heilt die durch S. pyogenes induzierte (Tonsillo-)Pharyngitis nach fünf bis sieben Tagen spontan aus. Komplikationen wie Abszesse oder rheumatisches Fieber sind heute selten. Trotzdem wird auch eine Tonsillopharyngitis in der Regel antibiotisch behandelt, nicht nur zur Komplikationsprophylaxe, sondern auch um die Ansteckungsgefahr zu verringern.

Mittel der Wahl ist Penicillin über zehn Tage, auf das das Bakterium immer sensibel reagiert. Gegen das bei Penicillinallergie gerne verordnete Clindamycin gibt es dagegen schon vereinzelt Resis­tenzen, ebenso gegen Makrolide wie Erythromycin, Clarithromycin und Azithromycin. Die Erkrankten werden aufgrund der hohen Kontagiosität bis zu 24 Stunden nach Therapiebeginn vom Besuch öffentlicher Institutionen wie Kindergarten oder Schule ausgeschlossen. Ohne Therapie ist von einer Ansteckungsgefahr über rund zwei Wochen auszugehen.

Das Gleiche gilt für den durch toxinbildende S.-pyogenes-Stämme ausgelösten Scharlach, bei dem sich neben Rachensymptomen und Fieber zusätzlich ein makulopapulöses Exanthem und die typische periorale Blässe zeigen. Hier ist die Penicillintherapie obligat. Bei Haut- und Weichteilinfektionen durch Streptokokken der Gruppe A hängen Klinik und Prognose von den betroffenen Strukturen ab. Während beim Erysipel bzw. der Zellulitis nur Epidermis bzw. Epidermis plus Subkutis betroffen sind, werden bei den invasiven Infektionen (siehe Kasten) mit klinischen Bildern wie nekrotisierende Fasziitis, Myositis oder Myonekrose Muskelfaszien und Skelettmuskulatur in Mitleidenschaft gezogen. Das führt u.a. zu den starken Schmerzen, die im Zusammenhang mit (oftmals nur diskreten) Hautveränderungen immer als Alarmsymptom gelten.

Fatale Weichteilinfekte

Bei der nekrotisierenden Fasziitis und der Myositis/Myonekrose muss sofort antibiotisch und chirurgisch interveniert werden. Als Antibiotika kommen hoch dosiertes Ceftriaxon oder Amoxicillin/Clavulansäure sowie zusätzlich Clindamycin zum Einsatz. Zusammen mit dem chirurgischen Debridement, das meist mehrfach durchgeführt werden muss, wird so auch die Produktion bakterieller Virulenzfaktoren und Toxine vermindert.

Die Diagnosestellung bei den invasiven Infektionen erfolgt primär klinisch, ein Erregernachweis aus dem Blut ist meist nicht möglich. In der Behandlung des klinisch klar von einer Zellulitis abgrenzbaren Erysipels kommen Penicillin oder Amoxicillin zum Einsatz. Da bei der Zellulitis aber auch Staphylococcus aureus als häufiger Verursacher infrage kommt, gilt bei allen nicht klar abgrenzbaren Haut­infektionen Amoxicillin/Clavulansäure als Antibiotikum der Wahl, initial häufig auch intravenös gegeben. Alternativ steht das oral besser verfügbare Clindamycin zur Verfügung, gegen das allerdings in letzter Zeit auch in Europa vermehrt Resis­tenzen beobachtet wurden. 

Quelle: Rüegg C et al. Swiss Med Forum 2018; 18: 647-653

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Diese Infektion führte zum Multiorganversagen. Diese Infektion führte zum Multiorganversagen. © wikipedia/Piotr Smuszkiewicz, Iwona Trojanowska and Hanna Tomczak
Hautinfektion am Bein Hautinfektion am Bein © wikipedia/ Piotr Smuszkiewicz, Iwona Trojanowska and Hanna Tomczak